(Canada 2015) Kinder aus der Hölle / Piccoli demoni
Regie: Bruce McDonald Drehbuch: Pascal Trottier Darsteller: Chloe Rose, Rachel Wilson, Robert Patrick
Endlich – ein Film der deutlich zu Halloween spielt, aber mit Sicherheit in keine Halloween-Playlist landen wird. Dabei fängt er doch so schön klischeehaft an. Dana (Chloe Rose), eine hübsche 17-jährige, erfährt beim Routinebesuch beim Frauenarzt, dass sie bereits in der fünften Woche schwanger ist, was ihr ein wenig die Lust auf Halloween vermiest. Weder hat sie große Lust mit ihrer Mutter und dem kleinen Bruder in der Nachbarschaft nach klebrigen Süßwaren zu betteln, noch möchte sie mit ihrem Freund, der sich seiner kommenden Vaterfreuden ja noch nicht bewusst ist, auf die Halloweenparty der Highschool. Sie beschließt zu Hause zu bleiben, offiziell natürlich um die Verteilung von klebrigen Süßwaren an bettelnde Kinderhorden zu organisieren, in Wahrheit um ihr kommendes Leben zu sortieren und sich auf das kommende Gespräch mit ihrem Fruend vorzubereiten. Kaum sind Mutter und Bruder in den orange leuchtenden Straßen des Städtchen untergetaucht, klingelt es erstmals an der Haustür und ein als Vogelscheuche verkleidetes kleines Kind hält Dora einen Sack entgegen. Und von jetzt an ist es vorbei mit dem netten und typischen Halloween Slasher, denn auch wenn man anfangs noch den Eindruck gewinnen könnte, die nun vermehrt auftauchenden kleinen Gestalten seien nichts anderes als geschrumpfte Killermaschinen, ändert sich doch im Verlauf der kommenden Minuten die komplette Optik, Atmosphäre und Erzählweise des Filmes. Von nun an befinden wir uns in einem surrealen Alptraum mit deutlich psychedelischer Ausrichtung und in einer Welt, in der normale Naturgesetze nur als Richtlinie gelten. Auch visuell findet nun ein, zuerst nur unterbewusst wahrgenommener, Wechsel statt, sind es erst nur komplett in weichem rosa und orange eingefärbte Szenen so wird auch hier mit Verlauf der Filmzeit alles immer düsterer und auch auswegloser. Dana muss den Kampf gegen die unheimlichen Kreaturen nicht ganz alleine ausfechten, zwischenzeitlich bekommt sie noch Unterstützung vom bereits erwähnten Frauenarzt und vom T-1000 (Robert Patrick), aber nur ihre vorhandene Verbindung zu dem (mini-Spoiler) dämonischen Treiben kann letztlich zum Pyrrussieg führen. Wieder einmal ein Kinofilm von Bruce McDonald und wieder einmal mehr zeigt er, dass er speziell im Horror-Genre immer noch neue Impulse setzen kann. Ich habe mich ja bereits in meinem Review zu „The Tracey Fragments“ kurz über ihn und seine Vita ausgelassen, deshalb hier nur kurz eine Erläuterung, was ich an seinen Werken (die bei uns höchsten auf Festivals die Leinwände erreichten) so liebe. Wenn man sich zum Beispiel „Pontypool“ ansieht, dann handelt es sich – rein von der Inhaltsbeschreibung her – um einen Zombiefilm, der in einer Radiostation spielt. McDonald nutzt diese simple Grundidee um nahezu eine Stunde lang alleine durch Dialoge zwischen dem Radioreporter und der Aussenwelt, in der sich seltsame Dinge ereignen, eine Spannung zu erzeugen, die man nahezu fühlen kann. Zusätzlich dazu lässt er auch noch Sprache als solches zu einer Gefahr werden, da sie den Zombie-Virus überträgt. Erst zum Finale hin kommt es dann tatsächlich auch zu einigen Momenten des visuellen Horrors, aber wirklich unangenehm ist der Film zuvor. Auch bei „Tracey Fragments“, der ja, in teilweise bis zu 20 gleichzeitigen Einstellungen pro Bild, eine Reise in das Gehirn einer 14-jährigen mit einem dunklen Geheimnis bietet baut sich ein langsamer Terror auf, der sich im Finale mit einigen schockierenden Antworten auflöst. Auf gut deutsch, der Mann kann Spannung und weiss genau, wo er den Zuschauer zu packen hat. In „Hellions“ geht er aber trotzdem abermals andere Wege. Wo kleine dämonische Wesen im Horrorfilm meist die Eigenart haben sich durch simple Mittelchen wieder vertreiben zu lassen, geben die – wirklich fies aussehenden – kostümierten Fieslinge unserer Protagonistin wenig Chancen dazu. Sie ziehen sie langsam aber unvermeidbar immer mehr in ihre Dämonenwelt/Dimension hinüber. Unnötig zu erwähnen, dass Doras Schwangerschaft auch ein wichtiger Punkt im Plan der ekligen Gnome ist, die – wie sich durch Zufall herausstellt – wohl auch Verwandschaft unter den Schneckentieren haben müssen. Für einen Bruce McDonald Film legt „Hellions“ ein nahezu unglaubliches Tempo vor, der erste Gnom taucht bereits nach 15 Minuten auf und von da an beginnt das Duell, das sich sogar später noch zu einem Wettlauf mit der Zeit mausert. Bei aller „Action“ und dem ein oder anderen wirklich blutigen Splattereffekt, bleibt der Film aber durchweg ernsthaft und düster, weshalb er – wie bereits oben erwähnt – sicher nicht bei Euch zwischen „Killer Klowns“ und „Return of the living dead“ zu Halloween im Player landen wird. Dabei ist hier das Halloween Thema – zumindest am Anfang sehr schön umgesetzt und zeigt uns eine US (?)-Kleinstadt in kompletter Dekoration. Alleine Doras Familie hat sozusagen ein Minenfeld aus geschnitzten Kürbissen im Vorgarten. Allerdings ist der Spaß spätestens nach dem ersten Close-Up der Trick or Treat-Vogelscheuche vorbei – diese Viecher sind echt gruselig und entwickeln sich zu gnadenlosen Antagonisten. „Hellions“ ist einer dieser Titel, die man in der Videothek wegen des nichtsagenden Covers und dem tollen deutschen Untertitel „Kinder aus der Hölle“ noch nicht mal im Paket mitgenommen hätte und wäre mir beim „Netflix-Roulette“ nicht zufällig der Name des Regisseurs aufgefallen, hätte ich sicher auch weiter geclickt. Der Film wird wie ein typischer Halloween-Slasher vermarktet und wird deshalb – wenn er denn mal jemandem in die Hände fällt – sicherlich zumeist eher Enttäuschung hervorrufen. Das ist ziemlich schade, denn „Hellions“ ist ein kleiner und ziemlich fieser Film, der ab und an ziemlich unangenehm wird und einige wirklich originelle Ideen bietet – und das ist in der heutigen Zeit im Genrekino wirklich nicht sehr oft der Fall. Da der Film zur Zeit im Netflix-Paket ist dürfte Abonnentem eigentlich nichts davon abzuhalten ihn zu gucken, die anderen müssen mit der unten verlinkten DVD vorlieb nehmen, eine der teuren ausländischen BluRays kaufen oder auf eine deutsche HD-Veröffentlichung hoffen. Lohnen würde es sich alleine wegen der interessanten Farbdramaturgie des Filmes. Dia
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