Blood Biter / La morsure / Das Gift der Hölle / Venom - Das Gift der Hölle (USA / Japan / Niederlande / Italien 1989) Regie: Frederico Prosperi Drehbuch: Frederico Prosperi, Susan Zelouf Special Make-Up FX: Screaming Mad George Musik: Carlo Maria Cordio Darsteller: Jill Schoelen, J. Eddie Peck, Bo Svenson
Nach “The Curse” konnte es Produzent Ovidio G. Assonitis selbstverständlich nicht bei einem Einzelfluch belassen. Denn wenn ein Film leidlich erfolgreich abschneidet braucht es Sequels, Prequels, Origin-Stories und Spin-Offs bis das Franchise noch ranziger ist als Bauer Nathans wurmstichige Agrarerzeugnisse. Und wenn ein Film inhaltlich zu abgeschlossen daherkommt weil die Geschichte vom Gammelmeteoriten nun mal zu Ende erzählt wurde – tja, dann pappt man eben einfach an irgendwas anderes den Titelzusatz „Part 2“ ran und überlässt es dem Publikum, stirnrunzelnd irgendwelche Spekulationen darüber anzustellen, wie die solcherart entstandene „Reihe“ denn wohl zusammenpassen könnte. Im Fall von „The Curse“ und „The Bite“ ist dies allerdings ein hoffnungsloses Unterfangen. Zwar geht es in beiden Filmen um körperliche Mutationen und mit viel wohlwollender Überinterpretation könnte man noch anführen, dass die Prämisse von „The Bite“ ein wenig an die Story „The Curse of Yig“ erinnert, die H. P. Lovecraft gemeinsam mit Zealia Bishop verfasste – dass also die Vorgänge auf Nathans Farm und des hier zu besprechenden Films immerhin im Lovecraft-Universum nach Assonitis-Lesart angesiedelt sein könnten – doch die Filme weichen auch gehaltlich zu stark voneinander ab, als dass sich ein geschlossenes Gesamtbild ergeben könnte.
Die Gefahren der Atomkraft bleiben unter der Regie von Frederico Prosperi (der unter dem Pseudonym Fred Goodwin ans Werk durfte weil Assonitis den Film möglichst amerikanisch wirken lassen wollte) allerdings nur ein simpler Aufhänger, da er scheinbar ein mit übernatürlichen Elementen versetztes Road-Movie über das Scheitern einer Beziehung im Sinn hatte. Lisa und Clark scheinen sich noch nicht allzu lange zu kennen, trotzdem hielten sie es für eine brauchbare Idee, gemeinsam durch die halben USA zu fahren um im Verlauf dieser Reise ihre Freundschaft zu vertiefen. ![]() Die Verworfenheit des Menschen kommt dabei allerdings nicht nur durch das menschengemachte Übel der Atomkraft zur Sprache sondern auch durch die zahlreichen biblischen Bezüge. Immerhin findet Clark im Verlauf des Films, als er wegen seines nicht mehr so ganz gesellschaftskompatiblen Verhaltens bereits von der Polizei – angeführt von Bo Svenson mit Pflaster auf der Nase – gejagt wird, Unterschlupf bei einer sehr religiösen Familie, die die Story von der Vertreibung aus dem Paradies für die richtige Gutenachtlektüre hält.[1] Das rückt Clark und Lisa in die Nähe von Adam und Eva – nur mit dem Unterschied, dass Adam keinen Apfel angeboten kriegt sondern vor Eva mit seiner Schlange herumwedelt. Das Gebot „So aber deine Hand oder dein Fuß dich ärgert, so haue ihn ab und wirf ihn von dir“[2] kommt einem dabei in den Sinn, wobei schon Nietzsche festgestellt hat, dass damit wohl eigentlich ein anderes Körperteil gemeint war; aber Prosperi ist immerhin schlau genug, Clarks Verwandlung ganz im Sinne des Evangeliums mit der Hand beginnen zu lassen. ![]() Diese schwillt nach dem Biss durch eine aktive Radionatter nämlich zunächst unheilvoll an, bis sie ihrerseits immer schlangenhafter wird und schließlich ein bösartiges Eigenleben entwickelt, so dass der genervte Clark keine andere Wahl mehr hat, als verzweifelt zur Amputation zu schreiten (natürlich ohne dass das allzu viel nützt). Und bereits lange vor dieser Selbstkastration lässt Prosperi die beiden Hauptfiguren mit dem Pickup in Zeitlupe durch eine Schlangenprozession pflügen, dass der Glibber nur so spritzt und Indiana Jones stolz drauf wäre.[3] Auf einer symbolischen Ebene entspricht das durchaus dem Selbstekel eines Mannes mit moralisch fragwürdigen Absichten, der um seine disziplinierte Selbstkontrolle ringt. Den Perspektivwechsel hin zur bedrängten Lisa hingegen vollzieht der Film erst im Showdown, als alle zivilisatorischen Dämme brechen und die menschliche Hülle aufplatzt. Und auch wenn „The Bite“ über weite Strecken eher schleppend und spannungsarm daherkommt, weil er zuviel Zeit auf skurrile Nebencharaktere und das für Road Movies obligatorische ziellose Herumgefahre verwendet, muss man sagen, dass die Spezialeffekte von Screaming Mad George ihre Wirkung nicht verfehlen. Der Film ist immerhin so ekelhaft, dass man in diversen (selbstverständlich gekürzten) TV-Ausstrahlungen von Clarks finaler Verwandlung schlicht und einfach gar nichts mehr mitbekommt, und kulminiert passend zum Ursprung Adams aus dem Dreck (hebr. adamah = Erdboden) in einer Baugrube voller Matsch. ![]() Wenn überhaupt, dann ist „The Bite“ also bestenfalls als Kommentar zum apokalyptischen „The Curse“ zu verstehen, da die Apokalypse im Wortsinne einer Offenbarung hier vollends ins Zwischenmenschliche bzw. über den Großteil der Laufzeit in die Hauptperson selbst verlagert wurde. Und wo „The Curse“ im Grunde genommen nur an einem Ort angesiedelt war steht in „The Bite“ eine Reise von irgendwo nach nirgendwo im Mittelpunkt, bei der die Figuren zwar ständig in Bewegung sind, aber niemals an einem Ziel ankommen. Das mag viel mit der postmodernen Orientierungslosigkeit des Menschen zu tun haben, die sich unter anderem auch im Umstand wiederfindet, dass ja letztlich die moderne Technik Clarks Atavismus bewirkt; ähnlich wie bereits in „The Fly“ (vor allem in Cronenbergs Body-Horror-Remake) der aufgeklärte Homo Sapiens als kleiner Monster-Muck entlarvt wurde, unternimmt Prosperi eine (durch extreme Zeitlupe in den Splatterszenen ziemlich qualvoll wirkende) schonungslose Offenlegung der ungeheuerlichen Dinge, die unter der unverbindlichen Oberfläche von flüchtigen Begegnungen mit Handlungsreisenden, Cops und Truckerfahrern lauern, indem er den Typus des Boyfriend (und damit im Grunde genommen das Höchstmaß an menschlicher Nähe, das sich die Fick-und-Ex-Gesellschaft der 90er Jahre noch zutraute) vor der Kamera auseinanderfallen lässt.
Alexander [1] Womit der Bogen von der sündhaften Erkenntnis über die moderne Wissenschaft bis zur Nuklearforschung gespannt wäre. [2] Matthäus 18:8 [3] Die freudianische Dimension eines mit einer Peitsche ausgestatteten Schlangenphobikers setze ich als bekannt voraus. [4] Indiziert war „The Bite“ natürlich trotzdem bis 2015; es ist aber bemerkenswert, dass einige Mordsequenzen durch das Übermaß an Zeitlupe geradezu kontraproduktiv wirken und den ohnehin nicht gerade temporeichen Film eher noch weiter ausbremsen, anstatt die intendierten garstigen Höhepunkte zu setzen. Manchmal ist weniger eben doch mehr. [5] Als ich sie ansehen wollte hat jedenfalls das Laufwerk gebrummt und es kam zu ständigen Aussetzern obwohl mein Player notfalls auch eine Scheibe Salami abspielt; auf einem Zweitgerät hingegen war alles normal….
Unsere aktuellen Podcasts:
|
- Hauptkategorie: Film