Snowflake / Chaos (D 2017) Regie: Adolfo J. Kolmerer, William James Drehbuch: Arend Remmers Darsteller: Reza Brojerdi, Erkan Acar, Alexander Wolf, David Masterson Da es bei diesem Projekt eigentlich ALLE Beteiligten zu loben gilt, folgt bitte diesem
„Du ziehst uns immer wieder in solche Drecksschuppen rein!“ Tan and Javid in the evening
Einleitung Dass der deutsche Genrefilm nicht wirklich tot ist haben wir auf diesen Seiten ja schon oft genug thematisiert. Sicherlich haben wir Germanen, bedingt durch das was Herr Gauland als Fliegenschiß bezeichnet hat, in den 30er und 40er Jahren des letzten Jahrhunderts den Anschluß – und unsere besten Regisseure – verloren, aber im Laufe der Jahrzehnte blitzte auch ab und an mal ein Funken Kreativität auf, wurde dann aber zumeist vom filmförderungsfinanzierten Moloch aufgesogen und rundgeschliffen.
Das Videozeitalter, die Einführung der Privatsender und die letztendlich greifende Einführung der englischen Sprache als Hauptfach in allen Schulformen ließ auch die Filmwelt enger zusammenrücken, als dann noch das Internet dazu kam, hätte die Lücke eigentlich geschlossen werden müssen. Aber denkste Puppe[1], finanziert wurde was sich mit Fliegenschiß und dessen Wirkung auf die frische Metallic-Lackierung beschäftigte oder die typisch deutsche Beziehungskomödie, deren Grundstein Doris Dörrie 1985 mit dem Überraschungserfolg „Männer“ legte. Sicherlich gab es – wie bereits eingangs erwähnt – die ein oder andere, mehr oder weniger erfolgreiche, Ausnahme wie Herzogs Nosferatu-Remake oder „Die unendliche Geschichte“ – die Risiken hierbei hielten sich aber in Grenzen und wirklich originell war keines dieser Werke.
Aber es gibt auch hierzulande noch Filmverrückte, die kreativ und fähig genug sind, ein Werk herzustellen, das auch internationalen Maßstäben genügt. Meist aber enden die Träume von einem solchen Projekt schon dann, wenn das Drehbuch bei den Filmförderungsanstalten aufgrund zu hoher Originalität abgelehnt wird. Dass es auch anders geht beweist „Schneeflöckchen“ und seine Geschichte (sowohl drehbuchmässig, als auch von seiner Entstehung her).
Wir lernen nun das „Mädchen und den Bodyguard“ kennen, einen Handlungsstrang in dem es darum geht, dass Eliana (Xenia Assenza) Rache für den Tod ihrer Eltern nehmen will, die von Tran und Javid erschossen wurden. Sie und der Leibwächter Carson (David Masterson) wenden sich deshalb an Gott (David Gant) der ihnen gleich mehrere Teams – unter anderem ein paar Kannibalen und den Superheld Hyper Electro Mann organisiert. Währenddessen finden Tan und Javid das Drehbuch des Filmes und erfahren dadurch, dass sie sich auf die Suche nach dem Engel Schneeflöckchen machen müssen, um IHRE Rache an dem – eher dem rechten Spektrum angehörenden – Winter (großartig Gedeon Burkhard) durchzuführen. Ebenso kontaktieren sie den Autor (Alexander Schubert) um einige Stellen im Script „live“ umschreiben zu lassen.
Zusätzlich zu dieser – zumindest für den deutschen Markt – komplett neuen Idee[2] und seinem Hang zum rabenschwarzen Humor ist der Film auch noch eine Entdeckungsreise für Filmfreaks. Abgesehen von der eingangs bereits erwähnten Tarantino-Hommage, die heutzutage für sich gesehen sicherlich nicht mehr sehr originell ist, finden sich auch Hinweise auf David Lynch, Dario Argento, Martin Scorcese und – was sich in einem in Berlins spielenden Film in dem Gott und ein Engel mitspielen kaum verhindern lässt - auch Wim Wenders.
Dieses Aufbrechen der Grenzen begann schon mit der Produktion, denn „Schneeflöckchen“ ist tatsächlich ein Film, geschrieben gedreht, gespielt, geschnitten, musikalisch unterlegt....usw. von einem Freundeskreis von Filmfans (sicherlich oftmals mit Filmschul-Hintergrund) die es satt waren, mit ihren Förderanträgen vor Wände zu laufen. Also legte man an Finanzen, Kontakten, Ressourcen und Know-How zusammen was möglich war, produzierte ein fertiges Stück Film und ging damit und mit dem Drehbuch auf die Suche nach Finanziers abseits der normalen Förderwege.
dia
[1] Den ollen Spruch versuch ich schon seit 30 Jahren mal wieder anzubringen – es sei mir verziehen. #metoo [2] Drehbuchautor Arend Remmers gibt offen zu von Filmen wie „Adaptation“ und „Being John Malkovich“ beeinflusst zu sein. [3] Hier das vom Kollegen Wortvogel als Beispiel
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