Torture Castle - Die Bestie aus dem Folterkeller / Castillo maldito (USA 1995) Regie: Stuart Gordon Drehbuch: Stuart Gordon, Dennis Paoli Basierend auf „The Outsider“ von H.P. Lovecraft Musik: Richard Band Darsteller: Jeffrey Combs, Barbara Crampton, Jonathan Fuller, Jessica Dollarhide
Von Zeit zu Zeit gibt es Filme, die muss man einfach lieb haben. „Castle Freak“ hat in dieser Beziehung eigentlich alle Zutaten. Die Verbindung von Regisseur Stuart Gordon und einer Vorlage von H.P.Lovecraft ist ein gutes Zeichen, die Besetzung der Hauptrollen mit Jeffrey Combs und Barbara Crampton ein weiteres und dann beginnt der Film auch noch mit einer Einstellung eines roten Katers, der genüßlich ein wenig Sahne schlabbert. Diese Katze gehört einer alten Dame, die nahezu alleine in einem großen Schloß wohnt. Der einzige Mitbewohner ist ihr ungewollter Sohn, den sie im Keller angekettet hält. Diesem ist diese jahrzehntelange Gefangenschaft offensichtlich nicht sehr gut bekommen, aber es soll ihm noch Schlimmeres widerfahren, denn noch vor dem Vorspann (bei dem der Filmmusikliebhaber dank eines weiteren großartigen Richard Band Scores voll auf seine Kosten kommt) stirbt die Hausherrin eines natürlichen Todes. Da sie scheinbar ein Testament und das Schloß ihrem – ebenfalls nicht sehr nahestehenden – anderen Sohn John Reilly (Jeffrey Combs) hinterlassen hat, kommt dieser einige Zeit später mit seiner Familie, der immer schön anzusehenden Barbara Crampton als Ehefrau Susan und der 16-jährigen durch einen Unfall erblindeten Tochter Rebecca (Jessica Dollarhide) an der neuen Heimstatt an. Recht schnell bemerkt man als Zuschauer, dass zwischen den Ehepartner nicht alles so wirklich prima läuft, was zuallererst daran liegt, dass John im betrunkenen Kopf einen Unfall verursacht hat, der nicht nur zur Erblindung seiner Tochter, sondern auch zum Tod seines 5-jährigen Sohnes geführt hat. Kaum hat sich diese „disfunctional family“ im Schloss breit gemacht gelingt es dem Kellerkind sich von seinen Ketten zu befreien. Mehr sollte man von der Story des Filmes auch nicht verraten, denn sie nimmt zwar noch einige schöne kleine Kurven, ist aber im Gesamten doch eher vorhersehbar, was allerdings das Sehvergnügen nur wenig schmälert. Denn auch wenn von der zugrundeliegenden H.P.Lovecraft Story nur genau zwei Elemente übrig geblieben sind (der angekettete „Titelheld“ als solches und eine Szene, in der er sich im Spiegel „bewundert“), so hat der Film doch eine schöne bedrückende Atmosphäre. Diese ergibt sich aber erstaunlicherweise nicht unbedingt aus den Horrorelementen sondern eher aus einem Zusammenspiel der großartigen Kulissen – der Film wurde, wie viele andere Band-Produktionen derzeit auch, im Band-eigenen italienischen Schloß gedreht – und der gut gezeichneten Hauptfiguren. Wo Gordon zum Beispiel in seinen bekannteren und größeren Lovecraft Adaptionen „Re-Animator“ und „From Beyond“ sein Darstellerpaar eher comichafte Charaktere spielen liess, sind die Protagonisten in „Castle Freak“ echte Menschen mit Gefühlen und Problemen. Speziell auffällig ist hier dann auch, dass selbst der „Castle Freak“ als solches, trotz seiner Verfehlungen und körperlichen Deformationen (eine grandiose Make-Up-Arbeit von John Vulich), eine fast schon tragische Figur ist, die näher an Frankensteins Monster als an den bei „Full Moon“ üblichen Killergestalten ist. Er wird von Gordon nahezu liebevoll und komplett ernsthaft in Szene gesetzt und kann dadurch tatsächlich eine Art Grauen erzeugen. Ebenso verhält es sich bei den, zwar spärlich gesetzten, aber durchaus „saftigen“ Splattereinlagen. Durch die fehlende komisch schwarzhumorige Übertreibung, die man eigentlich bei Gordon erwartet, sind sie sehr unangenehm, was wahrscheinlich auch der Grund war, dass der Film bei seiner deutschen Erstveröffentlichung auf VHS doch ganz erheblich gekürzt wurde. Trotzdem muss man aber auch zugeben, dass der Film durchaus seine Schwächen hat. Zum einen merkt man sehr deutlich, dass dieses Mal nicht Mac Ahlberg sondern der eher konservative Kameramann Mario Vulpiani die Bildgestaltung übernommen hat. So sieht der Film zwar gut, nicht aber außergewöhnlich aus und in einigen der „normalen“ Dialogszenen kommt durch die eher statische Kameraführung eine Art Fernsehflair auf. Das sorgt dann dafür, dass das gesamte Werk nicht so wirklich wie aus einem Guß wirkt, denn in den eher phantastischen Sequenzen wird sowohl bei Beleuchtung/Bilddramaturgie als auch in der Gesamtinszenierung ein besonderer Wert auf eine märchenhafte Atmosphäre gelegt. Ein anderes Problem ist dann im Drehbuch zu suchen, das auf der einen Seite sofort verrät, was es mit dem titelgebenden Freak auf sich hat, auf der anderen aber Jeffrey Combs lange Zeit glauben lässt, dass es sich dabei um den Geist seines verstorbenen Sohnes und somit um die Personifizierung seiner Schuldkomplexe handelt. Speziell das letztere Element hätte sehr gut funktioniert, wenn man auch den Zuschauer noch einige Zeit im Ungewissen gelassen hätte, wirkt in der jetzigen Form aber eher wie unnötiger Ballast, obwohl Combs hier eine eindrucksvolle und ungewohnt ernsthafte Leistung bietet. Somit dürfte klar sein, dass es sich bei „Castle Freak“ nicht wirklich um einen zu Unrecht vergessenen Klassiker handelt. Sicherlich ist er – speziell in Hinsicht auf seine Enstehungszeit in den, den phantastischen Film betreffenden, eher dürftigen 90ern - noch weit über dem Durchschnitt einzuordnen und auch eines der ansehnlichsten Werke aus dieser Phase von Charles Band „Full Moon“-Produktion. In der Reihe von Stuart Gordons Werken ist er aber eher auf den hinteren Ränge einzuordnen und auch als Lovecraft-Verfilmung funktioniert er eher schlecht als recht, da von den surrealen Elementen der Vorlage nichts übrig geblieben ist.
Wicked präsentiert den Film als Teil 3 ihrer „Full Moon Collection“ in einer Edition zum dahinschmelzen. Zuerst einmal muss man die fehlerfreie Restauration hervorheben, die den Film erstmals in bestmöglicher Bild- und Tonqualität präsentiert. Im Gegensatz zu all den vorherigen Veröffentlichung ist nun, dank einer kinogerechten Farb- und Helligkeitskorrektur auch in dunklen Szenen mal was zu erkennen. Das ist vor allem besonders schön, da die dem deutschen Fan auf VHS vorenthaltenen Szenen in den bisherigen DVD-Vös zwar enthalten waren, aber doch eher wie „kämpfende dunkelhäutige im Tunnel“ daherkamen. Auch in Sachen Extras gibt es nur Positives zu berichten. Der Audiokommentar von Dr. Gerd Naumann, Matthias Künnecke und Christopher Kloese geht detailliert auf die Entstehungsgeschichte des Filmes und speziell auch auf geschichtliche Details in Sachen „New Moon“ und der Familie Band ein und ist somit auch abseits des Filmes goutierbar. Eine kurze TV-Dokumentation aus dem Jahr 1995 sorgt für ein angenehmes Retro-Feeling. Zusätzlich gibt es noch ein interessantes Interview mit Stuart Gordon, Jeffrey Combs und Barbara Crampton, dass von einem gewissen William Shatner geleitet wird, ein aktuelleres Videointerview mit Gordon und eine Reihe von Trailern sowie eine umfangreiche Bildergalerie. Ein besonderes Highlight aber ist der 30-minütige Bonusfilm „The Evil Clergyman“, der aus dem Jahr 1986 stammt und als Teil eines Episodenfilmes von – damals noch – „Empire“-Films geplant war. Ebenfalls eine Lovecraft-Verfilmung mit Crampton und Combs, hat dieser zusätzlich noch David Warner und David Gale zu bieten und hält sich recht nahe an die Originalvorlage. Der Film wurde niemals offiziell veröffentlicht und die auf dieser BluRay enthaltene Fassung beruht auf einer im Jahr 2010 zufällig auf VHS gefundenen Rohschnittfassung und wurde mit komplett neuem Sound und einem frischen Score von Richard Band versehen. Wir werden uns diesem Werk noch demnächst in einem gesonderten Artikel widmen. Letztlich gibt es in diesem Mediabook auch noch ein ganz besonderes Schmankerl für Filmmusikfans, denn auf einer Extra AudioCD findet sich der längst vergriffene komplette Soundtrack zu „Castle Freak“ von Richard Band. Sicherlich keines seiner eingängigeren Werke, aber für geschulte Ohren tatsächlich ein ganz besonderer Genuß. Hierzu findet sich dann auch im – ebenfalls ausgezeichneten – Booklet des Mediabooks, das von Christoph N. Kellerbach verfasst wurde, ein ausführliches Essay mit einer kompletten Tracklist. Speziell da Restbestände des Mediabooks derzeit bei Wicked-Vision für unter 25 € zu haben sind führt für Sammler eher außergewöhnlicher Werke kein Weg daran vorbei. Von mir gibts alle Daumen und Zehen nach oben. dia |
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