springteufelquer

(Deutschland 1974)

Regie: Heinz Schirk

Drehbuch: Karlhans Reuss, Derrick Sherwin

Produktion: Saarländischer Rundfunk

Darsteller: Dieter Hallervorden, Arno Assmann

 

Eine meiner frühesten TV-Skandal-Erinnerungen war, neben der Absetzung von „Schweinchen Dick“ und der Reaktion auf „S.R.I und die unheimlichen Fälle“, die Diskussion über den ekelhaften TV-Film „Der Springteufel“, der wohl dafür gesorgt hatte, das meiner Oma das Abendbrot nochmal durch den Kopf gegangen ist. In unserer Familie war der Film deshalb ziemlich legendär. Ebenso wie die Filzlausszene aus Fassbinders „Wildwechsel“, aber das ist eine andere Geschichte und sie soll ein anderes Mal erzählt werden.

Gesehen habe ich den Film dann irgendwann Anfang der 80er erstmals auf Betamax und jetzt aktuell halt für dieses Review nochmals. Worum geht es also in diesem, mit 54 Minuten recht kurzen, TV-Film des Saarländischen Rundfunks (!).

springteufel 003Der Film beginnt mit einer erstaunlichen Hubschrauberkamerafahrt. Über ein paar Felder hinweg fliegen wir auf eine Autobahnauffahrt und eine einsame Gestalt, die dort am Straßenrand sitzt zu und landen schließlich auf dem Gesicht von Dieter Hallervorden. Nicht auf dem Gesicht von „Didi“ wohlgemerkt, erst ein Jahr später sollte Hallervorden mit seiner Slapstick Show „Nonstop Nonsens“ seine Karriere für Jahrzehnte auf eine, von dem Kabarettisten und Gründer der „Wühlmäuse“ sicherlich nicht sehr geliebten, Richtung anschieben.

1974 war er noch auf dem Weg ein „ernsthafter“ Schauspieler zu werden (was ihm mittlerweile ja gelungen ist) und spielt einen seltsamen Anhalter mit einem riesigen Koffer, der – wie sein handgemaltes Schild deutlich macht – nach Frankfurt möchte, aber die ersten zwei zur Mitnahme bereiten Fahrgelegenheiten (ein LKW und eine Ente) auf eine recht kalte und sarkastische Art abblitzen lässt.

 

„Hey willste mit?“

„Wer, ich?“

„Klar, du willst doch nach Frankfurt, oder?“

„Ja, aber doch nicht mit IHNEN!“

 

Erst zu einem Geschäftsmann (Arno Assmann) in einem riesigen 60er Jahre Chrysler mit Automatikverdeck und allen Extras gesellt sich unser Anhalter. Auf dieser ersten Etappe Richtung Frankfurt entspinnt sich nun ein Dialog, der sicherlich ein Zeichen seiner Zeit ist. Kurz vor dem Kanzlerwechsel in der linksliberalen Regierung entpuppt sich der Anhalter als Vertreter der arbeitenden Masse, der dem schnöseligen Banker unbekannte Grenzen aufzeigt.

 

„Wenn ich ihre Klamotten tragen und ihr Auto fahren würde
gäbe es zwischen uns keinen Unterschied.“

 

springteufel 006Langsam kommt in das erst sehr witzige Gespräch eine düstere Komponente, der Anhalter erweist sich als ein rechter Psychopath. Nachdem er den Autofahrer mittels diverser Spielzeuge aus seinem Koffer zur Weißglut gereizt hat und dieser ihn auf die Straße setzen will, zieht er eine Pistole und zwingt sein Opfer zu einer schmierigen Raststätte am Rande der Autobahn zu fahren.

Dort kommt es nun zu der oben bereits angesprochenen Ekelszene, die tatsächlich auch heute noch recht wirkungsvoll ist. Von hier an bewegt sich der Film dann auch in Richtung eines, 1974 sicherlich überraschenden, aber heute recht vorhersehbaren, Endes, das leider mehr Löcher als ein Schweizer Käse hat.

Trotzdem ist „Der Springteufel“ eine kleine und leider vergessene Perle der deutschen TV-Unterhaltung, die zeigt, dass früher sicher nicht alles, aber doch so einiges besser war. Dieter Hallervorden spielt den Psychopaten mit sichtlicher Freude und wirkt in einigen wenigen Szenen tatsächlich bedrohlich. Leider aber zeigt er auch in der ersten Hälfte des Filmes etwas zu viel seines Didi-Charakters, der sicherlich schon in seinem Hinterkopf schlummerte. Trotzdem trägt er den ganzen Film natürlich fast alleine, was es seinem geplagten Gegenüber Arno Assman schwer macht wirklich zu punkten. Allerdings brilliert er in der „Ekelszene“ , die ohne einen guten Schauspieler sicherlich bei Oma nur für ein Bäuerchen gesorgt hätte.

springteufel 002Das Drehbuch läuft förmlich über vor rabenschwarzem Humor, die Dialoge sind scharf wie ein Solinger Messer, dass es sich um eine englische Originalvorlage handelt wird dadurch recht deutlich. Die Anpassungen auf den deutschen Markt allerdings verankern den Film halt ziemlich fest in die Mitte der 70er Jahre.

Rein dramaturgisch gesehen zerfällt der Film – trotz seiner Kürze – in zwei deutlich unterscheidbare Teile, schafft es deshalb auch nicht so recht eine durchgehende Spannung aufzubauen. Dafür ist er aber visuell überraschend. Beginnend mit der eingangs erwähnten Hubschrauberaufnahme, über die interessant gefilmten Fahrszenen im Chrysler und die schön schmierige Raststätte bis hin zu einer langen Verfolgungsjagd am Ende (bei der wieder der Hubschrauber zum Einsatz kommt), ist es erstaunlich was die kleinste deutsche TV-Anstalt da gezaubert hat.

Qualitativ bin ich mit meinem alten VHS-Rip zufrieden, auch wenn es mittlerweile eine neue Abtastung gibt, die mich allerding eher wegen der Specials interessieren würde. Bei einem Preis von mehr als 25 € für insgesamt noch nicht einmal eine Stunde Film kann ich mich nicht so wirklich dazu entscheiden.

Das sind ja schon Anime-mässige Zustände.


 

Dia

 

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