(USA/GB 2018) Auslöschung / Area X: Annihilation Regie: Alex Garland Darsteller: Natalie Portman, Jennifer Jason Leigh, Gina Rodriguez, Oscar Isaac, Benedict Wong
An der Südküste Amerikas tritt ein Phänomen auf, das von der Regierung nicht mehr lange geheim gehalten werden kann. Ausgehend von einem alten Leuchtturm, breitet sich ein waberndes Etwas immer weiter aus und droht, die ganze Welt zu verschlingen. Alle Versuche in die Zone hinter dem „Schimmer“, wie die halbtransparente Wand genannt wird, einzudringen und es mit handfesten Informationen über die Natur der Bedrohung zurückzuschaffen, sind gescheitert. Bis der verschollen geglaubte Kane (Oscar Issac), der als Mitglied der Special Forces in die sogenannte „Area X“ geschickt wurde, eines Tages wie aus dem Nichts vor seiner Ehefrau Lena (Natalie Portman) steht. Doch Kane hat sich verändert, wirkt apathisch und hat fast keine Erinnerung mehr. Was mit ihm geschah, bleibt daher genauso ein Rätsel wie der Grund für sein multiples Organversagen, das das freudige Wiedersehen rasch jäh beendet. Als Kane schon im Sterben liegt, beschließt Lena, die nächste Expedition hinter den Schimmer zu begleiten, um herauszufinden, ob es eine Möglichkeit gibt, ihren Mann zu retten. Seit ein paar Jahren sind langsam erzählte, tiefgründige Sci-Fi-Stoffe wieder en vogue. Filme wie Midnight Special (2016), The Signal (2014) oder die Serie The OA (2016), die übrigens allesamt auf Netflix verfügbar sind, sind anspruchsvoll und stellen ungeduldige Zuschauer auf die Probe. Dabei markieren sie einen Trend, zu dem Auslöschung-Regisseur Alex Garland mit seinem grandiosen Debüt Ex-Machina (2014) selbst maßgeblich beigetragen hat. Nun gibt er diesem Trend mit seinem neuen Sci-Fi-Psychothriller neue Impulse und wird dafür von der Kritik euphorisch gefeiert. Und das, obwohl Auslöschung einige Schwächen hat. Kommen wir zunächst zum Positiven. Die Welt, die das Expeditionsteam entdeckt, ist schlichtweg faszinierend. Um Spoiler zu vermeiden, soll nicht zu viel verraten werden. Aber nie wurde filmisch beeindruckender umgesetzt, wie bedrohlich überbordende Fruchtbarkeit und die daraus entstehende Schönheit sein kann. Es kamen mir sofort Sätze aus Max Frischs Homo Faber in den Sinn, die der Protagonist beim Anblick eines Dschungels formuliert: „Wo man hinspuckt, keimt es!“ oder „Es stinkt nach Fruchtbarkeit, nach blühender Verwesung.“ Es gelingt Garland über die gesamte Laufzeit, das Interesse des Zuschauers für die Geheimnisse der Area X aufrecht zu halten, die er mit Versatzstücken eines David Cronenberg würzt. Von dieser Welt und ihrer einzigartigen Stimmung, lebt Auslöschung genauso, wie von seiner Hauptdarstellerin. Natalie Portman spielt hervorragend und ihre Figur erhält durch geschickt platzierte Zeitsprünge eine große Tiefe. Umso ärgerlicher ist es, dass die anderen Mitglieder der Expedition blass bleiben. Auf die Beweg- und Hintergründe vieler Figuren wird entweder gar nicht oder nur sehr oberflächlich eingegangen. Der Film, der als eine seiner Kernfragen, die nach menschlicher Identität stellt, leidet darunter, dass sich seine Autoren so wenig für die Identitäten seiner Protagonistinnen interessieren. Das Expeditionsteam besteht dabei ausschließlich aus Frauen, unter denen Portman keine gebührende Antagonistin findet. Gerade im Blick auf Ex Machina fällt das Fehlen eines richtigen Bösewichts besonders auf, funktionierte hier das wahnsinnige Genie Nathan (Oscar Issac) doch so hervorragend als Reibepunkt für den naiven Programmierer Caleb (Domhnall Gleeson), der sich in die Androidin Ava (Alicia Vikander) verliebt. Portman hingegen hat keinen wahren, greifbaren Gegner, an dem sich ihre Figur messen lassen kann und der für eine vergleichbare Spannung sorgt. So gibt es einige Längen, über die auch die tolle Kamera, die gelungenen Effekte und der passende Score nicht hinwegtrösten können. Trotzdem handelt es sich bei Auslöschung unterm Strich um einen absolut sehenswerten Film, der interessante Fragen nach Identität und der Veränderung unseres Seins stellt und die Zuschauer zum Denken und Interpretieren anregt. Dabei enttäuscht er aber mit seinen Antworten genauso, wie mit seinem vorhersehbaren Ende, weshalb er nicht das Meisterwerk ist, zu dem ihn manche Kritiker gerade hochschreiben. Christoph
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