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Bloodlust / Bloodlust: The Vampire of Nuremberg / Mosquito the Rapist

(Schweiz 1976)

Regie: Marijan Vajda

Drehbuch: Mario d'Alcala

Darsteller: Werner Pochath, Birgit Zamulo, Ellen Umlauf

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der komplette Filmdialog von Werner Pochath

 

„Mosquito – der Schänder“ ist einer dieser Filme, die mich persönlich über Jahrzehnte verfolgt haben. Seit ich im zarten Alter von gerade mal 14 Jahren die diversen Kinoanzeigen gesehen hatte auf denen Hauptdarsteller Werner Pochath mit einen Glas, in dem zwei menschliche Augen schwammen zu sehen war, war das einer der Titel, die es zu sehen galt.

zhaoIch hatte damals (Jahre vor Fulci) bereits eine Art Augentick und wenn Horrorfilme okkulare Gewalt zeigten oder andeuteten packten sie mich ganz besonders. Interessanter Weise wussten das scheinbar auch die Verleiher und so kam es zu Plakaten wie dem von „Zhao - der Unbesiegbare“ (bei dem es sich übrigens um den Shaw-Brothers Klassiker „5 Fingers of Death“ von 1972 handelt) oder eben dem Motiv zu Mosquito – Exploitation pur.

Aber es war – wahrscheinlich auch wegen der doch etwas außergewöhnlichen Poster – natürlich für ein Jüngchen wie mich schwer, diese verbotenen Früchte zu kosten. Sicher, unser „Stern“-Kino im Stadtteil nahm das eigentlich mit dem Jugendschutz nicht ganz so genau und liess unsere „Bande“ so gut wie in jeden Film oder setzte auch mal „Trog“ in die sonntägliche Kindervorstellung, aber wenn das Plakat so offensichtlich Ekel und Gewalt (oder im anderen Extrem nacktes Fleisch) propagierte – und dementsprechend auch ohne die Kids der Nachbarschaft ein gut gefülltes Haus versprach – dann schüttelte die nette alte Dame im Kartenhäusschen auch schonmal mit dem Kopf, was dann den Besitzer des Spielzeugladens nebenan erfreute.

Mosquito 005So dauerte es also tatsächlich bis in die frühen 80er und somit ins Videozeitalter, bis ich mir dieses Schweizer Horrorwerk endlich anschauen durfte – und davon ein wenig enttäuscht war. Natürlich war der Film, wie in der Anfangszeit der Cassettenfilme üblich, ungekürzt, aber von seiner Atmosphäre her erinnerte er mich zu sehr an die von mir damals gehassten Werke deutscher Autorenfilmer – ich vermisste wabernde Nebelschwaden, gruselige Musik und Zombies oder andere Monster.

Klar, dass mir das aus heutiger Sicht komplett unverständlich erscheint, aber im Alter von 18-20 Jahren ist man zwar dem Gesetz nach erwachsen, aber noch weit davon entfernt Verständnis für einen Film aufzubringen, der seine – zugegeben recht derben – verstörenden Szenen in eine Dramahandlung packt.

Mosquito 006Werner Pochath, der damals sozusagen täglich im Fernsehen zu sehen war und dessen Anblick selbst meine Oma immer wieder in Verzücken versetzte, spielt hier einen stummen Buchhalter, der in einer kleinen Hinterhofwohnung lebt und unter der damals alltäglichen Diskriminierung lebt. So spricht jeder mit ihm nur gaaaaannnnnz laaaangsaam und in einfacher Rede, da er ja dank seiner körperlichen Behinderung natürlich auch als geistig minderbemittelt angesehen wird und seine Kollegen spielen ihm grobe Streiche. In Erinnerungen bekommen wir mit, dass der Stumme in seiner Kindheit von seinem brutalen Vater körperlich und seine kleine Schwester sogar sexuell misshandelt wurden, was dazu führte, dass er nun im jungen Erwachsenenalter ein Bild seiner verstorbenen Mutter sozusagen anbetet, seine Wohnung mit Puppen gefüllt und eine etwas seltsame Besonderheit entwickelt hat.

Mosquito 011Nachts schleicht er sich nämlich – mittels gestohlener Schlüsselbunde - in das örtliche Krematorium ein und schändet – dem Titel gerecht werdend – Leichen. Seine Gelüste werden immer stärker und nachdem er sich anfang nur damit begnügt hat die Toten zu berühren und anzuschnibbeln, steigert er sich immer mehr in seinen Fetisch hinein und beginnt bald damit die Leichen zu zerstückeln und sich Teile mit nach Hause zu nehmen. Ebenso besorgt er sich in einem Fachgeschäft eine gläserne Doppelpipette, die es ihm ermöglicht Leichenblut zu saugen und direkt aus dem Körper zu trinken.

Das Ganze ist mit einer erstaunlichen Zeigefreudigkeit inszeniert – in einer Sequenz entfernt er einer Leiche beide Augäpfel (siehe Plakatmotiv) , einer anderen trennt er den Kopf mit einem recht stumpfen Messer ab. Nachdem er einen Doppelmord begangen hat wird er schnell verhaftet und der Film endet ohne Happy-End oder einen moralischen Zeigerfinger.

Mosquito 001„Mosquito – der Schänder“ ist ein erstaunlich unangenehmes Stück Film, obwohl – oder vielleicht auch gerade deshalb – er tatsächlich von der Inszenierung her sehr trocken daherkommt. Der jugoslawische Regisseur Marijan Vajda, der sonst auf Dokumentarfilme spezialisiert war, setzt auch hier seinen scharfen Blick für die Wirklichkeit ein und so ist der Film über weite Strecken auch eine Zeitkapsel aus der Mitte der 70er Jahre. Speziell die Szenen im Hinterhof erinnern Kinder dieser Zeit an eine verlorene Aera und die Aussenaufnahmen (in Zürich, München und Nürnberg entstanden) bieten ungefilterten Realismus, was die schockierenden Momente noch mehr heraushebt. Die nebenstehende Einstellung an einem Kiosk hat mir sogar einen wohligen Nostalgieflash besorgt.

Mosquito 014Das heisst jetzt aber nicht, dass der Film kalt inszeniert ist. Etliche Einstellungen erinnern an große Vorbilder, es finden sich immer wieder Bilder, die sich sogar als Windoof-Hintergrund anbieten würden (Okay, vielleicht nicht unbedingt die recht explizite Lesbenszene, aber der ein oder andere Moment mit den Puppen ist beeindruckend).

Pochath selbst spielt den zerissenen Charakter einfach nur großartig und versucht gar nicht erst große Sympathien im Zuschauer zu erwecken. Für ihn ist sein Leben – inklusive seiner Ausflüge – normal, der dokumentarische Stil des Filmes sucht nicht nach Rechtfertigungen – die Stammtischphsychologie der anfänglichen Erinnerungssequenzen bleibt der einzige kleine Versuch einer Rechtfertigug für seine Gelüste. Ebenso wird weder die Polizeiarbeit, noch die Gedanken anderer Menschen in den Vordergrund gestellt. Der Mann – Mosquito - Pochath ist unser Protagonist, das einzige Mal, dass er mit „normalen“ Menschen in Kontakt kommt ist durch die naive Tochter seines Vermieters, die nach einem Tanz auf dem Hausdach stirbt und dafür sorgt, dass er bei der Ausübung seiner heimlichen Freuden ein wenig schluderig wird.

Mosquito 004Der Film basiert in großen Teilen auf der wahren Geschichte von Kuno Hoffmann, des sogenannten „Vampir von Nürnberg“, der anfang der 70er tatsächlich durch ähnliche Leichenschändungen und einen späteren Doppelmord in die Schlagzeilen geraten war und hält sich – bis auf einige kleine Details – sehr nahe an der Originalgeschichte, was wahrscheinlich auch der Grund dafür war, dass man sich entschloß einen Dokumentarfilmer mit der Regie zu beauftragen. Der Film zeigt deutlich, dass man nie wirklich weiss, was der freundliche und liebenswerte Nachbar denn so in seiner Freizeit treibt, vielleicht ist das auch der Grund warum er mir heute so gut gefällt und damals ziemlich an mir vorbei gegangen ist.

Jeder, der nicht glaubt, dass es tatsächlich früher einmal schockierendes deutschsprachiges Exploitationkino gab sollte dem Film eine Chance geben.

Mosquito 008Es gibt ihn mit ein wenig Suchen noch als ASTRO-DVD (mit recht ansprechender Qualität) zu finden, empfehlenswert ist aber die gerade in den USA von Mondo Macabro veröffentlichte (und codefreie) BluRay, die mit Massen an tollen Extras aufwartet und auf einem neuen 4K-Scan basiert. Die auf 666 Exemplare limitierte Erstveröffentlichung enthält nebenher auch noch ein nettes Booklet von Michael Gingold, und den deutschen Photosatz im Postkartenformat. Da ich als Ersttagsbesteller allerdings bereits die Nummer 405 bekommen habe dürfte dieses feine Teil nicht mehr zu bekommen sein.

„Mosquito“ ist sicherlich kein Film für jedermann. Den meisten jüngeren Zuschauern wird er - wie mir damals auch – als zu kalt und zu steril daherkommen. Aber wie ein guter Wein so reift auch der Filmgeschmack und so empfehle ich den Film jedem, der meint schon alles gesehen zu haben und meint vor Schocks gefeit zu sein.

Ein unangenehmes (und unappetitliches) Vergnügen...


dia

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