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(USA 1992)

Dödens leksaker / Juguetes asesinos / Giocattoli infernali

Regie: Peter Manoogian
Drehbuch: Charles BandDavid S. Goyer
Musik: Richard Band
Darsteller: Tracy ScogginsBentley MitchumDaniel Cerny

demtoys 005„I can walk, i can talk, i can even shit my pants. Can you shit your pants?”



Puppen und anderes Spielzeug scheinen es Charles Band angetan zu haben. Und wenn die von seiner Full Moon-Filmeschmiede produzierten Streifen schon nicht direkt damit zu tun haben, dann wird der Inhalt eines durchschnittlichen Kinderzimmers wenigstens über den Umweg kostengünstiger Spezialeffekte in den jeweiligen Film eingebracht – mitunter sogar ziemlich selbstironisch (man denke an das Raumschiff des „Dollman“, das auf den ersten Blick als Modell erkennbar ist, sich im weiteren Verlauf der Handlung aber tatsächlich als nicht viel größer als ein Revell-Bausatz herausstellt). Bei aller Ironie sind die „Dolls“, die Schöpfungen des „Puppet Master“, selbst die im weitesten Sinne ebenfalls (überdimensionales) Spielzeug darstellenden Mechas aus „Robot Jox“ oder „Crash and Burn“, niemals harmlos sondern verweisen mehr oder minder direkt auf die einige Zeit lang fast ebenso erbittert wie die Gewaltvideodebatte geführte Kontroverse um potentiell jugendgefährdende Spielwaren.

demtoys 008Wir erinnern uns: He-Man, Skeletor, Star-Wars-Figuren, Transformers… das roch aus Pädagogensicht nach allem Möglichen, insbesondere aber sehr streng, denn das vorbildliche Kind hatte gefälligst entweder ein Interesse an Technik zu entwickeln und sich mit der Modelleisenbahn auf die Karriere als Ingenieur vorzubereiten oder sich spielerisch an die Mutterrolle zu gewöhnen. Das Austragen von gewalttätigen Konflikten, die stark auf mythologische Grundkonstellationen zurückgriffen, war seinerzeit hingegen ideologisch mindestens ebenso verdächtig wie es heutzutage aus linksfeministischer Sicht die Babypuppe ist (selbst wenn sie rülpsen, furzen und in die Hose machen kann). Vor diesem Hintergrund ist die von Charles Band und David S. Goyer entwickelte Story von „Demonic Toys“ letztlich sogar als ziemlich scharfsichtig zu bewerten, da es ihnen gelingt, den mythischen Kampf von Gut und Böse mittels vordergründig „unschuldiger“ Spielwaren auszutragen: Jack in the Box, Teddybären, Babypuppen… ein gestandener Bewahrpädagoge aus den frühen 90ern hätte bestenfalls angesichts des knuffigen Roboters die gestrenge Stirn in Falten gelegt - und wäre anschließend zerlegt worden. Wie die Unglücklichen, die diesem wildgewordenen Spielwarensortiment in die Hände fallen.

Ein wenig schade ist nur, dass der fertige Film aufgrund seiner Konzeption als preiswerte Direct-to-Video-Veröffentlichung dann doch nicht ganz so außer Rand und (Charles) Band gerät wie man es anhand der bescheuerten Grundprämisse erwarten würde. Tatsächlich muss man mit einem alten Lagerhaus als Schauplatz vorliebnehmen in dem sich aus unterschiedlichen Gründen ein paar Nasen herumtreiben damit die Toys was zum Spielen haben. Als verantwortlich für diesen Aufstand der Dinge erweist sich schließlich ein Dämon, der seit 66 Jahren unter der Lagerhalle begraben lag und durch ein versehentliches Blutopfer aus seinem Schönheitsschlaf aufgeschreckt wurde.

demtoys 001Denn dummerweise verfolgt zu Beginn die Polizistin Judith (Tracy Scoggins) nach einem dumm gelaufenen Undercovereinsatz (Peng, da war es aus mit dem Partner und Lover…) ein paar Waffenschieber in das besagte Lager und einer davon hat - angeschossen wie er ist - nichts besseres zu tun als die Bude mit seinem roten Saft zu besudeln, was prompt den Dämon und seine Entourage auf den Plan ruft. Wobei es seinem dämonischen Plan überaus gelegen kommt, dass Judith momentan schwanger ist. Denn als stilechter Anti-Gott und Verwandter von „Rosemary’s Baby“ muss man natürlich die Marienlegende dahingehend pervertieren, dass das (Schimpf-)Wort zum Fleisch werden kann bzw. der unheilige Geist via Geburt einen menschlichen Körper bekommt. Allerdings hat der ungeborene „richtige“ Sohn von Judith dabei noch ein kräftiges Wörtchen mitzureden…

Was Regisseur Peter Manoogian letztlich zu einem Duell zweier Kindsköpfe ausgestaltet, das bereits in der surrealen Eröffnungsszene vorweggenommen wird: man sieht ein aufgrund zahlreicher schaukelnder Schaukelstühle und Uhren, deren hin- und herschwingende Pendel mit viel Überinterpretation[1] auf die linkshegelianische Dialektik von Freiheit und Unterdrückung verweisen, ziemlich seltsam dekoriertes Zimmer. demtoys 002Darin zwei kleine Jungs beim Kartenspiel (einer blond, der andere schwarzhaarig mit spitzen Fingernägeln und grünen Kontaktlinsen). Einer davon ruft „Krieg!“ und über allem thront die Mutter.[2] Das bedeutet unterm Strich ganz einfach, dass die schwangere Judith darüber besorgt ist, dass sie möglicherweise einen ungezogenen Bratzen zur Welt bringen könnte, denn kleine Streber sind nun mal einfacher zu handhaben. Und passend zu diesem etwas fragwürdigen erzieherischen Ideal beseelt der kleine Blondy dann natürlich eilfertig einen putzigen Spielzeugsoldaten mit roten Bäckchen um seinen bösen Zwilling Mores zu lehren (und wird vermutlich später mal Cop oder was anderes Uniformiertes weil der Apfel nicht weit vom Stamm fällt und der hölzerne Stechschritt ohnehin bereits eingeübt wurde).

Doch trotz dieser zugrundeliegenden, zugegeben recht muffigen Tugendlehre ist „Demonic Toys“ dann doch nicht ganz so erzkonservativ, denn als weiterer Sympathieträger ist noch der Geflügel-Fast-Food-Kurier Mark Wayne mit von der Partie. Als etwas unreifer Anarcho darf er bei der Arbeit einen Vorgesetzten bepöbeln („Haben Sie da etwa eine Zigarette im Mund?“ – „Ne, Ihren Schwanz.“)[3], gemeinsam mit dem Nachtwächter des Warenhauses im Playboy schmökern (während im Fernsehen „Puppet Master II“ läuft) um schließlich ebenso wie der bissige Teddybär über sich hinauszuwachsen.[4] Wodurch „Demonic Toys“ sich geschickt um ein abschließendes Statement über Autorität und Individualismus herumdrückt bzw. es ganz im Sinne der Pendelsymbolik bei einem „sowohl als auch“ belässt.[5]

demtoys 004Eine wirkliche Charakterentwicklung findet unter solchen Voraussetzungen selbstverständlich nicht statt. Die Figuren sind simple Stereotypen, dienen im Grunde genommen nur als Spielzeugmonsterfutter und / oder haben dem ganzen Spuk nichts entgegenzusetzen. Angesichts des In-Utero-Zweikampfes von übergeordneten moralischen Prinzipien, die sich zueinander wie Yin und Yang verhalten, sind die im Spielzeugland gefangenen Leute sogar ihrerseits beinahe ebenso als Objekte der Manipulation durch höhere Mächte zu bezeichnen wie die Actionfigur in der Hand eines Kindes. Sie dürfen etwas zappeln, durch Lüftungsschächte krauchen, um sich ballern und dann blutig sterben. Auch wenn sie wie die Ausreißerin The Kid zuvor erfolgreich aus einem despotischen Elternhaus geflüchtet sind gibt es kein Entkommen aus dieser Tendenz zur Objektifizierung des Subjekts, einer Umkehrung der Verhältnisse, durch die der Mensch für die einstigen Objekte zum Material eines sadistischen Lustgewinns degradiert wird. Selbst Judith bleibt, so kitschig der Schluß des Film auch ausfällt, letztlich nur eine Art Werkzeug: einerseits schon durch ihren Beruf als Teil der staatlichen Exekutive, im Rahmen der Story aber auch ganz konkret als Gebährmaschine, deren Vergewaltigung durch den Dämon nur durch das beherzte Eingreifen des erst noch zur Welt zu bringenden Sohnemanns verhindert wird. Womit sie für beide potentiellen Söhne lediglich ein Mittel zum Zweck darstellt, der Unterschied liegt bestenfalls im Grad der Höflichkeit mit der sie ihr Ziel verfolgen.

demtoys 003Durch das niedrige Budget bleibt „Demonic Toys“ in seiner Gesamtheit jedoch eine ähnlich zwiespältige Angelegenheit wie der nicht gänzlich unironische Plot mit seinem ewigen Hin- und Her zwischen Verdinglichung und Menschwerdung. Es gibt nun mal nur begrenzte Möglichkeiten, alte Lagerhallen wahlweise in knalligen Farben auszuleuchten oder in bedrohliches Dunkel zu tauchen; der Synthie-Score von Richard Band ist ebenfalls eher einfallslos und nicht mit seinen weitaus gelungeneren Kompositionen (Re-Animator, From Beyond) vergleichbar. Auf der Habenseite hingegen stehen die zwar keinesfalls kindgerechten, aber trotzdem irgendwie niedlich anzusehenden Toys (Allen voran der Bär! Den will ich als Stofftier!) sowie einige ganz ordentliche Stop-Motion-Animationen. Hinzu kommt eine Handvoll halbwegs atmosphärischer Szenen, z. B. Judith’s Unterredung mit dem Dämon in einer Puppenstube oder die Rückblende zu seinem gefloppten ersten Anlauf zur Weltherrschaft, die dadurch aufgelockert wird, dass man die Totgeburt kurzerhand an ein paar Kids verschenkt, welche an Halloween nach Süßigkeiten betteln.

demtoys 012Menschen mit einer Abneigung gegen Kriegsspielzeug und anderen gewaltverherrlichenden Schund wird man für derlei selbstverständlich schon deswegen nicht begeistern können, weil die vordergründig wertkonservative Moral von der Geschicht dahingehend subversiv unterlaufen wird, dass am Ende nun mal der animierte Soldat gewinnt. Denn bis zum Mandroid aus „Eliminators“ ist dieser kleine Synthetik-Messias mit dem Schießgewehr, der erst noch lernen muss was einen richtigen Menschen ausmacht, nur ein kleiner Schritt und eh man sich’s versieht ist das Kinderzimmer dann wieder voll mit Panzern, Raumschiffen und Laserpistolen, während das hochwertige Montessori-Holzspielzeug unbeachtet in der Ecke liegt…

coverDank der beachtlichen Veröffentlichung von Wicked Vision kann man dem Film aber durchaus eine Chance geben, zumal auch der Director’s Cut von „Demonic Toys“ als Bonus auf der Blu-Ray enthalten ist. Er bietet zwar nicht mehr als geringfügig ausführlichere Splatterszenen in geringfügig schlechterer Bildqualität, aber Kunstblut trägt insbesondere in B-Movies grundsätzlich immer zum Unterhaltungswert bei.

Außerdem liegt der Film im intendierten Bildformat von 1,78:1 vor, wodurch er etwas weniger nach Videopremiere aussieht als die bisherigen open-matte-Fassungen im Fernsehformat. Umfangreiche Trailer, ein Interview mit Charles Band sowie die zum Film gehörende „Videozone“-Featurette runden die mir vorliegende „Full Moon Classic Selection Nr. 4“ angenehm ab. Auch wenn ich nach wie vor keine Audiokommentare (diesmal von Marco Erdmann) anhöre.

Alexander

[1] Hey, ihr kennt meine Rezis doch inzwischen, oder?

[2] Und vielleicht ist es kein Zufall dass der Name Judith auf ebenjene biblische Gestalt verweist, die Israel vor der Invasion eines assyrischen Fieslings gerettet hat.

[3] Sollte man einrahmen und ans Gesundheitsministerium schicken.

[4] Dass der Teddybär zu gewaltiger Größe anschwellen kann und Mark in einer dämonischen Sinnestäuschung obendrein das leibhaftige Centerfold erscheinen darf ist natürlich wieder was für die freudianischen Ferkelköpfe. Sofern sie auf Silikonhupen stehen…

[5] Weil gemäß der Kritischen Theorie das schrankenlos entfesselte Individuum ebenso zum Faschismus führt wie der duckmäuserische Untertan; in gewissem Sinne sind der tyrannische Dämon und der überangepasste standhafte Zinnsoldat keine Gegensätze sondern Abstufungen auf der gleichen Skala, die sich gegenseitig bedingen.

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