(GB/USA 1972) Horror of Snape Island / Der Turm der lebenden Leichen / Devils Tower - Der Schreckensturm der Zombies / Beyond the Fog / La tour du diable
Regie: Jim O'Connolly Drehbuch: George Baxt, Jim O'Connolly Darsteller: Bryant Haliday, Jill Haworth, Dennis Price Wieso ein Film, der auf einer Insel spielt mein erster Inselfilm ist...
Es gibt sicherlich unterschiedliche Gründe, warum ein Werk bei einem Filmfan zu einem „Inselfilm“ wird und in den nächsten Wochen werdet ihr einige davon kennenlernen. Die enge Beziehung zwischen „Tower of Evil“ und mir lag mit Sicherheit nicht daran, dass der vorliegende Film ein Meisterwerk der Filmkunst ist, sondern eher an der totalen Gleichgültigkeit, die unser Stadtteilkinobesitzer an den Tag legte, wenn es darum ging Jugendschutzbestimmungen einzuhalten und sich an die Vorgaben der FSK zu richten. So präsentierte er also irgendwann im Jahr 1974 einem gut gefüllte Saal voller 10- – 13-jähriger, die sich an einem Sonntagnachmittag versammelt hatten, um die neusten Abenteuer von Godzilla, nebst seiner mittlerweile stark angewachsenen Entourage aus Monstern, anzusehen, einen Trailer zu eben diesem „Schreckensturm der lebenden Leichen“. Das führte natürlich gleich montags auf dem Bolzplatz zu angeregten Diskussionen über das Gesehene und zu Vermutungen über das, was der komplette Film wohl bieten könnte. Wie jung ich damals war, lässt sich wohl am ehensten daran ermessen, dass mir in dem „Vorfilm“ das reichlich vorhandene nackte Fleisch (weiblich und männlich) eher weniger aufgefallen war, die „appe Hand“ und das „Hackebeil im Gesicht“ schon eher. Aber egal, ob man nun Interesse an blutigen (ich) oder anatomischen Details (mein 16-jähriger Cousin) hatte, es war klar, dass es sich bei diesem „neuen Schocker aus England“ um einen Film handelte, den man gesehen haben musste. Das Problem war nur, dass es sich um den wöchentlichen „nur Mittwoch/Donnerstag“-Film handelte, der dann auch nur um 18 und 20 Uhr gezeigt wurde, was uns wenig Möglichkeiten bot. Nun hatte es Wochen voller engelsgleicher Verführungskünste und angewandter Kindertränen gedauert, bis es mir überhaupt ermöglicht worden war die sonntäglichen Jugendvorstellungen zu besuchen, auf der anderen Seite aber waren Ferien und da war ein „Sleepover“ bei Freunden auch mal mitten in der Woche drin. Mit einiger Planung und Trickserei bauten wir uns eine „Ich schlaf heute beim Ralf/Udo/Oliver/Dietmar“-Alibikette auf und strolchten am Mittwoch Nachmittag los. Ehrlich gesagt war da schon ein fieses Kribbeln in uns vieren. Nicht nur das unser Alibi recht löchrig war, so richtig bedacht hatten wir die Sache mit der Rückkehr in die jeweiligen Heimathäfen nämlich nicht, auch der Trailer hatte uns mehr beeindruckt als wir es voreinander wirklich zugegeben hätten. Sicherlich hatten wir schon einmal im Fernsehn den ein oder anderen Gruselfilm gesehen, einige seltsame Monstermagazine bewundert und auch so manche Scheußlichkeit im Heftroman gelesen, aber so wirklich was mit „viel Blut“ war uns in dieser Form noch nicht untergekommen. Tatsächlich hielt der Film alles, was uns der Trailer versprochen hatte und auch Jahre später bei der Wiederaufführung unter dem herrlich bekloppten Titel „Der Schreckensturm der Zombies“[1] konnte er mich wieder überzeugen. Irgendwann in den 90ern hab ich ihn dann nochmal auf Video gesehen und damals schon in nostalgischer Erinnerung geschwelgt. Somit hatte der Film mich über Jahrzehnte begleitet, war aber irgendwann in der Versenkung verschwunden und erst durch Zufall letztes Jahr wieder mal bei mir im Schrank gelandet. Diesmal immerhin schon als DVD (schöne alte Scheibe von E.M.S., die immer einige überraschende Titel hatten) und als bei uns das Thema „Inselfilme“ aufkam, erinnerte ich mich wieder an die noch in Folie verpackte Scheibe – weil es ja schließlich ein Film war, der auf einer Insel spielte. Erst wenig später wurde mir klar, dass es sich auch um eine Insel in meiner filmischen Prägung handelte und letztlich entdeckte ich... Aber Moment, kommen wir erst einmal kurz zum Film selbst, der damit beginnt, dass ein erfahrener Skipper mit seinem Sohn trotz rauem Wetter losfahren, um einige Touristen von „Snape Island“ abzuholen, einer kleinen seit Jahrzehnten nicht mehr bewohnten Insel mit einem im Verfall begriffenen Leuchtturm als einzigem Gebäude. Nach der Landung entdecken sie drei der Amerikaner zerstückelt, geköpft und aufgespiesst (in genau dieser Reihenfolge). Die einzige Überlebende ist nun dementsprechend ein wenig Gaga und ersticht zur Begrüßung erst mal den Skipper. Während einer später auf dem Festland folgenden Hypnosesitzung erinnert sie sich dann an einige der nackten und blutigen Tatsachen[2], während sich die sichergestellte Pfählungswaffe als ein phoenizischer Speer aus reinem Gold entpuppt (Wir denken jetzt nicht über das Eigengewicht und die Weichheit des Materials nach) und somit einige Archaölogen, Goldsucher und deren weiblichen Begleiter auf den Plan ruft, die unter der Insel eine Höhle mit einer Grabstätte vermuten. Begleitet vom Überlebenden der letzten Rettungsaktion und seinem jungen Lehrling machen die 5 sich nun auf die Socken, das Geheimnis von Snape Island zu entschlüsseln, wobei die meisten von ihnen ihrem Schöpfer gegenübertreten dürfen. „Tower of Evil“ hat sich tatsächlich überraschend gut gehalten dafür das er mehr als 40 Jahre auf dem Buckel hat. Das Timing ist viel besser als bei vielen vergleichbaren späteren Slashern, die Charaktere sind relativ gut ausgearbeitet und lassen sich recht gut unterscheiden und es gibt genug nacktes Fleisch und spritzenden Lebenssaft das auch heutige Zuschauer noch ihren Spaß daran haben können. Natürlich ist die Geschichte um einen heimlich unter den Leuchtturm gebauten Tempel für den phoenizischen Gott Baal weit hergeholt, die Kleiderwahl der Expeditionsteilnehmer ist doch recht fragwürdig und zusätzlich nervt es auch das – speziell die weiblichen – Castmitglieder scheinbar unter sexuellen Mangelerscheinungen leiden, aber darüber muss man halt als Zeichen der Entstehungszeit hinwegsehen. Dafür bekommt man aber visuell Außergewöhnliches geboten, denn, die komplett im Studio enstandenen, Schauplätze der Handlung sind beeindruckend und mit unglaublicher Liebe zum Detail gestaltet. Die reichlichen Splatterszenen sind überraschend effektiv, einige der Verfolgungsszenen ziemlich spannend und das Makeup der „Monster“ – auch wenn man sie nicht zu genau zu sehen bekommt – herrlich abstoßend. Ergo ist zum Schluß zu noch anzumerken, dass „Tower of Evil“ einen schönen Mix aus der Atmosphäre der Hammer-Produktionen der damaligen Zeit und dem italienischen Hang zum sadistischen Mord bietet, der – wenn man ihn auf seine Slasherformel reduziert – tatsächlich, wie auch Mario Bavas „Antefatto“/“Bay of Blood“, der im Vorjahr erschienen war, seiner Zeit fast 10 Jahre voraus war. Dementsprechend stellt er auch eine Insel im See der sich immer im gleichen Wellengang bewegenden Horrorproduktionen der frühen 70er Jahre dar, die erst mit dem Erfolg von „The Exorcist“ dann den Weg weg von lesbischen und sexuell verstörenden Vampiren fanden. „Tower of Evil“ ist eine Neu- und Wiederentdeckung auf alle Fälle wert und auf alle Fälle eine Alternative zum x-ten Wald- und Wiesenslasher neuerer Produktion. Dia
[1] Wenig überraschend sind im Film keine Zombies zu finden. [2] Tatsächlich sogar an einen Mord, der erst später im Film stattfindet.
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