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(UK 1960)
Das Dorf der Verdammten
/ Het dorp der vervloekten / The Midwich Cuckoos

Regie: Wolf Rilla
Darsteller: , , ,

nach dem Roman „Kuckuckskinder“ von John Wyndham

 

 

„You must learn, we are determined to survive, that there's nothing you can do to stop us.“

 

village 013Physiker Gordon Zellaby ist gerade am Telefon und wird zu seinem Schwager Alan Bernard, der als Offizier in der nahe gelegenen Kaserne dient, durchgestellt, als er unvermittelt, und direkt neben ihm sein treuer Vierbeiner, umkippt und bewusstlos liegen bleibt. Alan deucht, dass da etwas nicht stimmen kann, als die Antwort seines Schwagers am Telefon ausbleibt, und er macht sich auf den Weg in die benachbarte Ortschaft. Und genauso wie Gordon erging es allen Menschen und Tieren im ländlichen Midwich; die Menschen auf der Straße brechen einfach so weg, wie auch der Bauer auf dem Acker, dessen Traktor nun ziellos über den Acker steuert, oder der Bus, der gleich darauf im Graben landet. Alan alarmiert sofort seine Vorgesetzten und auch die betreffenden Behörden, und Midwich wird abgeriegelt. Sie stellen fest, dass jede Person und jedes Tier, das einen bestimmten Umkreis des Ortes betritt, in Ohnmacht fällt. Selbst der Luftraum ist betroffen, und so stürzt tragischerweise ein Erkundungsflugzeug samt Piloten ab und zerschellt am Boden. Kurz darauf erwachen die Bewohner, die sich kurz über den Aussetzer wundern und dann weitermachen, als wäre nichts geschehen, denn keinen von ihnen ist zunächst bewusst, dass inzwischen einige Stunden vergangen sind.

village 011Keiner ist ernsthaft verletzt, niemand ist verschwunden, und nichts scheint gestohlen worden zu sein, und so kehrt man entsprechend schnell zum Alltag zurück. Auch eine umfassende Untersuchung durch die Einsatzkräfte des Militärs fördert keine Erklärung dafür zutage. Im Monat darauf stellt Anthea erfreut fest, dass sie schwanger ist, aber sie ist damit nicht die einzige; insgesamt sind zwölf Frauen im Ort froher Erwartung. Doch einige von ihnen sollten es gar nicht sein, sind sie doch unverheiratet und beteuern, keinerlei Verhältnis zu irgendwelchen Männern zu unterhalten. Erschreckt stellt man schließlich fest, dass der Zeitpunkt der Empfängnis sich in allen Fällen zum Tag des Blackouts zurückrechnen lässt.

Die Schwangerschaft verläuft bei allen Frauen weit schneller als normal, und so bringen sie bereits nach fünf Monaten zwölf gesunde Babys zur Welt, die sich alle sehr ähnlich sehen: alle haben wasserstoffblondes Haar, dunkle Augen und schmale Fingernägel; sie müssen demnach alle vom selben Erzeuger stammen. village 007Diese Erkenntnis führt zum einen bei den verheirateten Paaren, bis auf den sehr rationalen Zellabys, zu Konflikten, gerade weil sich die Männer eifersüchtig geben und betrogen fühlen. Zum anderen erweckt dieser Umstand wieder das Interesse des Militärs, gerade weil es in dem Umfeld der Neugeborenen immer wieder zu merkwürdigen Vorfällen kommt. So muss Gordon, dessen Sohn von ihnen David getauft wurde, die arglose Anthea mit Gewalt davon abhalten, ihre Hände in kochende Milch zu halten, nachdem sie David wohl aus Versehen mit zu heißer Milch gefüttert hat. Anschließend kann sie sich an nichts erinnern. Die Kinder, die sich außerordentlich schnell entwickeln, erweisen sich als überaus lernfähig und scheinen über eine Art Schwarmintelligenz zu verfügen.

Innerhalb von drei Jahren erwachsen die zwölf zu Jugendlichen und werden von Gordon unterrichtet. Sie grenzen sich von den anderen Kindern des Ortes ab, und es scheint, dass sie telepathische Fähigkeiten besitzen und andere Menschen mittels eines konzentrierten Blickes, ihre Augen glühen währenddessen, manipulieren können. village 010Das Militär ist ob dieser Entwicklung besorgt, denn dieses Phänomen trat in verschiedenen Teilen der Welt auf und die Situation mündete dort fast immer in einer Katastrophe. Man würde die Kinder am liebsten eher heute denn morgen eliminieren, dennoch kann Gordon die verantwortlichen Regierungsvertreter davon überzeugen, die Kinder weiter studieren zu dürfen. Unter der Bevölkerung von Midwich wächst inzwischen jedoch der Widerstand gegen die in ihren Augen unnatürlichen und Angst einflösenden, jungen Sonderlinge...

Der kostengünstig produzierte B-Film des in Berlin geborenen Regisseurs Wolf Rilla, Sohn des Schauspielers Walter Rilla, war vor allem auf dem US-Markt ein kleiner Hit. In England hatte der Film dagegen mit der Zensurbehörde BBFC zu kämpfen, und so musste der (per Bild-im-Bild realisierte) Effekt der glühenden Kinderaugen, den man als zu verängstigend angesehen hatte, entfernt werden. Aufgrund seines Erfolges zog VILLAGE OF THE DAMNED fünf Jahre später das Sequel CHILDREN OF THE DAMNED nach sich und gilt heute als Klassiker des Sci-Fi-Horrors. 1995 entstand unter der Regie von Altmeister John Carpenter ein Remake, das (zu Recht) ingesamt aber eher negativ aufgenommen wurde und (verdient) an der Kinokasse floppte.

village 009Die Vorproduktion des Films begann schon 1957, als MGM sich frühzeitig die Rechte des zugrundeliegenden und gerade erst veröffentlichten Romans THE MIDWICH CUCKOOS (auf deutsch KUCKUCKSKINDER) des englischen Autoren John Wyndham, der wegen seines Klassikers DAY OF THE TRIFFIDS (DIE TRIFFIDS) von 1951 als einer der besten Science-Fiction-Autoren seiner Zeit galt, gesichert hatte. Die Hauptrolle, zu der Zeit lag das Projekt noch beim amerikanischen Mutterkonzern, sollte eigentlich an den englischen Oscar-Preisträger Ronald Coleman gehen. Der Drehbeginn wurde allerdings mehrmals verschoben, da einige religiöse Gruppierungen gegen Buch und Film protestierten, weil sie die Jungfrauen-Geburt in der Geschichte als Sakrileg anprangerten. Coleman verstarb im Mai 1958 an den Folgen einer Lungenerkrankung, außerdem wanderte die Produktion zu den englischen MGM Studios. Colemans Witwe, die Schauspielerin Benita Hume, heiratete kurz darauf den englischen Schauspieler George Sanders, der im folgenden nicht nur die Rolle des verstorbenen Stars in Haus und Bett übernahm, sondern auch für die Hauptrolle des Gordon Zellaby in VILLAGE OF THE DAMNED, wie man die Verfilmung nun nannte, gecastet wurde. Als Anthea Zellaby stieß Barbara Shelley zum Cast, eine damalige Scream Queen, die später vor allem für ihre Arbeit bei den Hammer Studios Berühmtheit erlangte – man nennt sie auch „The First Leading Lady of British Horror“. Alan Bernard wurde von Michael Gwynn gespielt, der vom Theater stammend sein Auskommen meist im Fernsehen fand, aber auch vier Filme für Hammer drehte und in den 60ern in Monumentalfilmen wie CLEOPATRA (1963) oder DER UNTERGANG DES RÖMISCHEN REICHES (1964) zu sehen war.

village 008Den Lead unter den unheimlichen Kindern, David Zellaby, gab der Kinder-Darsteller Martin Stephens, der im folgenden Jahr wieder neben Michael Gwynn in SCHLOSS DES SCHRECKENS auftrat, und in Hammers DER TEUFEL TANZT UM MITTERNACHT (1966) noch einen bemerkenswerten Auftritt absolvierte, dann aber im Erwachsenenalter sein Glück fern der Schauspielerei suchte. Er wurde Architekt.

Wolf Rilla, man könnte VILLAGE OF THE DAMNED auch als sein Opus magnus bezeichnen, dampfte die Story des Romans auf die dem Budget des Films angemessene Größe ein; u.a. wird kein ovales Objekt während des Blackouts gesichtet, die Kinder wurden im Film nicht implantiert, und es sind 12 statt 61 Frauen unter anderen Umständen. Genauso wurde eine direkte Auseinandersetzung der Kinder mit der Kriegsmaschinerie des Militärs einfach mal unter den Teppich gekehrt, was aufgrund des Umstands, dass es nur noch 12 Kinder sind, hier besser in die Geschichte passt. Rillas Ansatz ist sehr trocken und hat an manchen Stellen beinahe dokumentarischen Charakter. Das passt sehr gut zu den Protagonisten des Films, dem Ehepaar Zellaby, die beide als sehr bedachte, intellektuelle Menschen vorgestellt werden. village 005Auch die Kinder, die mit laufender Spielzeit immer mehr in den Fokus geraten, verhalten sich nicht ihrem Alter entsprechend, spielerisch und von kurzer Aufmerksamkeitsspanne, sondern sehr abgeklärt, die Welt nüchtern betrachtend. Gleich zu Beginn schafft er durch die ruhig geschilderten Vorkommnisse, die als Blackout des ganzen Dorfes in Erscheinung treten, eine unwirkliche und dadurch unheimliche Atmosphäre, die er von da an nicht mehr abklingen lässt. Er nimmt sich Zeit, die Bemühungen der Außenstehenden, des Katastrophenschutzes, der Polizei und des Militärs, in die Stadt vorzudringen und die Lage zu verstehen, ausgiebig zu schildern, wodurch sich das Gefühl, das etwas Schreckliches, das erst später zum Vorschein kommt, passiert ist, verstärkt. So ist er gar nicht darauf angewiesen, durch irgendwelche Effekte Ängste beim Zuschauer zu schüren, denn diese sind von Anfang an da und lösen sich nie in Wohlgefallen auf, da Rilla auch keine Entspannung oder Ablenkung anbietet.

Erstaunlich ist, dass er die Kinder an sich nie als wirklich feindselig darstellt. Sie reagieren nur auf ihre Umwelt, treten selbst eigentlich nie als Aggressoren in Erscheinung. Die Aura des Bösen wird ihnen zum einen Teil durch ihr unkindliches, und damit unmenschliches, Auftreten verliehen, dass auch den Argwohn und die Angst in der Bevölkerung und gerade auch im Vertreter der Religionsgemeinschaft, dem Pastor, schürt. Zum anderen geben die Schilderungen der Vertreter der Regierung, die von ähnlichen Vorfällen in der ganzen Welt berichten, die sich desaströs entwickelt und in Gewalt entladen haben, dem Zuschauer eine Ahnung davon, wozu diese Kinder fähig sind, wenn man sie dazu treibt, was das Unbehagen ihnen gegenüber noch weiter steigert. village 006Der Protagonist Gordon, der hingegen zu anderen Ehemännern der geschwängerten Frauen nicht eifersüchtig reagiert, da er schon weit älter ist als seine junge Frau und sich ob der Familienplanung keinen Illusionen hingibt, ist ein schöner Kontrast zu seinen emotionsgeladenen Mitmenschen, deren wenige Ausbrüche dadurch umso mehr nachwirken. Und wenn die Kinder sich dann, mit einem stark ausgrägtem Selbsterhaltungstrieb ausgestattet, sich dann gegen die Bedrohungen aus ihrer Umgebung zur Wehr setzen, ist das konsequent und meist endgültig, sie sind in der Wahl ihrer Mittel nicht zimperlich und erscheinen als Monstren, als Negativ-Bild eines normalen Kindes. Der Auslöser für den ersten gemeinschaftlichen Mord durch Selbstmord ist dabei ein überaus profaner, ein Beinahe-Unfall, der die Kinder überreagieren lässt. Durch diese Tat kippt die Stimmung im Dorf. Auch die letzten Sympathien, die man den Kindern vielleicht noch entgegengebracht hat, werden dadurch zunichte gemacht. Die Nazi-Allegorie der als blonden Übermenschen gezeichneten und damit dem Arier-Bild des Dritten Reichs ähnelnden, perfekten Geschöpfe war von Rilla nach eigener Aussage nicht intendiert, ist aber durch ihr passives Verhaltensmuster und fehlendes Anspruchsdenken auch als eher abwegig zu bezeichnen.

village 002Auf Musik wird im Film weitestgehend verzichtet, passend zu vielen ruhigen Einstellungen, die Rilla verwendet, wenn er die Gemeinde, diese vermeintliche Idylle, abbildet. Auch ist der größte Teil der Dialoge, die vornehmlich zwischen Gordon und seiner Frau, Gordon und seinem Schwager, sowie Gordon und den Vertretern der Regierung stattfinden, eher trocken, es sind intellektuelle Erörterungen, Abwägungen und diplomatische Verhandlungen, wenn Gordon sich für das Leben der zwölf einsetzt, aus rein wissenschaftlichen Interesse und nicht aufgrund eines humanistischen Gedankens. Der Film verzichtet auch fast vollkommen auf irgendwelche Schocks, lässt lieber die Taten der Kinder für sich sprechen und das schon anfangs erzeugte Grauen über die Spielzeit seine Wirkung entfalten. Einzige Ausnahme sind die schon angesprochenen Effekte um die glühenden Augen der Kinder, wenn sie ihre telepathischen Fähigkeiten zum Zuge kommen lassen. Sei haben meiner Meinung nach den Zweck, die zwölf Kinder doch ganz klar von den normalen Menschen abzugrenzen, indem man ihnen diese klar monströsen Züge zuschreibt. Ich würde gerne mal die alte britische Fassung, die ohne diesen Effekt auskommen musste, sehen, denn ich glaube, ohne ihn würde der Film noch um einiges verstörender sein.

village 012Sei es drum, VILLAGE OF THE DAMNED hält seinen Platz unter den Klassikern des Sci-Fi-Horrorfilmen zurecht, denn Rilla zaubert mit einfachsten Mitteln und einer unglaublich nüchternen Bildsprache Hochspannung und subtilen Grusel auf die Leinwand bzw. Mattscheibe. Der große Einfluss des Films auf das Genre an sich lässt sich schon daran erkennen, dass selbst die Hammer Studios bereits 1962 mit THE DAMNED/SIE SIND VERDAMMT einen ähnlichen Stoff produzierte.

Und sowas kann man schon gerne als einen Ritterschlag für einen Horrorfilm bezeichnen.


Horny


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