(USA 1976) Das Omen / A Profecia / Pretkazanje / De vervloeking
Regie: Richard Donner Drehbuch: David Seltzer Musik: Jerry Goldsmith Darsteller: Gregory Peck, Lee Remick, David Warner, Harvey Stephens
Der 6.6., morgens früh um sechs. Allerdings kommt nicht die kleine Hex’ zur Welt, sondern der nette Junge Damien, dessen Name allein bereits nichts Gutes erahnen lässt. „Seine Mutter war ein Schakal!“ wird ein Priester etwas später lautstark feststellen, und der Vater… naja, wer außer dem Leibhaftigen vögelt denn bitte so was? Doch ein wenig ernster: Die 70er Jahre waren ein Jahrzehnt der Krisen, der Rückzug aus Vietnam, Watergate und schließlich der Rücktritt des amerikanischen Präsidenten Richard Nixon hatten nicht nur das Selbstbewusstsein der US-Bürger schwer angeschlagen, es regte sich ein allgemeines Misstrauen gegen die Politik und so mancher sah die in der Offenbarung des Johannes prophezeite Apokalypse anbrechen. Verkompliziert wurde die Lage noch durch den Generationenkonflikt – die konservative Elterngeneration verstand die ausgelassene Hippiegeneration und ihre Rockmusik nicht, die jungen Leute hingegen stellten die hergebrachten moralischen Konventionen in Frage, da diese als letztlich repressive Ideologie entlarvt waren. Filmisch schlug sich diese konfliktgeladene Zeitqualität bereits anno „Night of the Living Dead“ nieder, kommerziell erfolgreicher hingegen war zunächst noch das konservative, in „Rosemarie’s Baby“ (beide Filme stammen bezeichnenderweise aus dem Jahr 1968) entworfene Modell. Bevor mit der Welle von politisch eher links einzuordnenden Zombiefilmen die „echte“ Apokalypse auf den Leinwänden losbrechen sollte war darum erst einmal die teuflische Dreifaltigkeit Satan, Antichrist und falscher Prophet am Zug, das Kinopublikum das Fürchten zu lehren, denn die klassischen Horrorfiguren Dracula, Frankenstein und der Wolfsmensch wirkten angesichts der sexuellen Revolution bestenfalls noch wie muffige Relikte aus einer verklemmteren Zeit. Da der „Ezorxist“ (Schreibweise Absicht) bereits von den Kollegen bei „Doc Evil“ kompetent rezensiert wurde begeben wir uns darum wieder ins Jahr 1976 (interessanterweise auch mein Geburtsjahr), in dem mit „The Omen“ einer der großen Kassenschlager des Horrorfilms veröffentlicht wurde: „Das Kind ist tot. Es hat nur einen Augenblick gelebt.“ Sätze, die einen runterziehen können, gesprochen aus dem Off nach einer oscarprämierten Ouvertüre von Jerry Goldsmith, die bereits den satanisch-düsteren Grundton des Films vorwegnimmt. Der Politiker Richard Thorn (Gregory Peck) ist durch diesen harten Schicksalsschlag jedenfalls so durch den Wind, dass er sich kurzerhand darauf einlässt, sich den Neugeborenen Damien als Wechselbalg untermogeln zu lassen. Doch damit ist das Problem nicht gelöst, stattdessen häufen sich in Folge die seltsamen Vorkommnisse. Ein Kindermädchen erhängt sich bei der Geburtstagsparty, der unbestellt herbeigeeilten Ersatz-Nanny steht das Wort „sinister“ auf der Stirn geschrieben, ein gruseliger Rottweiler drückt sich auf dem Grundstück und später auch im Haus herum und zu allem Überfluss hat ein Fotograf (David Warner) auch noch eine defekte Kamera, die durch seltsame Bildfehler bereits weitere anstehende Todesfälle ankündigt. Und tatsächlich sind insbesondere diese beinahe wie Unfälle erscheinenden, überaus spektakulären Abgänge der diversen Damien im Wege stehenden Figuren dann auch die Höhepunkte des Films. Das hat einige Rezensenten[1] dazu verleitet, „The Omen“ auf ebendiese Schauwerte zu reduzieren ohne dabei den Film in seiner Gesamtheit im Blick zu behalten. Zwar ist „The Omen“ über weite Strecken tatsächlich ein eher ruhig und bedächtig daherkommender Film über einen Familienvater aus der Upper-Class, der nach und nach die Wahrheit über die Herkunft seines Adoptivsohns herausfindet, und man möchte sich gar nicht vorstellen, wie dröge die massiv gekürzte TV-Erstausstrahlung wohl gewirkt haben muss – doch gleichzeitig ist „The Omen“ trotzdem deutlich mehr als nur „der Film mit der Glasplatte“. Vielmehr entfaltet sich die volle Wirkung gerade durch den perfekt kalkulierten Wechsel von wenig innovativ inszenierten Dialogpassagen mit dem suggestiven Schnittgewitter in jenen Szenen, die die finstere Macht von Damien erahnen lassen. Der Selbstmord des Kindermädchens beispielsweise ist nicht nur einfach ein harter Schockeffekt: durch die geschickte Montage, die zunächst nur Details erahnen lässt, wird dem Zuschauer der vorher in klassischen Einstellungen etablierte Überblick genommen, man weiß im Grunde genommen nur, dass da gerade etwas Unerhörtes geschieht (und dank Jerry Goldsmith hört man das auch!). Und erst nach diesen kurzen Detaileinstellungen mit ihren harten Schuss-Gegenschuss-Kontrasten und den Close-Ups auf entsetzte Augenpaare, wenn das Unglück geschehen ist, steht dann die lange Totale auf das unerfreuliche Resultat bzw. in der Glasplattenszene die extreme Zeitlupe. Formal überdurchschnittlich zu bewerten ist letztlich aber, dass die rein technische Ausführung des Films in ihrer Wechselhaftigkeit perfekt mit dem Inhalt und hier vor allem mit dem Charakter von Damien harmoniert. Dieses ein wenig unscheinbare kleine Kind, das selbst so gut wie nie aktiv wird, von dem man aber weiß, dass es schon bald die Hölle auf Erden errichten wird, ist wenn man so will genau wie der Film. Einerseits das sprichwörtliche stille Wasser, in der richtigen Stimmung hingegen drückt er mit dem Dreirad auf die Tube und befördert Mami (Lee Remick) samt Goldfischglas über die Galerie, dass es eine Pracht ist. Sehr interessant für Bibelfreunde sind dabei aber natürlich vor allem auch die zahlreichen blasphemischen Umkehrungen der in den Evangelien geschilderten Ereignisse aus dem Leben Jesu. Wie das Wort zum Fleisch werden musste um den Neuen Bund zu schließen, wandelt nun der Teufel als sein eigener Sohn umher, anstatt Kranke zu heilen und Lazarus zu erwecken vollbringt er die bereits erwähnten spektakulären Wunder der eher ungesunden Art und mal ehrlich - wer will schon als im Stall zur Welt gekommener Zimmermann herumlaufen wenn man sich von Kindesbeinen an in den höchsten Kreisen bewegen kann? Die zentrale Figur bleibt bei alldem jedoch der integre Thorn, wodurch „The Omen“ bei aller Könnerschaft ein wenig zu reaktionär daherkommt. Salopp formuliert wird Thorn nach ein wenig Bibelexegese schlicht und einfach klar, dass klein Donald[2] den denkbar schlechtesten Präsidenten aller Zeiten abgeben würde weil die Jugend ohnehin verloren ist, der Film verzichtet auf jegliche Ambivalenz oder gar die andeutungsweise Möglichkeit, dass hier lediglich ein pessimistischer Paranoiker am Werke sein könnte. Stattdessen ist Damien böse und die schrecklichen Ereignisse klar als sein dämonisches Wirken erkennbar, weshalb am Ende ohne jegliche Gewissensbisse zur Beseitigung des Übels geschritten werden kann (und ich denke dass es bei drei weiteren „The Omen“-Filmen kein allzugroßer Spoiler sein dürfte, wenn ich erwähne, dass das natürlich auch mit sieben heiligen Dolchen nix wird). Eine spannende Angelegenheit ist „The Omen“ allerdings auch mit dieser etwas simplen Gut-Böse-Dramaturgie ohne Zwischentöne, die mit Blick auf die biblischen Bezüge (und damit auf ein Werk, das in seinen geschichtlichen Büchern komplexe politische Entwicklungen ebenfalls auf die vereinfachte Formel vom Ungehorsam gegen Gott und der auf dem Fuße folgenden Strafe bringt) sogar durchaus passend erscheint. Den Nerv der Zeit traf der Film jedenfalls wie zuvor nur der „Ezorxist“ (hähä…) und wie bei jedem kommerziell erfolgreichen Horrorfilm mit okkultem Einschlag kursierte schnell eine Menge Nerd-Trivia über Unglücksfälle bei den Dreharbeiten und wildgewordene Paviane, die Status von „The Omen“ als „richtig schlimmer Film“ noch untermauerten. Der eigentliche Ritterschlag kam in Deutschland schließlich (wie bei fast allem, was in den Gründertagen der Videocassette härter als der durchschnittliche Wirtschaftswunderfilm war) von der Bundesprüfstelle, die die unvermeidliche Indizierung aussprach. Gegen diese Institution ist demnach sogar der Leibhaftige machtlos, doch inzwischen ist man auch hierzulande den höllischen Verlockungen dieses hochkarätig besetzten Teufelsspektakels erlegen und gab „The Omen“ ungekürzt ab 16 Jahren frei. Und auch das ist nicht unpassend, denn in der gesamten „Omen“-Reihe kann sich Damien stets auf in irgendwelchen mächtigen Institutionen herumkrauchende Helferlein verlassen, warum dann nicht zur Abwechslung mal auf die bundesrepublikanische Bürokratie?
Alexander
[1] Beispielsweise Thomas Sieck in der „Enzyklopädie des Phantastischen Films“ [2] DEN Kalauer konnte ich mir jetzt einfach nicht verkneifen.
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