Das Licht erlosch langsam und der grüne Vorhang teilte sich – die Leinwand blieb schwarz und die Overtüre zu Jerry Goldsmiths fantastischem Score erklang. Schon in diesen ersten zwei Minuten – ehe überhaupt ein Bild auf der Leinwand zu sehen war, war mir klar, dass hier etwas Besonderes auf mich zukam. Die letzte Overtüre hatte ich bei einer Wiederaufführung von „Lawrence from Arabia“ gesehen/-hört. Gut, es läßt sich darüber streiten, ob die Entscheidung danach als ersten Bild das Paramount-Logo einzublenden wirklich sinnvoll war, aber ich war zumindest in der Stimmung für ein episches Filmerlebnis und das bekam ich auch geboten. „ST-TMP“, der in Fankreisen auch gerne als „the motionless Picture“ verballhornt wird, war im Endeffekt ein sehr mutiger Film, denn im Gegensatz zu früheren Versuchen Fernsehserien auf die Leinwand zu bringen (bspw. „Solo for U.N.C.L.E.“ oder „Batman“) hielt er sich nicht sklavisch an die Vorlage, sondern transponierte sie in die aktuelle Zeit. Sicherlich waren die Cast und somit die Crew des Schiffes noch (fast) ganz die Alten, aber sowohl vom Tempo her, als auch vom visuellen Stil und dem Verhältnis der Figuren zueinander, bemühte man sich deutlich „realistischer“ zu werden. So durfte zum Beispiel Captain/Admiral Kirk diesmal nicht ein einzigen Mal seine Fäuste schwingen oder seine unwiderstehlichen Verführungskünste einsetzen. Auch die Geschichte um das zur Erde zurückkehrende Maschinenwesen „V´ger“, dessen zentrales Element sich am Ende (ACHTUNG SPOILER!) als die 1977 gestartete Voyager-Sonde herausstellt – übrigens basierend auf einer Idee von Science Fiction Autor Alan Dean Foster, der mehr kann als nur Novelisations zu Alien-Filmen schreiben -, war erheblich tiefsinniger als das Meiste, was man an Science Fiction in der Zeit kurz nach Star Wars auf der Leinwand geboten bekam. Ich zumindest war nach dem ersten Kinobesuch einerseits komplett erschlagen, aber – zugegeben – auch ein wenig enttäuscht, denn so richtig nach „Raumschiff Enterprise“ fühlte sich das Ganze nicht mehr an. Ich hatte eher das Gefühl einen weiteren 2001 gesehen zu haben, der sich mir erst im Laufe der Jahre richtig erschließen würde.
WARP FACTOR 5 Juli 2017 Mehr als 37 Jahre sind nach diesem ersten Kinoerlebnis vergangen. Sicherlich, in der Zwischenzeit hatte ich „TMP“ noch einige Male gesehen – mehrfach auf Video und zu letzten Mal kurz nach der Jahrtausendwende in der „restaurierten“ und überarbeiteten „Directors Cut“-Fassung, bei der sogar viele der Spezialeffekte nochmal neu gefilmt oder per Computer überarbeitet worden waren. Doch durch den aktuellen Kauf der neuesten BluRay-Fassung kam ich dem Kinoerlebnis wieder etwas näher – zumal mein Fernseher mittlerweile bald doppelt so groß ist, wie die Röhren, über die der Film zuvor bei mir geflimmert ist und auch eine erheblich bessere Soundanlage für die passende Geräuschuntermalung sorgt. Trotz allem ist es natürlich gerade bei diesem „Visual Effect-Porno“ nahezu ein Verbrechen, ihn nicht auf einer Riesenleinwand zu sehen. Sicherlich ist die am Anfang eingesetzte 5-Minütige Kamerafahrt an der Enterprise im Trockendock entlang, fast schon übertrieben selbstverliebt, aber nach dieser „Schaut her, da ist das Schiff, dass ihr sehen wolltet“-Sequenz folgen die Effekte doch eher der Handlung, oder besser – erzählen die Geschichte. Der langsame Flug über die Oberfläche von V´ger zeigt deutlich, dass wir es hier mit einem Kinofilm zu tun haben und eben nicht mit einer überlangen Episode der TV-Serie. Endlich entdecken wir einmal die fremden Welten, von denen im Vorspann immer gesprochen wird. Was wir hier zu Gesicht bekommen, ist eine rückwärts führende Zeitreise durch die Geschichte von Voyager, beginnend mit einer Technologie, die uns heute noch nicht zur Verfügung steht, bis hinunter zu der Sonde selbst, die mit analoger Technik der 70er gefüllt ist. Was dem heutigen Publikum als langatmig und zu ruhig erzählt erscheint, übt – auf einer entsprechend großen Leinwand gesehen – einen ähnlichen Sog wie Kubriks 2001 aus. Auch die erzählte Geschichte ist durchaus visionär, das Thema künstliche Intelligenz und die damit zusammenhängenden Gefahren war damals nämlich noch keines. Die Hauptcharaktere, bzw. deren Interaktion miteinander, ist dagegen eher schwach. Man merkt halt schon, dass die Schauspieler hier – Jahre nach Absetzung der alten Serie – erst wieder in ihre Figuren hineinfinden mussten. Die schnippischen Dialoge zwischen Pille und Spock sind dünn gesäht und der Captain scheint Probleme damit zu haben, sich in eine Rolle einzufinden, die mehr verlangt als harte Fäuste und weiche Lippen. Die neu eingeführten Figuren Decker und Ilia sind zwar wichtig für die Handlung und bekommen zumindest eine gemeinsame Vergangenheit angedacht, erweisen sich aber am Ende dann doch nur als eine Variante zum Red-Shirt der klassischen Serie. Behindert werden Shatner und Co. allerdings auch gewaltig vom Produktion Design. Hätte man sich nämlich damals entschieden nur in Bezug auf die Geschichte selbst und ihre visuelle Umsetzung Modernisierungen einzuführen, hätte es mit Sicherheit keinen Aufschrei der Fans gegeben, aber man ging halt komplett den 80er Jahre Weg und extrapolierte die aktuelle Mode der Saison und den damaligen Einrichtungsgeschmack 300 Jahre in die Zukunft. Das führte zu Details, die es heute noch schwer machen, den kompletten Film ernst zu nehmen. Beginnend mit der neuen Art der Starfleet-Uniformen, die eher wie Schlafanzüge mit aufgeklebtem Krimskram aussahen, bis hin zu einem DeForest Kelley, der Pille/Bones McCoy hier als einen Dandy, mit bis unter die Brust geöffnetem Hemd und Hasselhoffschem Brusthaar spielt, gibt es viele Entscheidungen der Kostümdesigner, die doch eher fragwürdig sind. Den absoluten Gipfel erreicht man aber, wenn man auf das Sicherheitspersonal der Enterprise achtet, die neben einem recht schmalen – aber dicken – Brustschutz einen „externen Eierbecher“ tragen. Was verdammt nochmal passiert eigentlich auf Starfleet Raumschiffen, dass so etwas nötig ist. Selbst in seinen rüpelhaftesten Tagen wäre Kirk niemals auf die Weichteile seines Gegners losgegangen. Auf der anderen Seite ist es aber bemerkenswert, dass die komplette Crew jetzt scheinbar an Stelle einer Gürtelschnalle eine Art Klapphandy mit sich führte. Da von diesem Gerät aber leider im gesamten Film nicht einmal Gebrauch gemacht wird, scheint es sich eher um ein modisches Accessoir zu handeln, als um ein wirklich nützliches Gerät. Auch in Bezug auf Spezialeffekte muss man einige Abstriche machen. So sehen zwar die meisten Modellshots wirklich toll aus, kranken aber unter extremen BlueScreen-Rändern und teilweise durchsichtigen Parts, die auf eine unsaubere Komposition hinweisen. Ebenso sind bei einigen Schüfftan-Aufnahmen deutliche Flecken auf den halbdurchlässigen Spiegeln zu sehen, was natürlich besonders bei bewegten Aufnahmen auffällt. Auf gut deutsch – man merkt deutlich, dass die Patente für computergesteuerte Motion Control Aufnahmen zur Zeit der Herstellung noch alleine bei ILM lagen und Paramounts hauseigene Techniker noch ein ganzes Stück von deren Brillanz entfernt waren. Was am Ende bleibt ist ein weiterer wirklich grandioser Science Fiction Film von Altmeister Robert Wise, der ja schon mit „The day the Earth stood still“ einen Science-Fiction-Klassiker für die Ewigkeit gedreht hat und sich auch im Horror- („The Haunting“) und Musical-Bereich („West Side Story“) als nicht gerade unfähig erwiesen hat. Seine Handschrift ist es auch, die dafür sorgt, dass der Film auch nach fast 40 Jahren immer noch funktionieren kann. Als Star Trek-Film allerdings überzeugt er nicht wirklich, dafür entfernt er sich einfach zu sehr von der Vorlage. Man fühlte sich halt – ebenso wie offensichtlich die Schauspieler – nicht so richtig zu Hause auf der Enterprise, aber das sollte sich ja bald ändern. Dia Alle bisherigen Artikel unserer Serie sind unten in der Tabelle verlinkt
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