Bare Breasted Countess / Jacula / The Black Countess / Female Vampire
Regie/Drehbuch: Jesús Franco Darsteller: Lina Romay, Jack Taylor, Alice Arno
Jess Franco, Spaniens großer Erotomane, gilt als der vermutlich “sadistischste” Regisseur aller Zeiten, weniger aufgrund dessen was in seinen Filmen explizit gezeigt wird sondern, weil sein Werk in gewissem Sinne eine Art todessehnsüchtiger Masturbation darstellt. Und ähnlich wie der durchschnittliche Onanierer oftmals einzig von der Absicht getrieben wird, möglichst schnell zum Schuss zu kommen, findet sich im Oeuvre dieses Vielfilmers, den man quantitativ nur noch mit Joe D’Amato vergleichen kann, eine ganze Menge an hastig dahingewichstem Material. So verwundert es nicht, dass sein „La Comtesse Noire“ einer von insgesamt 11 Filmen ist, die Franco allein im Jahre 1973 mal so eben locker aus der Hüfte geschossen hat. Die titelgebende Comtesse wird dabei wie üblich von seiner Muse Lina Romay verkörpert (Susan Korda bzw. Soledad Miranda aus „Vampyros Lesbos“ starb leider zu früh um diesen Film mit ihrer Anwesenheit zu beglücken) und ist, wie es sich für Franco so gehört hauptsächlich nackig zu sehen, nebenbei tötet sie beim Fellatio Männlein wie Weiblein. Die ohnehin vor düsterer Erotik strotzende Vampirlegende wird somit von Franco auf die Figur der lüsternen Femme Fatale zurechtgeschneidert und obendrein im letzten Drittel auch noch mit etwas Bondage und Sado-Maso angereichert; der todessehnsüchtige Dandy als Bezugsperson für das vorrangig männliche Publikum darf nicht fehlen, ebensowenig wie die Männer der Wissenschaft und des Gesetzes, die dem unmoralischen Treiben Einhalt zu gebieten versuchen. Was sich theoretisch noch relativ stimmig nach der filmischen Kombination von Eros und Thanatos anhört, nach einem kreativen Ausdruck der Angstlust, die manche Männer empfinden, wenn eine Frau sexuell zu aktiv oder womöglich sogar noch fordernd bis dominant auftritt, gerät unter Francos Regie allerdings leider zu einem etwas zerfahrenen, episodenhaft bleibendem Haufen Trash, den der heutige durchschnittliche Zuschauer vermutlich schon aufgrund seiner formalen Machart nicht aushalten dürfte. Ich persönlich tue mich übrigens mit Francos Stil auch sehr schwer, denn was viele Fans seiner Werke gerne als “traumhafte Atmosphäre” loben wirkt auf mich einfach nur super anstrengend bzw. einschläfernd (den Film „Der Teufel kam aus Akasava“ beispielsweise habe ich trotz mehrerer Anläufe noch nie in wachem Zustand zuende geschaut). Das liegt zum einen an den weitgehend sinnfreien, besoffen wirkenden Kamerabewegungen, die zumeist mit Zooms und Tiefenschärfespielereien kombiniert werden und die bereits nach wenigen Minuten ins Delirium führen, weil alles irgendwie nur noch verschwommen aussieht und man jegliche Orientierung über den filmischen Raum verliert. Hinzu kommen unlogische Schnitte und im Falle der „Comtesse“ eine eigentlich sehr schöne Musik, die einen jedoch aufgrund der Tatsache, dass sie faktisch in Endlosschleife abgespielt wird, bis zum Abwinken einlullt. Über lange Passagen kommt der Film darüberhinaus völlig ohne Dialog aus (okay, in einem Sexfilm ist das nachvollziehbar), oder aber es werden aus dem Off schwülstige Monologe über die ewige Verdammnis, die das Vampirleben so mit sich bringt, eingesprochen. Spannung, Erotik oder gar Horror kommen auf diese Art und Weise natürlich trotz einiger halbwegs gelungener Sequenzen nicht auf. Als Beispiel sei hier der Auftakt angeführt, den ich bereits in meiner Rezension von „Lifeforce“ erwähnt habe, weil insbesondere der nackte weibliche Vampir (seit LeFanus „Carmilla“ bevorzugt lesbisch oder wenigstens bisexuell) die Fantasie der vornehmlich männlichen Regisseure ein ums andere Mal dazu verlockt, die femme fatale gewissermaßen dadurch wieder zu bändigen, dass man sie zum (Angst-)Lustobjekt macht: Die Romay stiefelt nur mit Stiefeln, Umhang und Gürtel angetan durch einen nebligen Wald; ihr ziemlich ansehnlicher Körper wird dabei von der Kamera ausgiebig erkundet, Zoom auf die Brüste und dann in haarigere Gefilde. Im Grunde genommen eine passable Lektion in relativ zahm bleibenden Sexismus, wenn, ja wenn Lina nicht direkt im Anschluss daran gegen die Kamera laufen würde. Dass dieser Fehler während des Endschnitts nicht korrigiert wurde spricht meines Erachtens Bände über die äußerst hastige Arbeitsweise Francos, die die langsame Genüsslichkeit, mit der das erotische Geschehen zelebriert wird bzw. die dadurch intendierte Verführung des Zuschauers immer wieder unangenehm konterkariert. So hangelt sich der Film über diverse tödlich endende sexuelle Begegnungen und eine längere Masturbationsszene schließlich zu einem morbiden Bad mit rotem Zusatz (wahrscheinlich von Kneipp), der einem selbstverständlich als Blut verkauft wird weil es mal eine Madame Bathory gab, ohne dass so etwas wie eine Dramaturgie oder gar ein Plot erkennbar wird. Stattdessen folgt der Ablauf dem, was der einschlägig geschulte Zuschauer aus pornographischen Filmen kennt – die Handlung wird zur Nebensache bzw. bleibt ein simpler Aufhänger, gewissermaßen die Aktenmappe, die die diversen Sexszenen zusammenklammert. Womit sich „La Comtesse noire“ zwar einerseits gut zur sagen wir mal zerstreuten Rezeption eignet (man guckt so nebenbei, sieht ein paar Hupen oder einen haarigen Schambereich, freut sich kurz und tut dann etwas Sinvolles – was in etwa der Eindruck von Bahnhofskinobesuchern gewesen sein dürfte, die durch den Besuch solcher Filme lediglich ihre Wartezeit überbrückten und darum gar kein Interesse an ausgefeilt erzählten Geschichten hatten), andererseits aber als herkömmlicher Film nicht funktioniert bzw. am Stück nur schwer konsumierbar bleibt. Zur Ehrenrettung muss man allerdings sagen, dass „La comtesse noire“ insgesamt doch einer der besseren Filme Francos ist, die Theorie der Todeserotik ist in sich stimmig ausgebreitet und wirkt bei einer nur auszugsweisen Betrachtung einzelner Sequenzen deutlich weniger anstrengend als beim Versuch, den Film vom Anfang bis zum Schluss anzusehen. Die kleineren und größeren Schwächen schieben wir mal einfach aufs nichtvorhandene Budget und den merklichen Zeitdruck unter dem Franco wohl gestanden haben muss, lächerlich wirken Szenen wie die „Fledermausverwandlung“ (Lina steht da und wedelt mit dem Umhang) natürlich trotzdem. Und wie man es von Franco gewohnt ist existiert der Film selbstverständlich in mehreren Schnittfassungen, wobei hier ausnahmsweise einmal gilt, dass die längste nicht die beste ist. Die ursprünglich unter dem Titel „Les avaleuses“[1] veröffentlichte Langfassung beinhaltet nämlich insgesamt vier äußerst schlampig eingefügte und extrem unästhetische Hardcoreszenen, die vermutlich aus anderen Filmen entnommen wurden; die gezeigten Geschlechtsteile gehören jedenfalls definitiv nicht zu den jeweiligen Schauspielern (bei Sichtung dieser Fassung bin ich seinerzeit übrigens gnädigerweise eingeschlafen und habe die “Blutlüsternden (sic) Vampire im Spermarausch” nur noch mit dem Finger auf der Fast-Forward-Taste hinter mich gebracht). Weshalb die normale Uncutversion eindeutig die bessere Wahl darstellt wenn man sich diesen Film unbedingt ansehen muss – außerdem überschreiten auch hier einige Passagen die Grenze zur Pornographie ohne im Gesamtkontext störend zu wirken (Lina war eben nicht ganz so hübsch, dafür aber deutlich zeigefreudiger als Susan Korda). Diese nicht ganz so pornographische Version hat übrigens den Originaltitel „La Comtesse aux seios nus“, während „La Comtesse noire“ die zahmste Version darstellt. Allerdings ist diese „Horror“-Fassung vermutlich auch die seltenste, wohingegen die Porno- und die Hardcore-Porno (oder wie auch immer man das unterscheiden will – wenn Lina an einem Schwanz rumnuckelt ist das eben nicht mehr als soft zu bezeichnen) von Laser Paradise und X-Rated schon mehrfach veröffentlicht wurden. Zuletzt sogar in anamorphem Widescreen und mit der vollständigen deutschen Synchronisation. Alexander
[1] In etwa mit „Die Schlucker“ übersetzbar; definitiv keine Anspielung auf Alkoholkonsum, aber Vampirismus ist eben vielseitig interpretierbar.
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