Die Rache des Pharao / Mumiens forbandelse / La maldición de la momia (UK 1964) Regie/Drehbuch: Michael Carreras Bauten: Bernard Robinson Darsteller: Terence Morgan, Jeanne Roland, Fred Clark, Michael Ripper
Zuerst einmal die schlechte Nachricht – in diesem Film gibt es keine „Rache des Pharao“, auch wenn der deutsche Titel einem das weis machen möchte. Denn bei Ra-Antef, wie der mullbindenbekleidete Fluchausführer im zivilen Leben heißt, handelt es sich um den im Exil lebenden Sohn eines Pharaos, der durch seinen bösen Bruder ins Jenseits befördert wird. Ansonsten bewegt der Film sich aber auf gewohnten Pfaden. Englische Archäologen buddeln um die Jahrhundertwende den muffigen Pharaonensohn aus. Zwar haben diese nur gute Ziele vor Augen und wollen ihn einem Museum in Kairo vermachen, aber ein zwielichtiger amerikanischer Geschäftsmann überzeugt sie mit Geld, dass es eine bessere Idee sei Ra-Antef auf eine Welttournee zu schicken. Auf der ersten Station in London wird der Sarkophag dann auch im geheimen vor einigen wenigen Mitwissern erstmals geöffnet, was die Anzahl der vom Fluch betroffenen zumindest überschaubar macht. Bei der nächsten – gestellten – Öffnung vor zahlendem Publikum hat, Schockschwerenot, Ra-Antef seine Heinmstatt bereits verlassen und beginnt seinen Rachefeldzug. So weit so genretypisch, allerdings hat der Film doch noch die ein oder andere Überraschung zu bieten, die ich hier natürlich nicht spoilern werde. Generell habe ich in Bezug auf Mumienfilme gewisse Vorbehalte. Sicherlich ist Universals Version mit Boris Karloff von 1932 vom großartigen deutschen Kameramann/Regisseur Karl Freund (Tartüff, Metropolis, Berlin – Symphonie einer Grosstadt, Dracula usw.) ein Meisterwerk des expressionistischen Horrors, aber selbst in diesem Film ist die Mumie als solches nicht wirklich bedrohlich, auch wenn die wenigen Szenen, die Karloff im vollen Bandagenmakeup zeigen wirklich beeindruckend sind. Generell sind die Mullbindenverpackten schlurfenden Ägypter nicht wirklich eine Bedrohung, was schon an ihrer körperlichen Beeinträchtigung liegt. Nach Jahrtausenden im dunklen Sarkophag, seiner Eingeweide und des Hirns beraubt, hüpft man halt nicht fröhlich zähnefletschend durch die Gegend. „Hilfe, ich werde von einer Mumie verfolgt...“ „Dann geh doch zur Seite oder hau ihr eines mit nem Besen drüber
Trotzdem gab es einen Film mit einem Lotterpharao, der mir aus meiner Kindheit im Gedächtnis geblieben war. Denn im Jahr 1972, ich war gerade 10 Jahre alt geworden, wollte meine Mutter mir etwas besonderes bieten und ging mit mir sonntags nachmittags (erst- und einmalig) ins Kino. Am Tag zuvor hatte sie nämlich vor dem Eingang unseres Stadtteilkinos ein Plakat zu „Aristocats“ gesehen und da sie wusste, dass ich Katzen sehr mochte, hielt sie das für eine gute Idee. Grundsätzlich hatte sie damit auch recht, der Film ist immer noch einer meiner Lieblinge aus Disneys schwächerer Animationsfilmphase. Was meine weltfremde Austrägerin allerdings nicht verstand war, dass Kinos damals teilweise zwei, drei oder gar vier verschiedene Filme pro Tag zeigten. So war „Aristocats“ tatsächlich der Kinderfilm des Matinees, für die Nachmittagsvorstellung, die sich an ein Teenagerpublikum richtete, setzte der Betreiber der kleinen Spielstätte allerdings lieber auf „härteren Stoff“ und präsentierte dort Wiederaufführungen von Horror- und Action-Klassikern, die die Verleiher damals sozusagen als Paketware anboten. So kam ich also in den Genuss von „Die Rache des Pharao“ und behielt von dieser Vorstellung genau zwei Dinge in Erinnerung. Erstens war da die Tatsache, dass es in dem Film einige abgehackte Hände zu bewundern gab und zweitens die, dass meine Mutter nach der ersten dieser Amputationen (tatsächlich recht früh im Film und für 1964 erstaunlich graphisch) den Saal mit mir verlassen wollte und einen Streit anfing, der dazu führte, dass ich den Rest des Filmes alleine gucken konnte und sie niemals mehr Interesse hatte mit mir ins Kino zu gehen. Glück gehabt, denn in den Folgejahren entwickelte ich eine Vorliebe für Horror- und (zumeist chinesische) Actionfilme, die mich doch sehr prägte und eine intensive Freundschaft mit den Mitarbeitern des Stern-Kinos in Düsseldorf. Aber das ist eine andere Geschichte... Also zurück zum Film, den ich dann in den folgenden mittlerweile mehr als 45 Jahren nicht mehr gesehen hatte und nun dank der Veröffentlichung von ANOLIS auffrischen konnte. Abgesehen von den diversen Szenen, in denen Hände verloren gehen entpuppt sich „The Curse of the Mummy´s tomb“ als ein eher schwächerer Eintrag in der Filmographie der Hammer-Studios. Das mag daran liegen, dass Regisseur Michael Carreras, der später die Geschicke der Studios leiten sollte, eigentlich nicht der größte Horror-Fan war und die Firma eher mit Science Fiction bestücken wollte. Generell hatte er filmisch gesehen höhere Ambitionen, kam aber nie dazu den erträumten Film-Klassiker zu drehen. Sicherlich ist der Film nicht wirklich langweilig, er ist halt nur eine typische Fließbandproduktion ohne wirkliche bleibende Höhepunkte. Besetzt mit der B-Riege der Studios, ohne die zugkräftigen Namen Lee und Cushing, blieb auch das mit amerikanischer Hilfe aufgebrachte Budget unter dem was HAMMER sonst zur Verfügung hatte. Sicherlich gibt es einige Figuren, die den Zuschauer bei Laune halten. Bemerkenswert ist hier der einzige Hammer-Auftritt (und die einzige Hauptrolle) von Jeanne Roland, die hier eine außergewöhnlich starke junge Frau spielt, die für ihre Träume selbst vor dem Fremdgehen nicht zurückschreckt. Des weiteren beeindruckt Fred Clark, als schmieriger amerikanischer Geschäftsmann, dessen Figur stark an King Kongs Carl Denham erinnert. Seine Figur gibt „Curse“ ein wenig des nötigen ironischen Untertons, der ein wenig von der hanebüchenen Geschichte ablenkt, denn hier findet sich das größte Problem des Filmes. Die Mumie selbst ist eher schwach auf den Beinen. Nun war natürlich auch Karloffs oder Lees Interpretationen nicht gerade von Action geprägt, aber diese beiden Ikonen des Horrors waren in der Lage selbst dieser unbeweglichen Figur „Leben“ einzuhauchen und hatten zusätzlich den Vorteil von einem guten Kostüm unterstützt zu werden. Ra-Antef hingegen wird von einem unbenannten Stuntman gespielt und hat zusätzlich noch den Nachteil, dass seine Augen nicht deutlich zu sehen sind – er also nicht einmal die Möglichkeit hat irgendwie schauspielerisch tätig zu werden. Außerdem kann er – bedingt durch seine amputierte Hand auch nur linkshändig würgen, bzw. zuschlagen, was seine Morde, die ja generell bei Mullmonstern nicht gerade vor Action triefen, noch unglaubwürdiger macht. Das Drehbuch – ebenfalls von Michael Carreras – ist äußerst schwach und baut auf einen am Ende sehr unlogischen Plot-Twist auf, der mehr oder weniger in einem Nebensatz erklärt wird und den der Zuschauer einfach akzeptieren muss. Generell verhalten sich die Figuren teilweise einfach nur dumm und manche, als Höhepunkte gedachte, Szenen – unter anderem opfert sich jemand der Mumie – kommen scheinbar aus dem Nichts und sind unmotiviert. Positiv hervorheben muss man aber wieder einmal mehr das großartige Produktions-Design von Bernard Robinson. Sämtliche Kulissen sind voll mit kleinen und großen Details scheinbar ägyptischer Herkunft, seien es mit Hieroglyphen verzierte Goldtafeln, diverse Sarkophage, Kostüme oder Schmuckstücke – die Ausstattung trieft nahezu vor Atmosphäre, so dass man sich einfach eine bessere Geschichte wünscht, die in diesen wunderschönen Räumen spielt. Für Komplettsammler ist der Film natürlich ein Muss, HAMMER-Einsteiger sollten sich eher an den wirklichen Klassikern des Studios versuchen. Zur Veröffentlichung von ANOLIS ANOLIS bringt den Film – wie üblich – netterweise in einer Mediabook-Variante mit zwei verschiedenen Covern und als inhaltsgleiche Amaray-Version an den Kunden. Das Mediabook ist wieder einmal von großartiger Qualität, am „Look und Feel“ der ANOLIS-MBs gibt es einfach nichts auszusetzen. Das 32-seitige Booklet enthält einen Text von Dr. Rolf Giesen, in dem er die Geschichte der Mumienfilme Revue passieren lässt und einen von Uwe Sommerlad, der sich mit der Produktion des Filmes beschäftigt. Als Extras gibt es erst einmal wieder den beliebten Audiokommentar mit den beiden oben genannten, der sehr genau auf Regisseur/Autor Carreras und die Besetzung eingeht. Wie üblich ist dieser Kommentar sehr unterhaltsam und lehrreich und für HAMMER-Fans unverzichtbar. Eine 15-minütige Dokumentation über die, leider nicht wirklich große, Karriere von Jeanne Roland und ein Interview mit dem Darsteller des lebenden Ra-Antef Michael McStay geben uns einen Einblick in die Produktion. Ein kurzes Interview mit dem als Composer genannten Carlo Martelli überrascht damit, dass er selbst eigentlich gar keine Originalmusik für den Film komponiert, sondern nur Stücke aus der Klassik adaptiert hat und den Rest mit Musik aus dem ersten HAMMER-Mumienfilm mit Christopher Lee verwendete. Wie üblich gibt es auch noch eine Super8-Fassung zu bewundern und die beliebten deutschen Filmprogramme und Werberatschläge. Besonders toll sind diesmal die Trailer, die den Film tatsächlich richtig spektakulär zu verkaufen versuchten. Wie üblich also ein Rundum-Wohlfühlpaket, dass man dieses Mal, aufgrund des schwachen Filmes, allerdings nur echten Hardcore-HAMMER-Sammlern wirklich ans Herz legen kann. dia |
- Hauptkategorie: Film