(GB 1970) Wie schmeckt das Blut von Dracula? / Het Bloed van Dracula / Blodsmak Regie: Peter Sasdy Buch: Anthony Hinds Musik: James Bernard Darsteller: Christopher Lee, Geoffrey Keen, Linda Hayden, Madeline Smith, Michael Ripper, Ralph Bates They have destroyed my servant. They will be destroyed...
Die späten 60er und frühen 70er Jahre des letzten Jahrhunderts waren für die HAMMER Studios eine Zeit des Umbruchs. Sicherlich hatte man in der letzten Dekade den Horrorfilm revolutioniert, mit Christopher Lee und Peter Cushing zumindest zwei Weltstars „erschaffen“ und war – durch die sozusagen „familiäre“ Arbeitsweise und den damit verbundenen geringen Produktionskosten – nicht nur zu einer Marke, sondern zu einer besonders erfolgreichen geworden. Ein Hammer-Film wurde zu einem Synonym für gothischen Horror, der Stil und die Arbeitsweise des Studios wurden weltweit imitiert. Jedoch hatte sich der allgemeine Filmgeschmack geändert. Speziell gegen den neuen amerikanischen Film (von „Easy Rider“ bis zu „Bonnie and Clyde“) wirkten die blutarmen Horrormärchen Hammers mittlerweile erstaunlich zahm, die Sexwelle nahm den Filmen den Stachel des nackten Fleisches und generell strömte ein neues junges Publikum in die Kinos, dass mit altbackenen Geschichten von Vampiren und sonstigen Halbwesen, die noch dazu in der Vergangenheit spielten, wenig anfangen konnten. Sicherlich produzierten die Studios zu dieser Zeit auch noch einige Filme, die heute als Klassiker gelten (siehe auch unsere Kritiken zu „Plague of the Zombies“, „The Reptile“, „Hands of the Ripper“ oder „The Vampire Lovers“), finanziell aber war die Zeit der warmen Geldduschen vorbei und es war an der Zeit neue Wege einzuschlagen. Bereits im Jahr 1966 war man von den kleinen Bray Studios in größere Räumlichkeiten umgezogen und zu dieser Zeit begann man auch Cast und Crew von außerhalb anzuwerben, um somit den kreativen Funken wieder zu entfachen. So lockte man auch den ungarisch-stämmigen Peter Sasdy, der zuvor nur als TV-Regisseur aufgefallen war mit der Aussicht den mittlerweile fünften offiziellen Dracula-Teil zu drehen. Das Drehbuch von Anthony Hinds, der ja auch für die anderen Fortsetzungen verantwortlich gewesen war, startete direkt am Ende des letzten gräflichen Auftritts und präsentierte die Sterbeszene des Blutsaugers nochmals. Dann allerdings tauchte der Transsylvanier nicht mehr auf, denn mittels seiner Überreste und eines satanischen Rituals wurde später nur sein Geist wiedererweckt und fuhr in einen jungen Lord ein. Der Grund dafür war offensichtlich, dass Christopher Lee zu dieser Zeit alles versuchte NICHT nur als Christopher „Dracula“ Lee bekannt zu sein. Da Hammer aber mittlerweile auch stark abhängig vom amerikanischen Vertrieb (der damals in den Händen der WARNER Brothers lag) war und diese nun gar nicht einsahen, wieso ein Dracula Film ohne Dracula eine gute Idee sei, gelang es den Studios den Grafendarsteller zu überzeugen. Laut Lees Aussage mit der erpresserischen Methode „Er solle doch auch mal an die Fans denken“, laut anderen Aussagen mit einer Gage in dreifacher Höhe. Geschickter Weise hatte man bei Hammer für diesen nahezu unmöglichen Fall noch ein alternatives Script liegen, bei dem es auch kein Problem bereitete, dass der vielbeschäftigte Lee erst in der Mitte der Dreharbeiten tatsächlich zur Verfügung stand. Das allerdings führte nun dazu, dass der finale Film ein wenig unausgewogen wirkt und sich recht deutlich in zwei Teile splittet. So beginnt der Film damit, dass ein Im- und Export-Händler aus London zufällig den Tod des Saugegrafen beobachtet und dessen Hinterlassenschaften (inclusive eines Röhrchens voller getrocknetem Blut) einsammelt. In London lernen wir nun drei Herren des gehobenen Mittelstandes kennen, die nach aussen hin den Schein des gottesfürchtigen Bürgers wahren – und ihre Kinder und Ehefrauen dementsprechend behandeln -, im Geheimen aber einen kleinen Club gegründet haben, der sich jede Woche einmal in einem, im Hinterzimmer einer Armenküche gelegenen, Bordell trifft, um ihren lüsternen Phantasien nachzugehen. Dort lernen sie den jungen Lord und Satanisten Courtley (Ralph Bates in seinem ersten Hammer Auftritt) kennen, der sie auch recht schnell davon überzeugt Geld zusammenzulegen um, bei oben erwähntem Hehler, das Dracula-Fanmaterial zu kaufen. Einige Tage später treffen sich die vier in einer entweihten Kirche um in einem satanistischen Ritual den Blutgrafen wieder zu erwecken. Als sich unsere drei honorigen Herren weigern das frisch aufbereitete Instant-Dracula-Blut zu trinken, gibt sich Courtney alleine die volle Dröhnung, was erstens dazu führt, dass er schlimme Magenkrämpfe bekommt und zweitens unsere Antihelden dazu bringt, ihn mittels einiger Fußtritte und Schläge ins Jenseits zu befördern. Während unsere drei nun zu Hause wieder versuchen den Anschein eines normalen Lebens zu erwecken, ändert sich der Fokus des Filmes langsam und ihre Kinder und deren Beziehung untereinander bekommt eine höhere Wichtigkeit. In der Zwischenzeit verwandelt sich die Leiche von Lord Courtles mit viel Dampf und Rauch in Christopher Lee, der sich mit den Worten „Ihr habt meinen Helfer umgebracht, dafür werdet ihr und Eure Familien leiden!“ in den Film einbringt. Der Rest des Filmes ist dann auch eher ein „Vampir sieht rot“, in dem Dracula seine Fähigkeiten dazu nutzt die Kinder der bösen alten Männer unter seine Kontrolle und sie dazu zu bringen ihre Väter zu töten. Am Ende erweist sich allerdings seine Idee sein Lager in einer entweihten Kirche aufzuschlagen als recht kontraproduktiv und der Graf muss wieder einmal dran glauben. Naja, zumindest hat er seine Rache vorher ausgeführt, so dass er nicht ganz unzufrieden ins Jenseits wandern muss. Abgesehen von dieser Zweigeteiltheit des Filmes ist er allerdings in einigen Belangen recht überraschend und deutlich ein Kind seiner Zeit. So ist die Gesellschaftskritik zwar gut versteckt aber durchaus spürbar. Man muss kein Kind der sechziger sein um zu erkennen, dass es hier um die Rebellion der Jungen gegen alteingesessene Strukturen geht und das gerade die Alten hier zwar den schönen Schein wahren, aber in Wirklichkeit die verdorbensten Elemente des gesamten Filmes sind. Dass es im Endeffekt nicht Dracula selbst sondern seine Helfer in Gestalt der Kinder sind, die die Rache ausüben, dürfte zur damaligen Zeit ebenfalls beim jungen Publikum gut angekommen sein. Schauspielerisch bekommen wir hier in den meisten Fällen allerdings nur Hammer-Dutzendware geboten. Natürlich ist der obligatorische Gastauftritt von Michael Ripper, der diesmal einen unfähigen Dorfpolizisten spielt, nett anzusehen, aber er ist halt obligatorisch und auch wenn die damals blutjunge Linda Hayden die zweite Hälfte des Filmes über beeindruckt, so wurde sie definitiv nicht wegen ihrer schauspielerischen Leistungen gecastet. Peter Sasdy selbst gibt in der großartigen 45 minütigen Dokumentation „A taste of new blood“, die sich in den Extras finden lässt, zu, dass er selbst nicht ganz so zufrieden damit war, dass es bei Hammer üblich war, die Besetzung am Regisseur vorbei laufen zu lassen und in seinem ein Jahr später entstandenen zweiten Hammer-Film „Hands of the Ripper“ übernahm er das Casting auch selbst und schuf einen der besten Filme des Studios. Das soll jetzt nicht heissen, dass die Schauspieler nicht überzeugen können, aber es fehlen halt die großartigen und/oder wirklich überraschenden Momente. Dafür gibt es aber visuell einiges zu bewundern. Speziell das Set der entweihten Kirche, in der sich der Graf niederlässt, ist sehr detailliert gestaltet und auch die Londoner Straßenszenen wirken echt und lebendig. Musikalisch liefert Draculas Stammkomponist James Bernard hier einen teilweise überraschend lyrischen Score ab, der allerdings seine Höhepunkte immer dann hat, wenn das klassische Thema des Grafen ertönt. Alles in allem ist „Taste the blood of Dracula“ somit am Ende vielleicht nicht der beste Film der Serie, bietet aber einen interessanten Spiegel der damaligen sozialen (Studentenrevolutionen), philosophischen (Sexwelle), politischen (Vietnam) und cinematographischen (Neues amerikanisches Kino) Umwälzungen.
Zum Release von ANOLIS Der Publisher mit der Echse zeigt auch mit dieser Veröffentlichung wieder, dass er seine Kunden und seinen Auftrag die bestmöglichen Fassungen zu präsentieren ernst nimmt. Wie immer ist das Mediabook der Hammer-Reihe (natürlich mit zwei verschiedenen Covers zu haben) optisch und haptisch eine Zierde für jedes Regal, aber man kauft einen solchen Film ja nicht wegen der Verpackung alleine. Und mal ganz ehrlich – es ist auch nicht so, dass es zu „Taste the blood of Dracula“ bisher keine guten Veröffentlichungen gegeben hat, die zwar nicht ganz an die optische Qualität dieser Version herankommen, aber für einen „Normalzuschauer“ ausreichend sind. Nein, bei den Hammer-Mediabooks geht es in erster Linie um die Extras und da gibt es auch dieses Mal wieder außergewöhnliches zu vermelden. Das Booklet von Uwe Sommerlad geht detailliert auf die im diesem Artikel bereits angerissenen Probleme bei der Produktion und die Ausrichtung des fertigen Filmes ein. Es wurde definitiv nach der Aufnahme des Audiokommentars geschrieben, in dem sowohl Sommerlad als auch Dr. Rolf Giesen dieses Mal Mut zur Lücke haben. Das ist in keinster Weise negativ zu sehen, denn ab und an tut es mal ganz gut diese beiden Spezialisten davon reden zu hören, dass sie das ein oder andere Detail noch nicht recherchiert haben und außerdem ist der Kommentar – wie bei den beiden Hammer-Spezialisten üblich – trotzdem wieder voller wissenswerter Anekdoten und eigener Erfahrungen. Zusätzlich finden sich auf der Scheibe dieses Mal neben dem US- und deutschen Trailer auch eine ganze Menge Presse- und Werbematerial, dieses Mal neben der deutschen sogar in der britischen und US-Fassung. Deutlich wird hier auf alle Fälle, wie sehr die gesamte Werbung, trotz der eher geringen Screentime des Grafen, auf die Figur Dracula abgestimmt war. Besonders nett anzusehen sind auch gleich 2 Super8-Fassungen, die in ihrer jeweiligen Kürze (halt 8, bzw. 16 Minuten) komplett unterschiedliche Herangehensweisen bieten. Das Highlight der Scheibe dürfte aber die, bereits oben erwähnte, 45-minütige Dokumentation „A Taste of new Blood“ sein. Hierbei handelt es sich um ein brandneues, von Diabolique Films extra für diese Veröffentlichung erstelltes, „Making of“, in dem u.a. nicht nur Regisseur Sasdy und die Schauspieler John Carson und Madeline Smith (die auch mit fast 70 Jahren noch niedlich ist) zu Wort kommen, sondern auch Joe Dante mal wieder sein Fachwissen beweisen darf. Wo dieser Artikel Themen angerissen und Uwe Sommerlad das Ganze im Booklet vertieft hat, entpuppt sich diese Dokumentation sozusagen als die Doktorarbeit in Sachen „Taste the Blood of Dracula“ und seine Stellung im Katalog des Studios. Eine wirklich tolle und überaus unterhaltsame Produktion, die Lust auf mehr solcher Zusammenarbeiten macht und für jeden Hammer-Fanatic alleine den Kauf des MBs schon rechtfertigt. Ansonsten muss man halt überprüfen, ob die alte US-Dvd überhaupt noch abspielbar oder ob die Qualität der bereits vorliegenden BluRay wirklich so tol lwar, wie man es in Erinnerung hat. Dia
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