Dracula jagt Mini-Mädchen / Vampyren jager hotpants / Dracula '73 / Dracula '72 / Draculas Bloodstory (UK 1972) Regie: Alan Gibson Drehbuch: Don Houghton Musik: Michael (Mike) Vickers Darsteller: Christopher Lee, Peter Cushing, Stephanie Beacham, Christopher Neame, Caroline Munro
“Okay, okay. But if we do get to summon up the big daddy with the horns and the tail,
Ach ja, die Mini-Mädchen – das ist für mich schon ein ganz besonderer Film. Ich hatte den blutsaugenden Grafen bereits mehrfach im Kino und auf dem Fernsehschirm in seiner natürlichen Umgebung[1] bewundern dürfen, als der Film irgendwann in den späten 1970er Jahren dann auch mal im ZDF zu sehen war. Die Idee Dracula in die „heutige“ Zeit zu verpflanzen erschien mir interessant genug und als Garant für einen gruseligen Abend. Zusätzlich liess der Titel ja auch nackte Tatsachen schliessen, was bei HAMMER zu dieser Zeit ja usus war, und auch das war nicht das schlechteste Argument für einen genußvollen Gruselabend aus der Sicht eines pubertierenden jungen Mannes.
Dabei beginnt der Film sogar überragend gut. Im Jahre des Herrn 1872 kämpfen der Original van Helsing (natürlich Peter Cushing) und der Original Dracula (Christopher Lee) auf einer durch den Hyde Park rasenden Kutsche. Es kommt zu einem Unfall, bei dem der Vampir sich auf einem zerbrochenen Wagenrad aufspießt und van Helsing schwer verletzt wird. Mit letzter Kraft kämpft sich der Vampirkiller zu seinem ewigen Widersacher und drückt ihm im Todeskampf das Speichenholz ins Herz. Während der transsylvanische Graf wieder einmal zu Staub zerfällt nähert sich eine dunkle Gestalt und sammelt dessen Ring, Cape und ein Fläschchen voller Vampirstaub ein. Diese Gegenstände vergräbt er dann während van Helsings Beerdigung außerhalb der geweihten Erde des Friedhofes.
Somit im Swinging London der frühen 70er angekommen lernen wir auch sofort die Heldin Jessica van Helsing und ihre coolen „Hippie“-Freunde kennen, die gerade dabei sind eine Party steifer englischer Gentlemen zu crashen. Während man sich noch fragt, wie es diese Horde nichtsnutziger Langhaariger geschafft hat sogar eine Rockband – Stoneground, die sogar einige Platten heraugebracht haben – inklusive Verstärker und Instrumente auf die Party zu schmuggeln, tauchen auch schon, nach immerhin zwei kompletten Songs, die Ordnungskräfte auf. Die Clique kann allerdings rechtzeitig fliehen und trifft sich in ihrem Stammlokal zu Tee und Cola.
Wenig überraschend kommt es bei dieser Anbetung des Bösen, einmal mehr zu einer Instant-Dracula Wiedererweckung, der diesmal die wunderschöne Caroline Munro zum Opfer fällt. Dracula selbst hat es natürlich auf Professor van Helsings Nachkommen, also die eben erwähnte Jessica und ihren Großvater abgesehen, nimmt aber auch gerne andere weibliche Opfer an, die Alucard ihm zuführt. Rein von der Geschichte her ist der Film wahrlich kein Wunderwerk und macht in seiner Zeichnung der „Hippies“ den Eindruck als hätte hier ein alter Mensch versucht junge Charaktere zu schreiben. Ebenso zeigt „Dracula A.D.1972“, der ja versucht besonders modern und aktuell zu sein, ein London das irgendwie schon damals nicht richtig erschien und eher in die Zeit VOR die 68er Revolution gepasst hätte.
Dracula selbst erfüllt auch nicht die Hoffnungen, die man darin hatte ihn in die moderne Zeit zu verfrachten, sondern bleibt den ganzen Film über innerhalb der entweihten Kirche – immer darauf wartend, dass Alucard ihm neue Opfer bringt oder van Helsing endlich erscheint um seinem Treiben ein weiteres Mal ein Ende zu machen.
Erstaunlich ist auch, dass es – trotzdem der deutsche Titel anderes vermuten lässt – hier keinerlei Fleischbeschau stattfindet. Sicherlich sind die titelgebenden Damen recht freizügig bekleidet, von einer kompletten Entkleidung derselben wird aber, im Gegensatz zu früheren Vampirwerken von Hammer, Abstand genommen[3].
So ordnet sich „Dracula A.D. 1972“ irgendwo im Mittelfeld der HAMMER-Produktionen ein und ist dementsprechend immer noch ansehnlicher als das Meiste was uns heute als Horrorfilm vorgesetzt wird.
ZUM RELEASE VON ANOLIS
Im Audiokommentar treffen die beiden üblichen Verdächtigen Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad dieses Mal auf Alexander Iffländer, der einen sozusagen „jungen“ Blick auf den Film hat. Daraus entspinnt sich eine tolle Diskussion, die über „Flower-power“-Musik, die Filme von Christian Anders und Count Yorga viele Themen streift, die man vielleicht in einem HAMMER-AK nicht vermutet hätte. Wie üblich läuft dabei der Film nur im Hintergrund – sozusagen als roter Faden – was dem Spaß an dem Gespräch allerdings nichts nimmt. Ich sehe die Kommentare von Giesen/Sommerlad eh mittlerweile als eine Art Hammer-Podcast an, was auch mit der Grund ist, warum EVIL ED keine selbigen mehr macht, denn was das Fachwissen betrifft, können wir es einfach mit diesen beiden Spezialisten kaum aufnehmen.
Die zweite Doku mit dem Titel „Dracula A.D. 1972: The music“ ist zwar leider nur 10 Minuten lang, würdigt aber die Qualität des großartigen Soundtracks, der mittlerweile zu meinem Lieblings Hammer-Score geworden ist. Alles in allem gibt es natürlich von mir hier alle Daumen und Zehen – nie zuvor hat Dracula so perfekt irgendwelche Mini-Mädchen gejagt.
Dia
[1] Also in viktorianischer Zeit und in spinnwebverschleierten Schlössern. [2] Das sollte erst vier Jahre später in der mittelmässigen französischen Horrorkomödie „Dracula père et fils“ (dt. Die Herren Dracula) wirklich gelingen. [3] Deshalb auch keine schönen Brüste-Sreenies in diesem Review.
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