Stille Nacht - Horror Nacht / Slayride / Natale di sangue (USA 1984) Regie: Charles E. Sellier Jr. Drehbuch: Paul Caimi, Michael Hickey Darsteller: Robert Brian Wilson, Gilmer McCormick, Linnea Quigley “When we do something naughty, we are always caught. Then, we are punished. Als „Stille Nacht – Horror Nacht“ hierzulande im Jahr 1987, also ganze drei Jahre nach seinem Kinostart, letztendlich - natürlich in einer den FSK-Statuten entsprechend um fast 3 Minuten bereinigten Fassung - auf Video erschien, ging das mir persönlich schon ziemlich am Arsch vorbei. Das lag einerseits daran, dass ich es zu diesem Zeitpunkt schon aufgegeben hatte mich über deutsche Stümmelfassungen aufzuregen und andererseits an der Tatsache, dass ich den Film bereits lange Zeit zuvor in der „ungeschnittenen“ R-rated-Fassung gesehen und für eher mittelmässig gehalten hatte. Der Grund für mein Urteil war natürlich, dass man von dem „Skandalfilm“, dessen US-Kinostart von großen Protesten begleitet wurde, doch einiges mehr erwartet hatte als letztendlich wirklich präsentiert wurde. Denn im Gegensatz zum einige Jahre zuvor ebenfalls von Protesten begleiteten „Maniac“, bot „Silent Night, Deadly Night“ nicht mehr und nicht weniger als die damals üblichen Slasherfilme. Weder in Sachen exzessiver Gewaltdarstellung noch in Bezug auf Atmosphäre gab es bei der Geschichte um den jungen Billy, der in der zweiten Hälfte des Filmes im Weihnachtsmannkostüm auf seinen „Slayride“ (so der Produktionstitel des Filmes) geht, außergewöhnliches zu sehen. Dabei beginnt der Film, wenn man den Rahmen seines Subgenres anlegt, sogar richtig stark. Der kleine Billy besucht mit Eltern und kleinem Bruder am Vorabend der heiligen Nacht den katatonischen Opa im Sanatorium und als Billy mit dem im Rollstuhl sitzenden Alten alleine ist, wird dieser plötzlich ziemlich mobil und warnt seinen Enkel vor dem rachsüchtigen Santa Claus, der böse Kinder – analog der Legende - gerne mal etwas härter rannimmt. Das bringt Billy logischerweise etwas aus dem Konzept und als die Familie auf der Rückfahrt von einem Mann im Weihnachtsmannkostüm angehalten wird, der scheinbar eine Autopanne hat, versucht er die Eltern noch zu warnen. Aber zu spät, denn bei dem Mann im warmen roten Mantel, der da am Straßenrand steht handelt es sich nicht um den fröhlichen Santa, sondern um einen bösen Wicht, der zuvor in einer Parallelmontage bereits einen Tankstellenbesitzer in die ewigen Jagdgründe befördert hat und sich jetzt in genau der selben Weise um Billy Eltern kümmert. Wie gesagt, ein starker Anfang und auch die nächsten 15 Minuten halten den Zuschauer noch recht gut bei der Stange. Billy ist nun mittlerweile mit seinem Bruder in einem Waisenhaus untergebracht, in dem eine strenge Nonne das Regiment hat und mit eisernem Besen (und ledrigem Gürtel) gegen jeglichen Regelverstoß vorgeht. Natürlich wird hier dann auch nochmals thematisiert, dass der kleine Billy mittlerweile eine eher negative Einstellung zum Weihnachtsmann hat. In seiner nächsten Lebensphase ist Billy dann mittlerweile 18 Jahre alt und bekommt einen Job in einem Spielzeuggeschäft, dessen andere Mitarbeiter herrliche Abziehbilder aus dem Klischeebilderbuch sind und den „Opfer“-Aufkleber bereits bei Billys Auftauchen auf der Stirn haben. Speziell in diesen Szenen zeigt sich leider zusätzlich auch, dass in dem begrenzten Budget nicht sonderlich viel Geld fürs Casting vorhanden war, denn gerade diese Kollegen sind doch eher im Bereich der Laiendarsteller einzuordnen. Zumindest macht Robert Brian Wilson als Billy einen recht guten Job, so dass man ihm seine psychologischen Probleme und Zerrissenheit einigermaßen abkauft. Zusätzlich bieten diese Szenen – dank der hervorragenden Restaurierung – dem Altnerd vor dem Bildschirm einige schöne Erinnerungen in Form von heute seltenen Star Wars-, Krull- und anderen Spielzeugen im Hintergrund. Glücklicherweise hält sich der Film hier auch wieder nur wenige Minuten auf bis Billys Boss auf die Idee kommt ihn als den Weihnachtsmann des Ladens einzusetzen und somit endlich das in die Wege zu leiten, auf das der Zuschauer eigentlich wartet. Unser Superheld bekommt nun endlich sein Kostüm und darf sich seiner wahren Bestimmung widmen. Die fröhliche Metzelei beginnt somit nach 40 Minuten und setzt sich dann über den Rest des Filmes fort. Leider ist das Ganze dann weder sonderlich spannend inszeniert noch im Entferntesten mit den Gesetzen der Logik in Einklang zu bringen. Sobald Billy den Laden verlässt beginnt somit eine Nummernrevue ohne wirkliche Höhepunkte und da ändern auch die ins Bild gehaltenen Brüste von Linnea Quigley nichts dran. Einzig und alleine eine Szene, in der Killy-Billy einem kleinen Mädchen begegnet hat noch einen Hauch von Atmosphäre und Spannung. Das ist viel zu wenig nach dem tatsächlich gelungenen Aufbau des Filmes und seines Hauptcharakters. Was die, nun endlich auch in deutsch vorliegende, „Unrated-Version“ des Filmes betrifft, die ANOLIS als Nummer 2 ihrer 80er Jahre-Sammlung veröffentlicht hat, so hält sich die Freude darüber bei mir zumindest sehr in Grenzen. Denn auch wenn eine Titeltafel am Anfang den Zuschauer darauf hinweist, dass man sich bemüht habe das nur in SD vorliegende Schnittmaterial farblich in den Film einzupassen, so sind die Farb- und vor allem Helligkeitswechsel doch extrem spürbar und reissen den Zuschauer immer wieder aus dem Film heraus, da sie doch dadurch wie eine „Achtung, jetzt kommt eine Splatterszene“-Warnung wirken. Was dann nach dem Qualitätswechsel folgt ist dummerweise aber auch nicht gerade eine Offenbarung. Sicherlich gibt es den ein oder anderen Tropfen Blut mehr und speziell bei der (auch als Cover C erhältlichen) Szene in der Linnea Quigley das Zeitliche segnet, ist tatsächlich auch eine ziemlich derbe zusätzliche Einstellung zu finden – im Zeitalter von „The Walking Dead“ entlockt das dem Latex- und Filmblutfan allerdings nicht mehr als ein müdes Grinsen. Somit haben wir es hier tatsächlich mit einem Film zu tun, der wahrscheinlich ohne den seinen Kinostart umgebenden Skandal, selbst in der unrated-Version sofort in Vergessenheit geraten wäre, so aber – dank der protestierenden Mütter vor den Kinos – eine Art Kultstatus gewonnen hat. Denn man darf auch nicht vergessen, dass die große Zeit des Slasherfilmes im Jahre 1984 eigentlich schon vorbei war und es im Jahr 1980 mit „Christmas Evil“ bereits einen anderen - ebenfalls von Protesten begleiteten - Film mit einem Killer-Weihnachtsmann gegeben hatte, der qualitativ erheblich höher anzusiedeln ist und ein ausgefeiltes Psychogramm eines Killers im Santa-Kostüm bot. Dieses Werk wird übrigens auch in den Extras weitgehend ausgeschwiegen. Womit wir einen eleganten Schwenk zu den selbigen gemacht hätten, die – wie auch der Rest des Releases – bis auf die deutsche Lokalisierung der 2017 von Shout-Factory in den USA veröffentlichten BluRay entsprechen. So finden wir hier einen Audiokommentar mit dem Produzenten und dem Hauptdarsteller, der auf interessante Weise auf die Entstehung bzw. das Development des Projektes eingeht mit dem Tristar damals auf den bereits im Bremsen befindlichen Slasherzug mit aufspringen wollte. Ein weiterer Kommentar mit mehreren Castmitgliedern und den Produzenten ist dann eine schöne „How we spent our winter-vacation“-Erinnerung an die Dreharbeiten und gefüllt mit netten Anekdoten. Eine 45-minütige Dokumentation kümmert sich etwas genauer um die Proteste vor den Kinos, ein kurzes Interview mit Linnea Quigley aus dem Jahr 2014 ist als eher peinlich zu bezeichnen, da sie ja nun tatsächlich nur einen Drehtag hatte und sich nur aufgrund sehr detailliert gestellter Fragen, die keine anderen Antworten zulassen, überhaupt an den Dreh erinnern kann. Der Rest der Extras besteht aus dem üblichen Trailer- und Bildmaterial und lässt leider ein deutsches Eingreifen schmerzlich vermissen. Zumindest einige Covershots und Reviews zeitgenössischer Videomagazine wären hier sicher möglich gewesen. Ein netter Bonus ist dann noch die R-rated Kinofassung, die zumindest den Vorteil hat nicht jede Splatterszene vorab zu spoilern. Ich persönlich bin bei dieser Veröffentlichung hin- und hergerissen. Einerseits ist es natürlich schön, dass nun auch „seltenere“ 80er-Jahre-Filme in richtig guten Fassungen auf den Markt kommen, auf der anderen Seite sind aber nicht alle Werke, die einen sogenannten Kultstatus unter den Horrorfans haben, auch wirklich gute Filme. Sicherlich mache ich mir keine Sorgen, dass „Stille Nacht – Horror Nacht“ ein Ladenhüter wird – speziell das Cover C, auf dem die eigentlich natürlichen Brüste der aufgespiessten Linnea Quigley wie zwei Silikonimplantate aussehen, wird seine Käuferschicht erreichen – und Komplettisten kommen wegen der Spine-Nummerierung eh nicht daran vorbei, aber ich schätze bei einigen Fans, die seit Jahren nur von dem Film gehört haben, wird sich schnell eine Ernüchterung einstellen. Nach dem grandiosen Einstieg in die 80er-Serie mit „Mutant – das Grauen aus dem All“ hatte ich beim Echsenlabel eine bessere Auswahl erwartet – die schrillen 80er hatten da ganz anderes zu bieten als Allerweltsslasher. dia |
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