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(USA 1987)
Creepshow 2 - Kleine Horrorgeschichten / Show kreatury 2 / Dead and Undead: Creepshow 2

Regie: Michael Gornick

Drehbuch: Stephen King, George A. Romero, Lucille Fletcher

Special-Effects: Howard Berger, Ed French, Greg Nicotero

Darsteller: , ,



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Fünf Jahre nach ihrer Hommage an die EC Comics wollte es das Duo King und Romero noch einmal wissen: erneut sollte das Publikum mit kleinen aber feinen Geschichtchen, die theoretisch auch aus einer alten Ausgabe von „The Vault of Evil“ hätten stammen können, das Fürchten lernen. Basierend auf einem ersten Rohentwurf von George A. Romero schusterte der König des Horrors daher flugs ein Drehbuch zusammen, in dem er gleich noch mit „The Raft“ eine seiner besten Kurzgeschichten verwurstete, und fertig war ein weiteres Kleinod der gleichsam schauerlich-grotesken wie moralisch-sittlich belehrenden Unterhaltung mit unaufdringlich erhobenem Zeigefinger.

Öhm, nö!

So kann man das nicht stehen lassen! Tatsächlich geht in „Creepshow 2“ so ziemlich alles daneben, was den Vorgänger funktionieren ließ.

creepshow2 007Den Anfang der Fehlentscheidungen markiert dabei bereits die Wahl von Michael Gornick als Regisseur. Zwar zeichnete dieser bereits in „Creepshow“ für die Kameraarbeit verantwortlich, doch irgendwie muss ihm der eigenwillige Panel-Stil, in dem die Bilder des Vorgängers gestaltet waren, völlig entgangen sein. Und auch an der knalligen Farbdramaturgie, die die grotesken Höhepunkte der einzelnen Episoden visuell verfremdete um ihre Ursprünge in einem (fiktiven) Comicmagazin kenntlich zu machen, zeigte der Herr Gornick kein Interesse sondern setzte auf eine nüchterne bis biedere Fernsehfilm-Optik, die nicht so recht zu den eingestreuten Zeichentrick-Sequenzen passen will. Hinzu kommt dann noch Gruselonkel Stephen, der erneut den Beweis antritt, dass das Verfassen von Drehbüchern nicht zu seinen Stärken zählt, was angesichts des im Grunde genommen sehr filmischen Stils seiner Romane ein wenig verwundert. Und wo ein George A. Romero noch in der Lage war, so manche dramaturgische Holprigkeit durch formale Könnerschaft auszubügeln, treten die Skriptschwächen in den Händen von reinen Handwerkern wie Daniel Attias („Silver Bullet“) oder im vorliegenden Film von Michael Gornick offen zu Tage.

creepshow2 004Am deutlichsten merkt man das gleich in der ersten Episode („Old Chief Wood’nhead“), die man selbst mit viel Wohlwollen nur noch als zerfahren bezeichnen kann. Zunächst kriegt man eine satte Ladung an verkitschtem Sozialrealismus zu sehen: George Kennedy als ältlicher Drugstorebesitzer in dem nur noch aus Baracken bestehenden Kaff Dead River (welch treffender Name) hat den Glauben an das Gute im Menschen nicht verloren und erhält von den säumigen Zahlern aus dem irgendwo in der Nähe befindlichen Indianerreservat tatsächlich deren gesammelten Schmuck als Pfand für die noch zu begleichenden Rechnungen. Die sämtliche Seifenopernregister ziehende Musikbegleitung dazu macht das unerschütterliche Vertrauen in den amerikanischen Pioniergeist gleich noch eine Portion rührseliger und man ist danach beinahe dankbar dafür, dass ein paar typische halbstarke Schufte der Marke Henry Bowers diesen versöhnlichen American Dream mit der Pumpgun beenden. Und damit die übernatürliche Komponente nicht zu kurz kommt schreitet anschließend der geschnitzte Indianerhäuptling, der als Deko vor dem Laden steht, zur blutigen Tat um die Gangster Mores zu lehren.

creepshow2 001Ich bin überzeugt, dass das auf dem Papier sicher genauso unterhaltsam zu lesen war wie jede andere King-Story auch – im fertigen Film wirkt die Rache allerdings wie eine Art lieblos rangeklatschtes Best-Of aus einschlägigen Slashermovies. Zack! Ab den Skalp! Der Nächste bitte! Und obendrein zeigt Gornick so schon von Anfang an, dass „Creepshow 2“ noch eine ganze Nummer konservativer ausfällt als der Vorgänger, denn selbstverständlich ist die Jugendgeneration selbstverliebt bis zum Narzissmus (oder fett und grenzdebil), wohingegen sich die älteren Herrschaften an Höflichkeit und Edelmut zu überbieten trachten. Deutet man das Ganze politisch, wird gewissermaßen die Schuld an der Wirtschaftskrise, unter der der Rust Belt in den 80er Jahren zu leiden hatte, ganz im Sinne Reagans auf das sittlich verwahrloste Jungvolk und die gefühlt unverdient zu ihrem Wohlstand gekommene Oberschicht (zum Thema Klassenkampf kommen wir in der übernächsten Episode noch mal) abgewälzt, auf Leute, die bequem vor dem Fernseher sitzen, von einer Hollywoodkarriere träumen und mit großer Wahrscheinlichkeit die Demokraten wählen – gehässig gesagt also genau auf das Milieu in dem sich King seit seinem literarischen Erfolg selbst bewegt, wodurch der letztlich per Blutopfer an den schurkischen Kids besiegelte Bund zwischen ehrbaren amerikanischen Geschäftsleuten und den indianischen Ureinwohnern nicht nur holprig sondern heuchlerisch ausfällt.

creepshow2 012In „The Raft“ geht es munter weiter mit selbstverständlich (!) kiffenden Studenten, die trotz „No Swimming“-Schild in einem abgelegenen See baden und mit großer Wahrscheinlichkeit noch viel lasterhaftere Dinge wie beispielsweise vorehelichen Sex im Schilde führen. Da es sich nicht um den Crystal Lake handelt müssen wir auf einen Auftritt von Jason verzichten, stattdessen darf eine Art ekeliger Ölfleck die Rolle der Lustbremse spielen. Hier muss man aber fairerweise anmerken, dass „The Raft“ trotz des erneut überdeutlichen moralischen Zeigefingers aufgrund der beklemmenden Grundsituation nicht ohne Reiz ist. Die ursprünglich im freizügigen Herrenmagazin „Gallery“ erschienene Story, die später in den Band „Skeleton Crew“ aufgenommen wurde,[1] kann durch die Isolation der Figuren mitten im Nirgendwo auf einem Holzfloß und die letztliche Ausweglosigkeit der Lage jedenfalls spielend mit „Open Water“ oder anderen Werken mithalten, in denen sich die Leute aus Übermut und Ungeschick oder auch einfach nur weil sie Pech haben in ungemütliche Situationen bringen, was die Vorgänge für den mit dem Schrecken davongekommenen Leser/Zuschauer dann tatsächlich zu der „Generalprobe des eigenen Todes“ macht, als die King das Horrorgenre begreift.

creepshow2 013Doch trotzdem bleibt das Jungvolk auch in diesem Fall unsympathisches Monsterfutter, zumal sich einer der Jungs selbst in Todesgefahr, belagert vom Umweltschmutz und nach einer kalten Nacht in Badehose reichlich durchgefroren noch an den Brüsten seiner schlafenden Kommilitonin zu schaffen macht. Das schieben wir jetzt einfach mal auf den Zusammenhang von Eros und Thanatos (wie gesagt erschien die Story in einem Hupenmagazin) und schreiten zur letzten Episode, denn in „Creepshow 2“ gibt es aus Zeitgründen deutlich weniger Geschichten als im ersten Teil.

Und auch weniger thematische Abwechslung, denn „The Hitchhiker“ stellt schon wieder eine moralische Lektion dar. Nun ist so eine Fahrerflucht zwar beileibe kein Kavaliersdelikt und auch diese Episode fällt nicht unspannend aus, nur tragen King und Gornick auch in diesem Fall eindeutig zu dick auf. Das ehemalige Bond-Girl Lois Chiles scheint jedenfalls nach dem Weltraumsex mit dem britischen Spion am Ende von „Moonraker“ bei einem Anwalt hängen geblieben zu sein, vertreibt sich die Zeit mit einem Callboy und vergisst dabei (und beim anschließenden Gefeilsche um die Bezahlung), dass sie vielleicht doch besser vor ihrem stets pünktlichen Gatten zuhause sein sollte.

creepshow2 009Da fährt man dann schon etwas zügiger und nebenbei gleich noch einen farbigen Anhalter über den Haufen, weil man durch eine heruntergefallene Zigarette und das Ersinnen von Ausreden ohnehin abgelenkt war. Kann ja mal passieren, und so einem farbigen Penner heult doch ohnehin niemand nach. Doch der Tramp erweist sich als überaus hartnäckig und klebt als untote Klette am Mercedes ohne sich abschütteln zu lassen. Das hat viel mit verdrängten Schuldkomplexen und den dazugehörenden Abwehrmechanismen zu tun – ein ums andere Mal schüttelt Lois den Verfolger ab oder zerquetscht ihn unter den Rädern, und doch taucht er immer wieder auf. Merke: unverarbeitete Traumata wird man nie los und irgendwann haben sie einen schließlich am Wickel. Sehr putzig sind in diesem Zusammenhang darum auch die während der schaurigen Nachtfahrt geführten Selbstgespräche, die von der Flucht („Hah, niemand hat mich gesehen!“) über Wunschdenken („vielleicht lebt er ja noch…“) und gewaltsame Abwehr bis hin zur handfesten Leugnung („Ich hab’ das alles nur geträumt“) geradezu modellhaft die diversen Stadien der Schuldverdrängung durchexerzieren.

creepshow2 008Mit Blick auf den weiter oben bereits erwähnten Klassenkampf und auch auf den Cameo von King als dümmlichem Truckerfahrer muss man aber erneut konstatieren: gut geheuchelt, Jungs! Denn selbstverständlich geht es einmal mehr um die von der Upperclass überrollten farbigen Underdogs, die gesellschaftlich unter die Räder geraten sind und darum einen umso übleren Eindruck hinterlassen, wenn sie es wagen, in ihrem lädierten Zustand wieder auf der Bildfläche zu erscheinen. Thematisch passt das zwar sehr gut zu Romeros Zombiefilmen und auch dazu, dass King vor seinem literarischen Erfolg im Wohnwagen hausen musste, aber als dauerbesoffener koksender Millionär, der es sich erlauben kann, durch seine Exzesse ganze Filmprojekte in den Sand zu setzen („Maximum Overdrive“ anyone?) sollte man einfach nicht den Moralapostel spielen. Wie gesagt, Fahrerflucht und ihre Folgen (meinetwegen auch als Metapher auf die kollektiv verdrängte Ausbeutung ethnischer Minderheiten) geht thematisch durchaus in Ordnung, aber braucht man dazu wirklich auch gleich noch luxusverwöhnte Ehebrecherinnen, Tabak am Steuer und den entrechteten schwarzen Mann bemühen? Eigentlich ein Wunder, dass die Amokfahrerin keine Anwaltstochter war, denn Jugendliche sind laut der in „Creepshow 2“ etablierten Weltsicht ja sowieso Verbrecher.

creepshow2 006Dies zeigt zuletzt noch die als Zeichentrickfilm gestaltete Rahmenhandlung, in der sich ein begeisterter kleiner „Creepshow“-Leser ein wenig mit einer weiteren Henry Bowers-Clique herumärgern muss bevor er die Bullies schließlich an seine zu Übergröße mutierten fleischfressenden Pflanzen verfüttern kann. Über die freudianischen Dimensionen dieser letzten Bestrafungsfantasie hülle ich aber gnädig das Venusfliegenfallenblatt und erwähne stattdessen, dass auch in diesem „Creepshow“-Film Tom Savini einen Gastauftritt hat. Dass dieser selbstverständlich genauso plump ausfällt wie der Rest vom Fest dürfte niemanden mehr verwundern.

Und neben Savini muss ich leider auch einmal mehr erwähnen, dass speziell der deutsche Jugendschutz wie üblich vollkommen unfähig war, den Film richtig zu beurteilen. „Creepshow 2“ doziert seine Moralphilosophie jedenfalls aufdringlicher als jedes Lehrstück von Bertolt Brecht und bestätigt damit im Kern alle Vorurteile, die man in den 80ern als wertkonservativer Mensch gegenüber einer Welt hegte, die sich seit den Hippies weitergedreht hatte.[2] Womit er eigentlich der staubigen Weltsicht all der Bewahrpädagogen und Bildschirmschützer entspricht, deren Ziel eine absolut keimfreie Kulturproduktion zu sein scheint – nur mit dem feinen Unterschied, dass in „Creepshow 2“ (angedeuteter) Sex und ein wenig Gewalt gewissermaßen als Köder verwendet werden, um das jugendliche Zielpublikum anzulocken damit es sich dieser pädagogischen Lektion freiwillig aussetzt.

creepshow2 002Wenn man so will funktioniert der Film darum gewissermaßen selbst wie eine reichlich verlogene Venusfliegenfalle und setzt sich durch ein Zitat über den nichtvorhandenen Zusammenhang von Jugendgewalt und Horrorcomics noch zusätzlich die Narrenkappe auf[3] - nicht weil diese These falsch wäre, sondern weil über die gesamte Laufzeit schlicht und einfach genau das Gegenteil postuliert wird und „Creepshow 2“ damit dem von den Republikanern vertretenen „alten“ Amerika, in dem scheinbar aufrechte Westerner, Indianer und Negersklaven[4] friedlich vereint das Wohl der Nation im Auge hatten, das Wort redet.

Interessanterweise war „Creepshow 2“ übrigens einer der wenigen Filme, die von Highlight uncut auf VHS veröffentlicht wurden (und die haben damals wirklich alles geschnitten!), darum selbstverständlich ab 18 und kurz darauf auch noch indiziert. Inzwischen ist er zwar wieder runter vom Index aber neben der ungekürzten Fassung kursieren zahlreiche um rund 10 Minuten erleichterte Versionen mit 16er-Freigabe, um die man tunlichst einen Bogen machen sollte. Und auch die diversen ungeschnittenen DVDs glänzen durch eine eher popelige Präsentation, ganz wie man das von MIB und Pest-Entertainment eben so gewohnt ist. Da der Film durch das korrekte Bildformat und einen saubereren Bildtransfer aber wohl auch nicht mehr besser wird habe ich mir die Bluray bisher erspart - als King-Collector dürfte man langfristig trotzdem nicht drumherumkommen, sich diesen formal innovationslosen und ideologisch ewiggestrigen Kram zu beschaffen.

Ich werde mich wenn der Zeitpunkt des Kaufs eintritt vermutlich damit beruhigen müssen, dass „Creepshow 3“ noch übler ist.

 Alexander Jäger

 

[1] den man in Deutschland gleich auf drei Taschenbücher verteilte („Im Morgengrauen“, „Der Gesang der Toten“ und „Der Fornit“), inzwischen unter dem Titel „Blut“ aber auch wieder am Stück veröffentlich hat.

[2] Diese Formulierung musste jetzt einfach sein, denn im Grunde genommen mag ich King ja trotzdem.

[3] Den Abspann immer fleißig bis zum Ende ansehen, dann kriegt man auch solche Feinheiten mit, gell?

[4] Ich habe dieses Wort aus mehreren Gründen bewusst verwendet, u. a. weil es am deutlichsten macht, dass diese Eintracht der diversen Ethnien schon aufgrund der Bezeichnung nie gegeben war. Dia dürfte einen weiteren Grund kennen.


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