Il giorno dopo... (Italien 2016) Regie: Ruggero Deodato Drehbuch: Ruggero Deodato, Jacopo Mazzuoli, Angelo Orlando Musik: Claudio Simonetti Darsteller: Roger Garth, Ernesto Mahieux, Carlotta Morelli „Can you please stop fucking, I have glass in my foot!“ Zuerst einmal die guten Nachrichten: Das mir vorliegende Mediabook von Wicked-Vision sieht toll aus und fühlt sich wertig an. Auf dem Hochglanz-Cover (Motiv C – limitiert auf 222 Stück) strahlt uns eine blutverschmierte und dürftig bekleidete dunkelhaarige Dame an. Auch die Rückseite ist ansprechend mit blutigen Bildern und nacktem Fleisch verziert und verspricht uns im Text „Eine Geschichte voller Wahnsinn, Gewalt und Sex“.
So halte ich zum Beispiel „Mondo Cannibale 2 – der Vogelmensch“ (1977) – trotz seiner heftigen Anleihen bei „A man called horse“ (1970) – für den stärksten Film dieses Untergenres, da er, neben den genretypischen Scheußlichkeiten, tatsächlich so etwas wie ein Herz hat. Und auch wenn ich ihm die Schildkrötenszene in „Cannibal Holocaust“ niemals wirklich verzeihen kann, so muss man zugeben dass es sich bei diesem Film dann eigentlich um das letzte Wort zum Thema Kannibalenfilm handelte, alles was danach kam konnte weder in Sachen Schockfaktor noch in Bezug auf die Aussage mit diesem – wohl kontroversesten Film aller Zeiten – mithalten.
Auch „Ballad in Blood“ sieht toll aus, bietet schöne Kulissen und Drehorte, knackige Farben, schöne Körper und den ein oder anderen interessanten visuellen Einfall. Die Musik von Ex-Goblin Claudio Simonetti wäre es wert auf Platte gepresst zu werden und beinhaltet – wie üblich – ein tolles Main-Theme und zwei oder drei andere interessante Progrock-Stücke. Letztlich kann man noch das 24-seitige Booklet von Christoph C. Kellerbach loben, dass sich allerdings auch über 18 dieser Seiten mit der Karriere von Deodato beschäftigt und ebenfalls dann Probleme hat, dem eigentlichen Film etwas positives abzugewinnen, was uns dann auch endlich zum Fleisch der Veröffentlichung bringt.
Der Film beginnt damit, dass der muskulöse und gut aussehende Schwarze Arden (Roger Garth) sich, während er nackt pinkelt, eine Scherbe in den Fuss tritt und analog Peter Griffin jammernd durch die riesige 1 ½-geschossige Wohnung stolpert, die er scheinbar mit zwei anderen Studenten bewohnt. Diese beiden Mitbewohner, Leo (Ernesto Mahieux) und Lenka (Carlotta Morelli) sind gerade dabei sich körperlich zu vereinigen und von der Störung durch den leidenden Arden so genervt, dass sich Leo über die Brüste von Lenka erbricht. Während diese sich nun unter die Dusche stellt (die im übrigen scheinbar direkt nach dem Aufdrehen warmes Wasser produziert, wie meine Tochter beim Sehen erstaunt feststellte) gehen unsere beiden männlichen Helden in die Küche um den schwerstverletzten Arden zu versorgen. Dabei fällt ihnen durch ein Oberlicht eine nackte weibliche Leiche vor die Füsse, die nicht nur ziemlich tot sondern auch offensichtlich nicht eines natürlichen Todes gestorben ist.
Den Rest des Filmes ist unser Trio nun auf der Suche nach dem Killer, was interessanter klingt, als es ist, da außer diesen drei Figuren (und Elizabeth in den Rückblenden/Videos) keine Figur auch nur im Entferntesten charakterisiert wird und es demnach keinerlei potentiellen Übeltäter gibt, der dem Film noch etwas ähnliches wie Suspense hätte hinzufügen können. Sicherlich gibt es einige absurde Figuren, wie zum Beispiel einen kleinwüchsigen Barbesitzer und dessen geschlechtsneutrales Faktotum und etliche Szenen, in denen Silikonbrüste ins Bild wabbeln, aber dank fehlender Dramaturgie, seltsamen Tag/Nachtwechseln und massiv vielen Anschlußfehlern fällt es dem Zuschauer sehr schwer, auch nur den Hauch von Empathie für unsere „Helden“ zu empfinden, die generell schon so unsympatisch sind, dass man ihnen die Pest an den Hals wünscht. Im ersten Drittel des Filmes gibt es noch ein Cameo von Regisseur Deodato der den, an einen Rollstuhl gefesselten, Austauschstudentengruppenprofessor gibt und von seinen Schülern auf einen Pickup gestellt und aus dem Film gefahren wird, damit diese sich nun ungestört ihren Austauschstudententätigkeiten (Alkohol, Drogen und Sex) widmen können.
„Ballad in Blood“ kann man selbst Deodato-Komplettisten nur unter Vorbehalt empfehlen, der Film hat nichts was es wert wäre ihm 94 Minuten Lebenszeit zu opfern und selbst Gorehounds kommen bei den drei etwas blutigeren Szenen nicht auf ihre Kosten. Gehen Sie weiter, hier gibt es nichts zu sehen...
dia [1] Natürlich muss man Mario Bava, dessen Talent eine eigene Ebene im italienischen Filmgeschäft bildet, hier aussen vor lassen.
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