(Italy 1979) Drehbuch: Elisa Briganti, Dardano Sacchetti Kamera: Sergio Salvati Special-Effects: Giannetto De Rossi Musik: Fabio Frizzi Darsteller: Ian McCulloch, Tisa Farrow, Richard Johnson, Al Cliver, Auretta Gay, Olga Karlatos
„What is all this about the dead coming back to life again... having to be killed a second time?
Irgendwo in der einfachen Hütte einer Missionsstation in den fiebrig-warmen Gefilden der Karibik liegt eine in Lacken gewickelte Leiche auf einem Krankenbett. Als sich der gespenstisch erscheinende Körper erhebt, richtet Dr. Menard eine Pistole auf den wiedererwachenden Körper. Ein Schuss in den Kopf, der eine tiefe, blutige Wunde in den Schädel reißt, und der Untote findet seine heilige Ruhe. Ortswechsel: In der Bucht von New York treibt eine kleine Yacht führerlos in Richtung der Lady Liberty. Zwei Polizisten inspizieren das Geisterboot, da wird einer von ihnen von einem fetten, fauligen Kerl angegriffen und grausig getötet. Erst als der zweite Polizist seine ganze Trommel an Patronen in den fiesen, fauligen Fettsack entlädt, stürzt dieser ins Wasser, während der Ordnungshüter mit einem toten Kollegen und einer unglaublichen Geschichte zurückbleibt. Die Yacht gehört dem Forscher Bowles, aber von dem guten Mann fehlt jede Spur, weswegen die Ermittler bei seiner Tochter Anne vorstellig werden. Bei dieser Begegnung fragen sich beide Parteien, was denn nun aus Annes Vater geworden ist, worauf aber keiner eine Antwort hat. Nachts trifft Anne am Hafen auf den Reporter Peter West, der eine gute Story wittert. Da man Einigung darin erzielt, dass die Polizei unfähig ist, und beide wissen wollen, was mit Bowles Senior geschehen ist, beschließen sie, bei der letzten bekannten Adresse des Herrn im Ausland, auf einer Karibikinsel namens Matool, anzuklingeln. Vor Ort, also in der Karibik, müssen sie feststellen, dass Matool nicht so einfach mal mit einer Transit-Verbindung zu erreichen ist, und da sich die Ansässigen gehässig zeigen und ihnen kein Boot vermieten, nehmen sie die freundliche Einladung des Paares Brian und Susan an, mit ihnen zur Insel zu kutschieren. Schon auf der Hinfahrt hat Susan dabei eine aquanautische Begegnung der fauligen Art, und bei der Ankunft geht der Motor 'putt. Aber auch hier auf Matool liegt einiges im argen; der Voodoo-Zauber, den Dr. Menard mit dem inzwischen verblichen Papa Bowles auf seine wissenschaftlichen Grundlagen abklopfen wollte, hat die alten Conquistadoren aus ihren Gräbern gelockt, und so rollt eine Welle von Untoten auf die ehemalige Missionsstation zu, deren Hartnäckigkeit Mrs. Menard, die sich gerade noch unter der Dusche räkelte, in Form eines spitzen Holzes in nur allzu genauen Augenschein nehmen durfte. Sie sind alt, sie sind hässlich, sie sind faulig und stinken. Und sie haben es auf das frische, saftig-lebendige Fleisch unserer Freunde abgesehen, die plötzlich einer Übermacht dieser wandelnden Untoten gegenüberstehen... Es begann in den 60er-Jahren, vielleicht auch schon ein paar Jahre früher, da wollten die italienischen Filmproduzenten, inzwischen berühmt für ihren künstlerisch hochwertigen Neorealismus, aber nicht für unbedingt massentaugliche Kommerzprodukte, vom Kuchen internationaler Kino-Auswertungen ein gutes Stück abhaben und fingen an, aus laufenden Trends der Traumfabrik Hollywood, neben einigen eigenen, großen Werken und italo-amerikanischer Koproduktionen aus der altehrwürdigen Cinecitta, eine Welle daran angelehnten, launigen Kintopps zu fabrizieren. Zuerst gab es den Monumental-Film, der gerne von weitesgehend fiktiven Abenteuern historisch verbürgter Personen handelte, in den Hauptrollen mit Stars wie Charlton Heston, Yul Brynner oder Tony Curtis besetzt, woraus in Italien der Sandalenfilm entstand, dessen Geschichten, naheliegend, im römischen Reich, bei den alten Griechen und auch im vorderen Orient verwurzelt waren. Für die kostengünstigen Vertreter, die den Markt mit Masse überschwemmten, importierte man mit Vorliebe amerikanische Muskelmänner, Bodybuilding-Champions und mehrere Mister Unversum, wie Steve Reeves oder Richard Harrison, die in Amerika keinen Fuß in das Filmgeschäft bekamen, hier aber als Helden des Pöbels gefeiert wurden. Nebenher entstand hier der Italo-Western, der fern der Last Frontier-Romantik und humanistischer Anklänge in seinem Ursprungsland eine härtere Gangart einschlug und den Menschen, nicht die Wüste, die Koyoten oder, in aus anderen Zeiten bekannter rassistischer Ressentiments stammend, die Indianer waren sein Feind, sondern die von ihrem gierigen Streben nach Geld, Macht und Mädchen, manchmal auch purer Bösartigkeit und Mordlust, getriebenen Mitmenschen, die es hier im Dutzend billiger gab. Gleichwohl beeinflussten die Werke eines Alfred Hitchcock jene Regisseure wie Mario Bava, Umberto Lenzi und nicht zuletzt Dario Argento, die später den Giallo aus der Taufe heben sollten. Und die populären Polizei- und Gangsterfilme der späten 60er und frühen 70er gaben zumindest die Marschrichtung für das italienische Subgenre des Poliziesco vor. Allen war ihnen dabei gemein, dass diese Filme aus einer nie zu versiegen scheinenden Quelle sprudelten und ebenso inflationär mit englischsprachigen Schauspielern besetzt waren, um sie international besser zu vermarkten, obgleich ihnen der Weg nach Westen, in die Kinos der USA, zumeist verwehrt blieb. Als 1978 dann George A. Romeros Klassiker ZOMBIE/DAWN OF THE DEAD ausgerechnet in Italien, in Turin, wo der sogenannte Euro-Cut des Films, von Dario Argento erstellt, Premiere feierte, seinen Siegeszug um die Welt antrat, war klar, dass sich alsbald die italienische Film-Industrie regen würde, um ähnliche Streifen zu produzieren, und das nicht zu knapp. Schon Romeros NIGHT OF THE LIVING DEAD von 1969 hatte eine Zombie-Welle in Europa losgetreten, aber waren es zu der Zeit mehr die Spanier mit Filmen wie DIE NACHT DER REITENDEN LEICHEN/LA NOCHE DEL TERROR CIEGO (1972) von Armando D'Ossorio, BLUTRAUSCH DER ZOMBIES/LA REBELLION DE LAS MUERTAS (1973) mit dem unvermeidlichen Paul Naschy oder INVASION DER ZOMBIES/NON SI DEVE PROFANARE IL SONNO DEI MORTI (1974) von Jorge Grau (wie man am Original-Titel unschwer erkennen kann, war dies eine italienisch-spanische Koproduktion, und in der Hauptrolle agierte der ehemalige Star aus Fotoromanen Ray Lovelock) das Verlangen nach den Wiedergängern stillten. Erst Romeros zweiter Streich sollte die Herren vom Stiefel ein letztes mal so richtig beflügeln, die Welt mit Ripoffs und damit dutzenden Italo-Zombies zu überfallen. Als ZOMBIE/DAWN OF THE DEAD sich in Europa (vor allem in Deutschland, wo das Geld zur Finanzierung italienischer Exploitation zu der Zeit recht locker saß) zu einem großen Hit an den Kinokassen entwickelte, wollte Produzent Fabrizio De Angelis daran prosperieren. Sein Kollege Ugo Tucci erinnerte sich daran, vor nicht allzu langer Zeit ein Drehbuch namens ISLAND OF THE LIVING DEAD von Dardano Sacchetti und seiner Frau Elisa Brigante erhalten zu haben, welches eigentlich ein Zombie-Western werden sollte, aber sich auf Einwand Sacchettis hin zu einer Mischung aus Abenteuerfilm und Zombiehorror entwickelte. Sacchetti, ein langjähriger Weggefährte Lucio Fulcis, fügte flugs die Szenen in New York dem Drehbuch hinzu, um zwar keine Verbindung, aber doch eine Nähe zum Vorbild zu suggerieren. Dies sollte sich im nachhinein als kongenialer Schachzug erweisen, denn bei genauer Betrachtung könnte der Film theoretisch nicht als Sequel sondern als Prequel zu Romeros Film fungieren, da sie den Einfall der Zombieseuche in die USA durch eben dieses eine in die New Yorker Bucht einlaufende Boot und den einen nicht unschädlich gemachten, ins Wasser gefallenen fetten, faulen Zombie beschreibt. Auf diese Weise bietet der Film für gewillte Fans von ZOMBIE/DAWN OF THE DEAD reizvolles Terrain. Die Idee, den Film, der in Italien sogar erfolgreicher im Kino lief als sein Vorbild, in ZOMBI 2 umzubenennen, kam dabei erst später, als sich herausstellte, dass sich ZOMBI (wie ZOMBIE in Italien hieß) als Titel nicht schützen ließ. Lustigerweise lief dafür WOODOO/ZOMBI 2 später als ZOMBIE in den US-Kinos. Regisseur Lucio Fulci, der schon 1977 mit Sacchetti bei DIE SIEBEN SCHWARZEN NOTEN/LA SETTE NOTE IN NERO zusammengearbeitet und seit den Tod seiner Frau eine Vorliebe für morbide Themen und auch Szenen grafischer Gewalt, vor allem in Bezug auf die Desintegration des menschlichen Körpers durch ebensolche, entwickelt hatte, wurde von De Angelis und Tucci mit einem, für damalige Verhälnisse, moderaten Budget von 420 Mio Lire (heute etwa 230.000 €) ausgestattet und innerhalb von dreieinhalb Wochen zu Dreharbeiten nach New York, Mexiko und Santa Domingo geschickt, die Innendrehs fanden dann im Studio in Rom statt. In den Hauptrollen als Anne und Peter wurden die Amerikanerin Tisa Farrow, jüngste Schwester von Hollywood-Star Mia Farrow, und der Engländer Ian McCulloch, der in seiner Heimat durch die Endzeit-TV-Serie SURVIVORS (1975-77) Bekanntheit erlangte, besetzt, Dr. Menard wurde von Richard Johnson gespielt. Er hatte seine beste Zeit in den 60ern als Star von Eurospy-Filmen wie HEIßE KATZEN/DEADLIER THAN THE MALE oder RATTEN IM SECRET SERVICE/DANGER ROUTE (beide 1967), und drehte auch schon damals öfters in Italien, wie etwa für Damiano Damiani in HEXE DER LIEBE/LA STREGA IN AMORE (1966). Er bildet hier einen guten, dramatischen Gegenpol zu den zwar charismatisch, aber doch recht sorglos agierenden Protagonisten-Pärchen. Der Cast wird abgerundet mit dem gebürtigen Ägypter Al Cliver, der zu einem späten Star der Italosploitation werden sollte, und einem femininen Dreiergespann bestehend aus der hübschen, aber eher unbekannten Auretta Gay, der lieblichen Stefania D'Ambrosio und der makanten griechischen Schönheit Olga Karlatos, die wohl nur dazu hier war, um sich nackig zu machen und spektakulär zu sterben. Sergio Salvati überwachte die Kamera-Arbeit für alle von Fulcis Filmen dieser arbeitsreichen Phase bis 1981 und zauberte unter dessen Regie einige wirklich unheimliche Bilder, sei es im Hafen von New York oder in und um die Mission auf Matoola, sowie eines alten Conquistadoren-Friedhofs, dem die Untoten entsteigen. Berühmt sind vor allem der Unterwasser-Kampf eines Zombies mit einem Hai und die grandios gefilmte Szene, in der der bereits erwähnte Holzsplitter in das Auge von Olga Karlatos eindringt. Für die billigen, aber einfallsreich-modernden Zombie-Masken und die zahlreichen blutigen Effekte zeichnet sich Gianetto De Rossi verantwortlich, der in dieser Zeit einige eklige Bilder des Zerfalls und auf vielfältige Weise misshandelter und aufplatzender menschlicher Körper auf die Leinwand zauberte. Die zwischen karibischen Urlaubs-Klängen und bedrohlichen Synthesizer-Melodien wechselnde Musik zu dem ganzen besorgte, wie so oft, Fabio Frizzi. Lucio Fulci erschuf mit WOODOO – SCHRECKENSINSEL DER ZOMBIES/ZOMBI 2 den perfekten Gegenpol zur düsteren Dystopie von Romeros Meisterwerk in seiner erbarmungslosen Ausrichtung der Schnittfassung Dario Argentos. Der comiceske Splatter ist zwar auch düster, blutig und verweigert dem Zuschauer ein erlösendes Happy-End, scheint aber durch den Look, die Location und den geradezu überschwenglich zelebrierten Gemetzel mit seinem übernatürlichem Flair exotischen Voodoo-Zaubers, unmöglich aus dieser Welt stammen zu können, wenn man den Anfang und das Ende in New York mal außer Acht lässt. Fulci gibt hier die Marschrichtung für seine folgenden Filme vor, in denen er seine Protagonisten unvermittelt aus der Realität reißt und durch eine von Monstern bevölkerte Scheinwelt schickt, in der Logik keine Rolle mehr spielt. WOODOO/ZOMBI 2 wurde sein erstes Meisterwerk des fantastischen Films und der wahrscheinlich beste Italo-Zombie. Wie so oft kann ich hier mal wieder die Veröffentlichung des englischen Labels Arrow Films nur jedem Fulci-Fan ans Herz legen, die den Film nicht nur in der bestmöglichen Bild- und Tonqualität aufbietet, sondern auch noch von Tonnen an exklusiven Extras, wie ausführlichen Interviews & Featurettes mit Dardano, Frizzi und Salvati, begleitet, heutzutage aber nicht mehr allzu häufig zum Verkauf angetroffen wird. Horny |
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