Finsterer Stern / Spreng planeten! / Estrella oscura (USA 1974) Regie: John Carpenter Drehbuch: John Carpenter, Dan O'Bannon Special-FX: Dan O'Bannon, Ron Cobb Darsteller: Brian Narelle, Cal Kuniholm, Dan O'Bannon, Dre Pahich
"Bomb, this is Lt. Doolittle. You are *not* to detonate in the bomb bay.
Dass der Abschlußfilm einiger Filmstudenten eine größere Aufmerksamkeit erfährt, als einige Vorführungen innerhalb der jeweiligen Studentenkreise, ist (leider) nicht die Regel. Nur wenige Werke schaffen es vom Campus in die breite Öffentlichkeit – zumeist erst dann, wenn ihre Macher bereits einen recht großen Namen tragen. So war es unter anderem auch bei David Cronenbergs Werken „Stereo“ und „Crimes of the future“ oder George Lucas „THX1138“, wobei letzterer – analog zu dem hier zu besprechenden Werk –vor dem endgültigen Kinostart noch einer intensiven Bearbeitung unterzogen wurde. „Dark Star“ ist das Abschlußwerk der Filmstudenten Dan O`Bannon und John Carpenter und erzählt, in ursprünglich 68 Minuten, die Geschichte von viereinhalb Astronauten[1], die im titelgebenden Raumschiff durchs All schippern und „gefährliche Planeten“ aus dem Weg bomben. Lichtjahre von der Erde entfernt leben sie in einer Art Weltall-Wohngemeinschaft in den Tag hinein und hoffen darauf, dass sie irgendwann ihre komplette, aus 20 Bomben bestehende Ladung abgeworfen haben und wieder nach Hause zurückkehren können. Grundsätzlich wäre das eigentlich schon alles, was man zur Geschichte wissen müsste, aber jeder, der den Film gesehen hat, weiß natürlich, dass er in Wirklichkeit erheblich vielschichtiger und vor allem auch eine treffsichere Parodie auf die Öko-Sci-Fi-Filme der späten 60er und frühen 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts[2] ist. So sind unsere Helden irgendwie eine Gruppe weltfremder Hippies, die die Einsamkeit im Raumschiff einem normalen Leben vorziehen und die Bomben und das Schiff selbst sind mit künstlicher Intelligenz ausgestattet, was sie sozusagen zu weiteren Hauptfiguren macht. Selbst das Ende des Filmes – obwohl eigentlich negativ – erweist sich als außergewöhnlich, erfüllt es doch allen Figuren ihre sehnlichsten Wünsche, sei es nun das Sterben im All, die glücksbringende Explosion, die das einzige Ziel der Bombe ist oder der ikonische Surftrip in die Atmosphäre eines Planeten. Doch nicht nur das Drehbuch von O´Bannon und Carpenter ist beeindruckend auch visuell straft der Film sein Budget von gerade mal 60.000 $ Lügen. Die Weltraumeffekte sind nicht besser oder schlechter als das Meiste was man in der Vor-Star Wars-Zeit, in bedeutend höher budgetierten Werken, auf der Leinwand zu Gesicht bekam und die geschickte Ausstattung und Kameraarbeit lässt die eigentlich kleinen Kulissen bedeutend größer und – trotz offensichtlicher Abkürzungen über diverse Haushaltsgegenstände[3] überzeugend wirken. Bereits in der Ursprungsfassung erkennbar sind Ansätze des typischen Carpenter-Stils. Obwohl in 16 mm gedreht und für den Kinostart „aufgeblasen“ kommt der Film im 1.85 : 1 Breitwandformat daher und der Jungeregisseur vermochte es schon damals dieses Bild perfekt zu füllen. Erstaunlich sind hier kleine Kniffe, wie zum Beispiel, dass er trotz der beschränkten Kulissengröße[4] nicht darauf verzichtet die Kamera auch noch zu bewegen und nur der bildgenaue Schnitt von Dan O´Bannon verhindert, dass die Illusion verloren geht. Als der Film Anfang 1975 dann auf einem Filmfestival in England gezeigt wurde führte das dazu, dass der recht bekannte Produzent Jack H. Harris, der bereits seit den 50er Jahren ein Auge für Science Fiction Filme hatte, Carpenter das Angebot unterbreitete den Film groß ins Kino zu bringen, wenn er ihn denn auf Spielfilmlänge strecken könnte. Carpenter konnte – und während er bereits in der Planung und Vorproduktion für seinen nächsten Film (der „The babysitter killer“ heissen sollte) war, trommelten er und O´Bannon das Team wieder zusammen und schossen 15 zusätzliche Minuten. Vieles davon war einfaches Füllmaterial[5], das Carpenter erst kürzlich für einen „Directors Cut“ wieder entfernte, aber es gab auch einige neue Spezialeffekte wie den Flug durch ein Asteroidenfeld oder die wahrscheinlich heute bekannteste und beeindruckenste Szene des ganzen Filmes – Pinbacks (Dan O'Bannon) Kampf mit dem Ausserirdischen in einem Aufzugschacht. Hier zollen Carpenter und O´Bannon offensichtlich Alfred Hitchcock Tribut und erzeugen mit einem 10 Meter langen (waagerecht gefilmten) Gang, einem Wasserball mit Füssen und einem geschickt eingesetzten Gabelstapler eine Sequenz die in Aufbau, innerer Logik[6] und Spannung tatsächlich an die besten Arbeiten des Altmeisters erinnert. In den USA wurde der Film dann im Januar 1976 mit moderatem Erfolg in den Kinos gestartet, nach Deutschland kam er erst kurz vor dem Kinostart des im Heimatland bereits ungemein erfolgreichen „Halloween“ in die Programmkinos, versank dort aber mehr oder weniger ohne großen Einfluß. Erst nachdem die „Halloween“-Erfolgswelle auch hierzulande überschwappte und gefühlt 30 Rip-Offs pro Monat in den Kinos zu „bewundern“ waren, erinnerte man sich wieder an den kleinen Science Fiction Film und es kam zu ersten TV-Einsätzen, die wahrscheinlich auch für die meisten Leser dieser Zeilen die erste Begegnung mit dem Film gewesen sein dürften. Erstaunlich aus heutiger Sicht ist auf alle Fälle in wie weit der Film das Science Fiction Genre danach beeinflusst hat. So sind zum Beispiel die Szenen, in denen die „Dark Star“ in den Hyperspace geht dem Jahre später entstandenen „Star Wars“ doch sehr ähnlich. Auch die Idee die Raumschiffbesatzung zu Vertretern der Arbeiterklasse zu machen fand sich einige Jahre später in einem kleinen Film namens „Alien“ wieder, der übrigens von einem gewissen Dan O-Bannon geschrieben wurde. Zusätzlich sollte man nicht vergessen, dass Science Fiction vor „Dark Star“ ein durchaus ernstes Genre und eine Verbindung mit Humor eigentlich eher unerwünscht war. Alles in allem ist „Dark Star“ – im Gegensatz zu vergleichbaren Genrefilmen – erstaunlich gut gealtert und man könnte ihn ohne Einschränkung weiter empfehlen, gäbe es da nicht das kleine Problem, das der Film bisher noch nicht in einer optimalen Fassung erschienen ist.
Sämtliche gesichteten älteren DVD-Fassungen weisen ein äußerst schwammiges Bild auf und bei den aktuellen BluRay- und DVD-Versionen liegt eine Restaurierung zu Grunde, bei der die Farbinformationen über weite Strecken komplett falsch sind (siehe Vergleichsbild) und der Film sozusagen klinisch kalt rüberkommt. Zusätzlich sind diese Versionen auch noch „totgefiltert“ so dass die Gesichter der Protagonisten teils wie aus Wachs wirken. Sicherlich kann man bei einem auf 16mm gedrehten Werk nicht die Schärfe eines heutzutage üblichen digitalen Bildes erwarten, aber zumindest in Bezug auf die Farbdramaturgie sollte man sich doch am Original orientieren und das ist nunmal mit hohen rot-orange Anteilen gedreht, gerade damit der Film nicht so steril wirkt wie seine Genre-Zeitgenossen. Manchmal ist weniger halt doch mehr.
UPDATE: Jetzt gilt es nur noch dieses Schmuckstück zu finden... dia
[1] Der Pilot des Schiffes befindet sich nach einem Unfall im Kälteschlaf. [2] Speziell „2001“, „Soylent Green“ und „Silent Running“ werden hier zitiert und das Ende erinnert nicht von ungefähr an „Dr. Strangelove...“ [3] So sind z.B. die Raumhelme der Crew deutlich als Staubsauger erkennbar und viele der Kontrollpanels bestehen aus Eierkartons und sonstigem Verpackungsmaterial. [4] Deutlich erkennbar im Kontrollraum des Raumschiffes, in dem drei Darstelller sozusagen mit der Nase an den Wänden sitzen. [5] Einige der Essensszenen, die Sequenzen mit dem selbstgebauten Musikinstrument. [6] Denkt einfach nicht darüber nach, wo sich dieser Schacht in der „Dark Star“ versteckt und was sein Sinn ist. Wer genaueres wissen will sollte mal nach „Mc Guffin“ googlen.
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