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01 squirmklein 1970erQuerklein 0 otherklein

Das Haus der lebenden Leichen / El maniático / Pyromaniac / Op de Drempel van de Gruwel

(USA 1979)


Regie: Joseph Ellison

Darsteller: Dan Grimaldi, Charles Bonet, Bill Ricci

Kamera: Oliver Wood

GoZitat

"Sie war eine ganz böse Frau. Wir haben Dich von ihr befreit. Du darfst jetzt alles tun, was Du willst." – "Darf ich auch laute Musik spielen?"

Donny Kohler ist ein introvertierter, junger Mann und wohnt noch mit seiner Mutter zusammen. Als an seiner Arbeitsstelle ein Unfall geschieht und ein Kollege in Brand steht, ist er wie gelähmt. Sein Vorarbeiter hält ihn für bescheuert, doch Kumpel Bobby nimmt ihn in Schutz. Was Feuer betrifft, ist Donny ein gebranntes Kind. Go003Sein Vater ist früh gestorben und so litt Donny lange Zeit unter der Fuchtel der brutalen Frau, die ihn immer, wenn der kleine Donny mal böse war, seine Unterarme am Herd verbrannte. Jetzt also ist er erwachsen und immer noch nicht ganz durch in der Birne, wenn ihr versteht, was ich meine. Doch auch Bobby ist nicht die hellste Birne und versucht, ihn auch heute wieder dazu zu überreden, sich mit ihm einen zu brennen. Doch Mutti ist schwerkrank, also geht es für Donny gleich nach Hause. Hier stellt er fest, dass es Mutti sogar so sehr kränkelt, dass ein Doktor inzwischen überflüssig ist. Nun brennen bei ihm endgültig die Sicherungen durch, und Stimmen in seinem Kopf nehmen Überhand, die ihm flüstern, wie böse seine Mutti war. Als ob er das nicht selbst wüsste!

Go016Er verkokelt daraufhin die Leiche der alten Dame in eine Dörrpflaume und drapiert sie in ihrem Zimmer auf das Sofa. Die Stimmen in seinem Kopf verstummen nicht, und er ist schnell Feuer und Flamme für ihre Ideen, die die Bestrafung alleinstehender Frauen für ihr böses Wesen beinhalten. Anstatt weiter seiner Arbeit am Schmelzofen nachzugehen, macht er sich daran, junge Frauen in sein Haus zu locken, um sie dort mit einem Flammenwerfer zu bearbeiten. Dann dürfen sie anschließend, wieder züchtig angekleidet, bei seiner Mutter, der gammeligen Trockenfrucht, Platz nehmen. Anfangs verbrennt er sich dabei fast seine Finger, doch die Leidenschaft lodert in seinem Herzen, und so brutzeln bald immer mehr Mädels in seinem Kellerverlies…

Go012Es war schon ein komischer Zufall, als 1979/80 kurz hintereinander in New York zwei Epigonen von Hitchcocks "Psycho" entstanden. Und geradezu kurios mutet es an, dass beide sich im Finale des jeweiligen Films desselben Kniffs bedienten, nämlich dass der psychotische Bösewicht von den Geistern seiner Opfer heimgesucht und getötet wird (Hätte ich hier eine Spoiler-Warnung setzen sollen? I don't think so…). Ich habe hierzu schon öfters gelesen, dass "Don't Go in the House" von William Lustigs Kult-Slasher "Maniac", welcher der andere der beiden Filme ist, geklaut hätte. Das ist allerdings unwahrscheinlich, da erstgenannter bereits ein gutes halbes Jahr vorher gedreht wurde. Und anders herum? Wohl auch nicht, da "Don't Go in the House" erst nach Drehbeginn seine Premiere feierte, und das dazu noch in Paris. Aber vielleicht liege ich da auch komplett falsch, wenn ich jetzt mal behaupte, dass das alles nur Zufall sei, und Joseph Ellison, Joe Masefield und/oder Ellen Hammill, die alle am Screenplay werkelten, kannten Joe Spinell, William Lustig und/oder C.A. Rosenberg, tauschten sich vielleicht in ihren Ideen aus.

Go020Die Welt ist klein, Manhattan ist verdammt groß, und vor allem: who cares?

Da gibt es also zwei psychopathische Killer, die die New Yorker Nächte nach weiblichen Opfern durchstreifen, um später zuhause ihre Trophäen in Szene zu setzen. Dann dringen wir mal weiter in die Materie vor und setzen sie auf den heißen Stuhl, weil uns brennend interessiert, ob die beiden auch auf anderen Ebenen gleich ticken, oder ob nur das gleiche Feuer in ihnen lodert.

"Frank, wo sehen sie sich nach Opfern um? Was ist ihr bevorzugtes Jagdrevier?" – "Es gibt in Manhattan viele stille Plätzchen. Die U-Bahn, unter Brücken, auf dem Friedhof, überall dort ist es nachts menschenleer. Und mal ehrlich; wenn sich eine von den Schlampen zu solch einer Uhrzeit dort rumtreibt, dann ist sie doch selbst schuld. Dann muss sie doch damit rechnen, jemanden wir mir zu begegnen. Wissen die nicht, dass sich nachts böse Menschen in der Stadt rumtreiben?"

Go018"Donny, kommen wir zu ihnen. Fühlen sie sich auch dort wohl, wo die Dunkelheit ihnen Schutz bietet?" – "Ich mag das nicht. Mutter würde nicht mögen, dass ich dorthin gehe. Dort, wo die bösen Mädchen abends herumstolzieren und es stinkend und dreckig ist. Ich mag auch nicht mit ihnen reden. Die sind nicht gut, und manchmal wollen sie auch nicht mit zu mir kommen. Dabei braucht Mutter doch Gesellschaft."

YOU HAVE BEEN WARNED!

Ja, Donny ist wirklich kein Charmeur und Selbstsicherheit kennt er wohl nicht einmal vom Hörensagen. Er weiß vermutlich nicht einmal, was Hörensagen bedeutet. Der Kleine köchelt im Kopf nur auf halber Flamme und seine Versuche, Opfer in sein Haus zu locken, sind unbeholfen. Er ist auf das Wohlwollen seiner Mitbürgerinnen angewiesen, scheint immer wieder darauf zu bauen, bemuttert zu werden. Wenn der Drang dann später in ihm aufwallt und er die Initiative ergreift, möchte man sich vor Scham abwenden und das Gesicht hinter der flachen Hand verbergen. Als Bobby ihn dann endlich überreden kann, sich mit ihm ins Nachtleben zu stürzen und eine Frau aufzureißen, leitet dies das Ende seiner stillen Serienkiller-Tage ein. Und just jetzt, wo es eigentlich schon vorbei ist, weil er in aller Öffentlichkeit eskaliert, nimmt er tatsächlich gleich zwei Mädchen mit nach Hause, vor Selbstbewusstsein strotzend. Doch genau jetzt wenden sich die Stimmen in seinem Kopf gegen ihn. GoTittenRein psychologisch ergibt das, zumindest für mich, jetzt keinen gesteigerten Sinn, aber das soll nichts heißen, ich bin schließlich kein Seelenklempner und muss mir schon oft genug an die eigene Rübe greifen. Da will ich mich jetzt nicht in Mutmaßungen versteigen, um mir daran die Finger zu verbrennen.

Um noch einmal den Vergleich mit Frank Zito und "Maniac" zu bemühen, der viel zu nahe liegt, um es nichts zu tun – quasi um die Ecke –, dann bleibt festzustellen, dass Donny hingegen zu Joe Spinells schizophrenen Charakter, der genauso blutrünstiges Monster wie auch eloquenter Charmeur sein kann, zum einen kein Routinier ist und auch in seinen geistigen Kapazitäten limitiert. Zum anderen rührt seine Misogynie aus Erziehung oder, sagen wir eher, einem lange erarbeiteten Trauma und sich manifestierenden Wahnvorstellungen her, die durch den plötzlichen Tod seiner herrischen Mutter ausgelöst werden. Es wirkt dabei irgendwie entschuldigend, dass er sowohl als Täter wie als Opfer dargestellt wird. Das lässt sich schon irgendwie unschön an, da man versucht zu relativieren. Frank Zito dagegen ist einfach wahnsinnig, in ihm steckt jemand, der durchaus das andere Geschlecht schätzt und liebt, wie auch jemand, der es töten und für sich konservieren will, indem er ihre Skalps sammelt. Donny kann mit Frauen per se nicht viel anfangen, aber über seine Sexualität lässt sich dabei überhaupt nichts schlussfolgern. Es ist natürlich müßig zu erwähnen, dass sich beide Filme gleichermaßen dem Vorwurf der Frauenfeindlichkeit ausgesetzt sahen.

GoKircheAber gehen wir mal ein Schritt zurück von Donny, nehmen ihn ein wenig aus dem Rampenlicht und schauen, wie es ansonsten um den Film bestellt ist.  Der Look ist angenehm dreckig, auch wenn es nur selten in die Stadt geht, wo die Sünde zuhause ist. Das Haus, in das man (als Fräulein) nicht gehen sollte, erinnert ein wenig an das von Norman Bates, auch wenn es nicht so hoch auf einem Hügel thront, sondern nur leicht erhöht steht. Es war damals schon alt und heruntergekommen, und sollte später dann abgerissen werden – heute ist dort ein Museum beheimatet, wo tatsächlich auch jeden Oktober diesem Film Tribut gezollt wird; das Museum selbst ist aber nicht Film-affin. Kameramann Oliver Wood setzt das Interieur sehenswert, sprich ranzig, alt und voller dunkler Ecken, ins Bild, und bringt auch gerne verschiedene Perspektiven ins Spiel. Eine gute Arbeit für solch einen Film, und der gute Mann sollte auch noch Karriere machen und sein Talent für Filme wie John Woos "Im Körper des Feindes" (1997), den ersten drei "Bourne"-Abenteuern und zuletzt bei "The Equalizer 2" unter Beweis stellen.  Grafische Gewalt macht sich im Film eher rar, doch der erste Mord in Donnys Brennkammer wird schon sehr genüsslich zelebriert, mit langen Aufnahmen des brennenden, schreienden Opfers. Im Folgenden wird dies dann aber unserer Fantasie überlassen. Toll sind auch die Bilder, die direkt den in den Asbest-Anzug gehüllten Donny zeigen, wie er seinen Flammenwerfer direkt in die Kamera richtet und entzündet. Im Finale gelingen Ellison, Wood und den Pyrotechnikern dann noch ein paar wunderschöne Bilder des von ihm entfachten Infernos, seiner ganz persönlichen Höllenfahrt.

Go010Regisseur Joseph Ellison geht die ganze Sache ruhig an. Inhaltlich bietet der Film nun wahrlich nicht viel Handlung – Donny hört auf seine Stimmen und versucht, Opfer heranzuschaffen, immer nur unterbrochen von den Anrufen Bobbys, der ihn zu Arbeit oder Trinkgelage überreden will – und Ellison macht nicht wirklich den Versuch, bei der Chose ab und an mal das Tempo anzuziehen. Wäre der Film ein Auto, er führe es immer im ersten Gang. Was den Film ein wenig Schwung gibt, ist die recht fetzige Popmusik, die immer mal wieder aus den Boxen dröhnt, um den Zuschauer aus dem einsetzenden Schlaf zu reißen. Ellison gilt als großer Fan der rhythmisch-harmonischen Beschallung, und sein nächster, und damit zweiter und letzter Film, sollte dann auch das Musiker-Drama "Joey" sein. Und auch "Don't Go in the House" fokussiert sich auf seine Hauptperson, die von Dan Grimaldi, der übrigens seinen Asbest-Anzug aus dem Film nach Drehende behalten hat – wer hätte das nicht? –, recht überzeugend vorgetragen wird. Allerdings erlaubt es ihm das Drehbuch dabei kaum, irgendwelche großen Akzente zu setzen. Eigentlich ist Donny nur ein geistig minderbemittelter und vor allem ziemlich langweiliger Zeitgenosse, wodurch es uns der Film auch schwer macht, irgendwelche Gefühle, sei es Mitleid oder Abscheu, für ihn zu entwickeln. Den Freund Bobby, einer Person wohl ebenfalls eher schlichten Gemüts, gibt stoisch uninteressiert ein Herr namens Robert Carnegie. Solltet ihr mal für einen Werbespot eine menschliche Schlaftablette brauchen, das ist euer Mann!

Go021"Don't Go in the House" ist kein guter Film. Zum größten Teil ist es nicht einmal ein wirklich unterhaltsamer Film, und er schafft es gerade so noch, die Aufmerksamkeit des Zuschauers einigermaßen hoch zu halten, dass man nicht sofort geneigt ist, auszuschalten. Als Anheizer in einem Double Feature mit den unvergleichlich besseren "Maniac" (oder Triple Feature mit dem brachialen "Nightmare in a Damaged Brain") kann man ihn aufgrund seiner Thematik, seines schmierigen Looks und dezenten Sleaze-Faktors, sowie des gar nicht so üblen Soundtracks durchaus gebrauchen, sofern man gerade nichts besseres (etwa Ferraras "The Driller Killer") zur Hand hat. Und wer schon immer mal sehen wollte, wie ein Mann im Asbest-Anzug eine nackte Frau mit einem Flammenwerfer verbrennt, kommt um diesen Film mangels Alternativen eh nicht herum. Die Veröffentlichung aus der Grindhouse Collection Vol. 2 von Subkultur Entertainment ist ehedem wieder einmal tadellos und mit einer passenden Trailer-Show (mit Sex, Kung-Fu, Raimund Harmstorf sowie einer einäugigen Rächerin) als Appetizer ausgestattet. Damit ist der Abend zwar nicht gerettet, bringt die Stimmung aber auf einen vorläufigen Höhepunkt. Wohl bekomm's!

Horny

 

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