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Limited Netflix-Series – 10 Episodes – ca. 360 Minuten

(USA 2018)

Regie: Cary Joji Fukunaga

Drehbuch: Patrick Somerville, Cary Joji Fukunaga u.a.

Musik: Dan Romer

Darsteller: Jonah Hill, Emma Stone, Sally Field, Julia Garner, Gabriel Byrne

 

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„Have you ever considered that you are trapped in a malfunctioning
and extremely dangerous simulation?”

Gabriel Byrne nähert sich der Wahrheit

 

 

Cary Joji Fukunaga ist mir erstmals als Hauptregisseur der ersten Staffel von „True Detective“ (2014) aufgefallen. Eine Serie, die dem Zuschauer einiges abverlangte und die ihre beiden Hauptdarsteller Matthew McConaughey und Colin Farrell zu ihnen nicht zugetrauten Höchstleistungen trieb. Auch sein, zuerst bei NETFLIX veröffentlichtes, Kindersoldatendrama „Beasts of no Nation“ (2016), dass deshalb bei den Oscars komplett übergangen aber weltweit mit Preisen überhäuft wurde, war ein weiterer überzeugender Beweis für sein Ausnahmetalent. So war ich natürlich sehr interessiert, als im letzten Jahr die Gerüchteküche brodelte, dass er sich demnächst an einer Science Fiction Serie versuchen wollte. Unter dem Banner von Paramount startete die Produktion auch Ende letzten Jahres wurde dann aber mittendrin unterbrochen, da ein anderer Finanzier ausstieg.

maniac2018 017Auftritt NETFLIX mit rotem Cape als Retter der Filmwirtschaft, denn hätte der Streaminggigant nicht zugegriffen, wäre diese Serie wohl in den Kellerräumen von Paramount verschimmelt. So kann man sich nun also auch hierzulande (empfohlen als Binge-Session) davon überzeugen ob Fukunaga tatsächlich das Zeug dazu hat den nächsten James Bond Film zu drehen, denn einige Elemente von „Maniac“ sind durchaus eines Geheimagentenfilms würdig.

Worum geht es denn nun in diesem 10-teiligen, nicht als normale sondern als Limited-Serie angekündigten 6 Stunden Film, der auf einer gleichnamigen norwegischen Vorlage beruht?

Jonah Hill spielt Owen Milgrim, einen Sohn aus reichem Hause, der als das schwarze Schaf der Famlie gilt, da er nicht wie seine zahlreichen Brüder den Weg in eines der familieneigenen Unternehmen gewählt hat, sondern sich durch Gelegenheitsjobs über Wasser hält. Zusätzlich leidet er auch noch seit einem Jahrzehnt unter einer schizophrenen Störung, die dafür sorgt, dass er immer wieder Menschen trifft, die ihm erklären, er seie dazu auserkoren, die Welt zu retten. maniac2018 001Als er im Auftrag seines Vaters (wie immer großartig Gabriel Byrne) für seinen Bruder vor Gericht einen Meineid begehen soll, bricht seine Störung wieder voll durch. Er beschließt an einer pharmakologischen Studie teilzunehmen, die verspricht in einem drei Stufen Programm sämtliche psychologischen Verknotungen zu lösen und ihn als einen neuen Menschen zu entlassen.

Annie Landsberg (Emma Stone) plagt ein verschüttetes Ereignis aus der Vergangenheit dessen Erinnerung sie mittels Drogen unterdrückt. Auch sie hofft Erlösung in dem erwähnten Test zu finden, allerdings muss sie als Drogennutzer natürlich einige Hebel in Bewegung setzen, bis sie daran teilnehmen kann.

maniac2018 015So ganz nebenher lernen wir in den ersten beiden Folgen der Serie, die die obigen Handlungsstränge erhalten, dass wir uns in einer Welt befinden, die sozusagen „seitlich“ von der unsrigen entfernt ist. Zwar könnte das alles optisch hier und heute spielen, aber einige interessante Details sind anders. So ist es zum Beispiel möglich sich, um ein Essen umsonst zu bekommen, einen Anzeigenverkäufer zu mieten, der einem während des Essens nonstop irgendwelche Werbebotschaften vorliest oder man mietet sich einen „alten“ Freund, mit dem man über die Vergangenheit philosophieren kann. Auch wird in der Welt von „Maniac“ tatsächlich noch überall geraucht (Hallo Alexander!) und das Handy scheint noch nicht erfunden zu sein.

Am Ende der zweiten Folge sind beide als Probanten zugelassen und der erste Teil der Therapie beginnt. Überwacht wird das ganze Experiment von einem Computer, der mit einer nagelneuen KI ausgestattet ist, die es ihm ermöglicht menschliche Gefühle zu haben.

Und jetzt legt die Serie richtig los.

maniac2018 003In der Folge werden in den Folgen, in denen wir natürlich hauptsächlich unseren Hauptfiguren folgen, folgenreiche Entscheidungen in einer Reihe von Halluzinationen/Träumen/Illusionen getroffen. So muss zum Beispiel Annie den letzten Wunsch einer Sterbenden vollfüllen und wird dabei von ihrem Mann Owen, einem eher zurückhaltenden Vertreter unterstützt. Oder Owen findet sich in einem gewaltreichen Gangsterdrama wieder, in dem sein Vater den sadistischen Boss einer Gang spielt. Eine Science Fiction Story mit niedlichen Außerirdischen, eine Fantasywelt in der Annie eine Elfe ist und mit Kakerlaken sprechen kann oder eine Gaunerkomödie in der unsere beiden Helden ein Pärchen spielen, dass versucht ein seltenes Relikt zu stehlen – all das und mehr bombardiert den Zuschauer. Teilweise vermischen sich die Geschichten oder laufen parallel, Figuren aus der „realen“ Welt dringen in sie ein. Diese ständig wechselnden Blickpunkte wirken auf den ersten Blick willkürlich, aber im Verlauf der Serie läuft doch alles zusammen und die Therapie hat „funktioniert“, obwohl die KI des Computers diesen zwischenzeitlich in eine tiefe Depression versetzt hat.

maniac2018 010„Maniac“ ist ein weiterer Beweis dafür, dass NETFLIX tatsächlich mittlerweile eine Macht im Filmbereich geworden ist. Diesmal ist es aber nicht wieder nur – wie bei Eigenproduktionen wie den diversen Marvel-Serien – eine „das Konzept wird sich verkaufen lassen“-Produktion sondern eine Serie, die nicht nur inhaltlich und visuell, sondern vor allem in Bezug auf die Schauspieler absolute Spitzenklasse bietet.

Jonah Hill scheint mit jedem Kilo, dass er verliert – und das waren seit „The 40 year old virgin“ doch so einige – und jeder „lustige Dicke-Rolle“, die er nicht mehr spielen muss, an schauspielerischer Qualität zu gewinnen. Hier gelingt ihm das Kunststück in all den verschiedenen Rollen, die er spielen muss jedes Mal auch noch den „echten“ Owen sichtbar zu halten, auch wenn die Fantasy-Owens komplett andere Charakter mit anderen Backstorys sind.

maniac2018 012Ebenso beeindruckend spielt Emma Stone, deren Oscar für die unoriginelle Schmonzette „La-La-Land“ ich immer noch nicht begreifen kann. Hier kann sie tatsächlich ihre gesamte Bandbreite zeigen und die ist wirklich erstaunlich. Aus dem netten und gut zu vermarktenden Mädchen ist, da muss man der Academy allerdings dankbar sein – mittlerweile eine ernst zu nehmende Schauspielerin geworden, die sich glücklicherweise nicht wie andere[1] auf die leichte Kohle stürzen, sondern sich ihre Drehbücher sehr genau ansehen und dann tatsächlich auch mal lukrative Filmrollen zu Gunsten fordernder TV-Arbeit abzulehnen.

Zusätzlich muss man auch noch Julia Garner erwähnen, die Annies Schwester spielt und dementsprechend einen ebenso interessanten Charakterbogen durch die meisten der Halluzinationen/Träumen/Illusionen hat. Auch bei dieser jungen Schauspielerin darf man auf die weitere Karriere gespannt sein.

maniac2018 009Abgerundet wird das Ensemble durch interessante Gesichter und zwei Gaststars. Zum einen natürlich Gabriel Byrne, der mit ein Grund war, warum ich die Serie angefangen habe. Die größte Leistung und sozusagen den Showstealer bringt aber Altstar Sally Field, die in einer sehr langen Szene gegen sich selber spielen muss und in einem nahezu 4-minütigen Monolog sämtliche menschlichen Emotionen unterbringt – teilweise mitten in einem Satzwechsel.

Fukunaga hat mittlerweile verlauten lassen, dass er für eine zweite Staffel der Serie nicht mehr zur Verfügung stehen wird, was die Gerüchte um seine Verpflichtung für „Bond 25“ unterstreicht. Für mich ist das aber auch noch aus einem anderen Grund eine gute Nachricht, denn so interessant „Maniac“ auch gestaltet und so mitreißend die Geschichte auch ist – hier braucht es keine zweite Staffel. maniac2018 014Diese Story ist zu Ende erzählt, hat mich für mehr als 6 Stunden sehr gut unterhalten und mir Stoff zum Nachdenken gegeben, eine Fortführung würde nur nochmal das Selbe bieten.

 Dia

 

[1] Hallo Halle Berry!

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