The ballad of skinless Pete (USA 2013) Regie, Schnitt, Musik, Makeup: Dustin Mills Buch: Dustin Mills, Brandon Salkil Darsteller: Brandon Salkil, Erin R. Ryan, Dave Parker, Allison Egan
„I´m not really myself anymore
Juchuuu – Amateursplatter, endlich mal wieder was zum verreissen. Ich liebe es halt mich über unfähige und unkreative Blutmatscher lustig zu machen, deren filmische Prägung spätestens bei „Zombie 90“ aufgehört hat und deren Gier nach Kohle dafür sorgt, dass ihre Werke immer nur die niedrigsten Instinkte ansprechen. Das sind halt Leute, die es nicht anders verdient haben und von mir gerne durch den wortreichen Fleischwolf gedreht werden. Aber leider passt „Skinless“, der unter dem viel lustigeren Titel „The ballad of skinless Pete“ für gerade mal 2000 $ produziert wurde, nun gar nicht in mein Beuteschema. Das beginnt schon damit, dass der Film, der zumeist im Keller von Regisseur, Mitautor, Cutter, Musikus usw. Dustin Mills gedreht wurde, tatsächlich eine Geschichte erzählt, die – bei aller Absurdität und medizinischer Unglaubwürdigkeit – durchaus unterhaltsam und in der Lage ist, den Zuschauer für 80 Minuten bei der Stange zu halten, ohne ihn mit endlosen Zerstückelungsorgien zu langweilen. Dabei bedient sich der Film offensichtlich und gewollt bei 50er Jahre Mad Scientist-Epen und ist somit „The Fly“ oder „Tarantula“ näher als „Hostel“ oder „Saw 2 - XX“. Der junge Wissenschaftler Dr. Peter Peele (Brandon Salkil) arbeitet an einem Mittel gegen Hautkrebs, dass er versucht aus einem fleischfressenden Parasiten zu gewinnen. Hilfe dabei erhält er von seiner Kollegin/platonischen Freundin Alice (Erin R. Ryan). Als ihnen ihr Geldgeber den Hahn zudreht und Ergebnisse verlangt entschließt sich Peter, der zusätzlich auch noch unter einem handtellergroßen Melanom an seiner Schulter leidet, zu einem Selbstversuch, der zu den titelgebenden Nebenwirkungen und zusätzlich dazu führt, dass er sich fortan am liebsten von Menschenfleisch ernährt. Erstaunlicherweise führen diese Veränderungen – im Gegensatz zu den offensichtlichen Vorbildern – bei ihm nicht dazu, dass er fortan Weltbeherrschungsphantasien hat - Peters sehnlichster Wunsch bleibt über den ganzen Film ein Mittel gegen den Krebs zu finden, selbst wenn er dazu zu eher „ungewöhnlichen“ Mitteln greifen muss. „Skinless“, den das junge Label Dirt´n´Dust-Films demnächst auf den deutschen Markt bringt, überrascht in vielerlei Hinsicht und hebt sich in fast allen Bereichen wohltuend von allen mit ähnlich geringem Aufwand gefilmten Werken ab. Das beginnt schon mit der Ausstattung. Wie bereits erwähnt wurden 80 % des Filmes im Keller des Allroundgenies Mills gedreht und aufgrund des geringen Budgets stand dafür nun auch nicht gerade eine Unmenge an Laborbedarf zur Verfügung. Also nutzte Mills alle ihm als Selfmade Makeup-Artist zur Verfügung stehenden chemischen Mittelchen als Props, füllte ein einzelnes Regal mit ihnen, stellte einen Schreibtisch mit Computer auf und beleuchtete das Ganze so geschickt, dass die eigentliche Primitivität der Ausstattung kaum ins Gewicht fällt. Zusätzlich merkt man dem Regisseur auch an, dass er sich schon länger mit dem Medium Film beschäftigt und tatsächlich auch schon Filme gesehen hat, die nicht nur aus massenhaften Schlachtungen bestehen. Seine Dialogregie ist überzeugend und er gibt sich Mühe selbst längere Passagen mittels geschickt gesetzter Schnitte und gutem Blocking interessant zu halten. Unterstützt wird er dabei von zwei grandiosen Schauspielern. Brandon Salkil, der den Titelcharakter spielt, gibt dieser Figur eine gute Mischung aus überheblicher Arroganz, liebenswürdiger Naivität und einem Hang zur Selbstironie ohne dabei in Klischees zu versanden und Erin R. Ryan ist in der Lage, neben den genreüblichen Angstszenen, auch emotionale Momente glaubhaft herüberzubringen. Diese beiden Hauptfiguren sind, vor allem auch deshalb, weil sich hier Zeit genommen wird sie vernünftig und als einander mögende Menschen einzuführen, tatsächlich liebenswert. Das Zusammenspiel der beiden ist das Herz des Filmes und hilft dem Zuschauer über die – sicherlich vorhandenen – storymässigen Lücken. Die zahlreichen (und teilweise recht ekligen) Special-Make-Up-FX sind größtenteils solide alte Handarbeit, von den im Nachspann erwähnten Visual FX habe ich nichts bemerkt, und bewegen sich eigentlich, abgesehen von zwei bis drei wirklich großartigen Szenen (die Badewanne!), im eher dürftigen Bereich. Doch auch hier hat Mills die richtige Lösung gewählt und sich für eine filmische Umsetzung statt des genreüblichen „Licht anmachen und draufhalten“ entschieden. So weit irgendwie möglich nutzt er nur die gut wirkenden Einstellungen zum Beispiel des hautlosen Gesichtes und verbirgt es sehr of hinter im Vordergrund stehenden Gegenständen oder lässt Teile einfach im Schatten. Generell ist der Film auch visuell überraschend und sieht, dank einiger geschickter und von vorneherein geplanter Kameratricks, bedeutend teurer aus. So hat Mills unter anderem eine neue und effektive Methode zur Erstellung der allseits beliebten Lens-Flares gefunden, die er uns in den Extras der DVD erläutert. Womit wir einen eleganten Schwenk zur Veröffentlichung von Dirt´n´Dust-Films gemacht haben. Die DVD kommt im Amaray-Case und ist mit einem extra hierfür erstellten Cover von Comickünstler Martin Trafford Traffart. Der Film liegt in einer erstaunlich gut aussehenden Qualität vor, die man dem Medium eigentlich kaum zutrauen würde und wurde von Labelchef Dominik Pascal Heit selbst mit englischen und deutschen Untertiteln versehen. Glücklicherweise wurde hier auf den Versuch einer Synchronisation verzichtet, das hätte nur schiefgehen können, da im Gegensatz zum normalen „Blutmatsch-Kram“ hier die Schauspieler tatsächlich über Talent verfügen. Als Extras finden sich, neben dem Red Band Trailer, auch noch einige der Produktionstagebücher von Dustin Mills auf der Scheibe, die deutlich zeigen, dass er nicht nur ein Filmliebhaber und –kenner, sondern vor allem ein unglaublich netter Kerl ist, den man einfach nur knuddeln möchte. Die DVD erscheint offiziell am 1. November 2018 und kann bereits für 14 € plus 3,60 Porto unter der untenstehenden Verlinkung geordert werden, was ich jedem Fan von blutigem Indie-Horror, aber auch von 50er Jahre SciFi nur ans Herz legen kann. Nach dem großartigen hier schon besprochenen eigenen Kurzfilm „Weakness of a sick mind“ hat Dirt´n´Dust-Films mit seinem zweiten Release abermals guten Geschmack bewiesen. Man kann dem Label nur weiterhin ein gutes Händchen bei der Auswahl der Veröffentlichungen wünschen. Als nächstes ist, noch für dieses Jahr, eine Anthologie namens "After Midnight" (17 a mezzanotte, 2014) angekündigt, in der die neue Generation junger italienische Regisseure dem Genre neue Impulse gibt...man darf gespannt sein. dia
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