(Frankreich 2012) Regie: Cédric Dupuis Darsteller: Olivier Bureau, Céline Berti, Mickaël Collart Jetzt als limitiertes Mediabook von 8-Films
Ich hasse Fake-Snuff-Filme, in denen es um nichts anderes geht, als Ekel zu erzeugen. Billigst in einem Badezimmer, einer Küche oder einem sonst wie leicht zu reinigenden Raum runtergekurbelt, geht es in diesen Werken nur darum möglichst drastisch mehr oder weniger künstliche Körper zu zerstückeln, mit Filmblut und echten Gedärmen herumzumatschen und (als Gipfel des Ganzen) dem gesamten Matsch mit echten Körperflüssigkeiten zu vermengen. Ein „gutes“ Bespiel – und meine detaillierte Meinung zu diesem Genre - habe ich ja mit meinem Review zur „Snuff Tape Anthology“ bereits dargelegt. Zugegeben, als dieses Genre im Jahr 1985 mit der „Guinea Pig“-Serie startete, war der Film noch eine Art Vorreiter und nahm das 15 Jahre später beginnende „Found Footage Genre“ und große Teile der „Torture-Porn“-Welle vorweg und auch zwischenzeitlich liessen sich Werke wie die berüchtigte „August Underground Serie“ finden, die zumindest handwerklich durchdacht waren und sich bemühten ihre Perversionen möglichst realistisch darzustellen, aber das Gross der Produktionen im Blutmatsch-Bereich wird für Zuschauer produziert, deren IQ deutlich unter dem Durchschnitt liegt und die etwaige Ansätze einer Geschichte oder Pausen zwischen dem Rumgesuhle eher verwirren würden. Da hilft es auch nicht, wenn das ganze noch mit Kotzerei, echten Fäkalien, nacktem Fleisch und einer Art „künstlerischer“ Narration garniert wird, wie die „Vomit Gore“-Trilogie vom selbsternannten Satanisten Lucifer Valentine. Diese Art „Filme“ sind nur etwas für Menschen, die sich für besonders stark halten, weil sie sie zu Ende gucken können und nicht – wie einigermaßen normale Rezipienten – nach 5 Minuten, nicht angewidert sondern gelangweilt, den Eject-Button drücken. Vorhang auf also für „Making Off“, der von der äußeren Präsentation her genau diesem Untergenre entspricht, mir aber vom Verleiher mit den Worten: „Der Film verdient einfach mehr Aufmerksamkeit!“ übersandt wurde. Nun gut, ich lasse das mal so stehen... Das Mediabook aus dem Hause 8-Films macht zumindest haptisch schon Mal einen tollen Eindruck und fühlt sich genau so an wie die von mir geliebten Veröffentlichungen aus dem Hause Anolis. Auch das Covermotiv wirkt ansprechend „subtil“, was – wenn man den Kontext der abgebildeten Szene nach dem Sehen des Filmes versteht – durchaus komisch wirkt und auf der Rückseite finden wir einige zu erwartende matschige Bilder, auffällig dabei ist allerdings, dass auf den meisten nur ein Schauspieler zu sehen ist. Uih uih uih, da macht sich bei mir etwas Angst breit. Um das Booklet, die Extras (Making Off Making of) und den beigelegten Bonusfilm inklusive Extras kümmern wir uns am Ende dieser Kritik, es wird Zeit sich mit dem Film zu beschäftigen. Die beste Zeit für einen Film dieses Genres? Sonntags abends nach einem arbeitsreichen Wochenende, Tütchen Chips, ein kühles Glas Bier und ab geht´s.. Zu Beginn des Filmes von Jungregisseur Cédric Dupuis lernen wir den, von Olivier Bureau gespielten, Jungregisseur Cédric Dupuis kennen, der sich im blutverschmierten T-Shirt in einem ebensolchen, mit Plastikfolie ausgekleideten, Raum vor die Kamera setzt. Er stellt sich vor und weist uns darauf hin, dass es sich bei „Making Off“ nicht um einen Film, sondern um ein Making Of handelt. Schwarzblende und wir werden als Kamera aus einem Karton geholt. Oh mein Gott – Wackelkamera, auch das noch... Doch bereits jetzt zeigt der Film, dass er bedeutend mehr ist als das, was ich ihm zugetraut hätte, denn wacklig ist das Ganze nur ganz zu Beginn, wenn unser Hauptdarsteller seine Kamera kurz nach Erwerb ausprobiert und beschließt Filmregisseur zu werden. „Ich werde den besten Horrorfilm aller Zeiten drehen...“ verspricht er seinen, logischer Weise zur Mitarbeit bereiten Freunden und kündigt seinen Job um sich seiner Berufung zu widmen. Das zu erstellende Werk soll die Geschichte einer Gruppe Freunde erzählen, von denen einer durchdreht und dann alle anderen umbringt, eine Plotidee, die von den echten Freunden Cédrics zwar – ebenso wie vom Zuschauer – belächelt wird, aber durchaus auch von einem Amateur zu bewältigen sein sollte. Nun handelt es sich beim Film-Cédric aber in keinster Weise um einen begnadeten Künstler, oder etwa um die Wiedergeburt von James Whale oder George A. Romero, sondern um eine wirklich herrliche Parodie auf Amateurfilmregisseure mit einem Hang zur Selbstüberschätzung, der aber zumindest nach einigen Filmminuten ein Stativ zur Verfügung hat. So kommt es wie es kommen muss, das gefilmte Material des ersten Drehtages entpuppt sich als ein großer Haufen Fäkalien, die Schuld dafür sucht Cédric natürlich alleine bei seinen Mitstreitern. Nebenher hat er auch noch Probleme mit seiner Freundin, die die Genialität seiner Idee, den Job zu kündigen und sämtliche Ersparnisse in sein Filmprojekt zu stecken, seltsamerweise nicht versteht und sich nicht als Stützpfeiler in der Not erweist. Wenn Cédric dann, wenig überraschend, letztendlich durchdreht ist sie dann auch sein erstes Opfer. Womit wir beim Fleisch des Filmes angelangt sind. Was nun folgt ist tatsächlich eine Metzelorgie von fast einer Stunde Länge. Nach und nach dürfen alle Mitspieler ihrem Schöpfer gegenübertreten, während uns Cédric selbst, vor der Kamera und als Of-Screen-Narrator, darüber informiert was in ihm vorgeht und was seine künstlerischen Intentionen sind.
„Es war eigentlich eher ein Zufall, aber es brachte mich auf eine Idee...“ Durch diese Art der Ironisierung (und mit Hilfe einiger verblüffend guter handgemachter Effekte) wird dem Zuschauer deutlich, was dort gerade versucht wird. Der echte Cédric Dupuis ist bemüht, jedem Zuschauer seine persönliche Grenze vorzuführen. Beginnend mit einem wirklich toll gemachten Schockeffekt, der den ersten Mord einleitet und mich zumindest, ob der der wirklich gelungenen Inszenierung erstaunt hat, endet er bereits diese erste Sequenz mit der Vergewaltigung der Leiche. Starker Schock und wirklich gut gefilmt, aber kriegt mich nicht.
„Für die Nächste habe ich mir etwas ganz besonderes ausgedacht.“ Beatboxing mit einem Hammer, einem Trennschleifer und einem Frauenkopf, eine Filmszene, die ich nie vergessen werde. Eine wirkliche technische Meisterleistung, wenn das Ganze nicht so geschmacklos wäre könnte man es an Filmschulen zeigen. Endet mit einer Vergewaltigung.
„Ich werde jetzt Scheisse fressen.“ Ja, macht er. Sieht gut aus, schön eklig und anders als erwartet. Kann er mich aber auch nicht wirklich mit rumkriegen. Diesmal gab es die Vergewaltigung zur Abwechslung mal vorher.
„Was kann ich Euch denn noch bieten?“ Eine Hommage an einen Stephen King Film zum Beispiel? Viel zu lang und viel zu schlecht getrickst, um zu funktionieren, obwohl ich die Darstellung des Opfers bewundere. Ja, es darf auch vergewaltigt werden.
„Geht Euch das zu weit? Gut, machen wir eine Tierpause...“ Okay, damit hat mich der gute Cédric dann doch erwischt und zwar weit vor dem Ende des Filmes, denn in Bezug auf Kreativität beim zerstückeln und missbrauchen menschlicher Körper und –teile, ist er in der Lage noch einiges drauf zu legen. Am Ende leitet uns Cédric – die Filmversion – dann mit einem Monolog aus dem Film, der eine ähnliche Wirkung erzeugt wie das Ende von „Funny Games“. Generell ist ein Vergleich mit dem österreichischen Runterzieher, dem belgischen Meisterwerk „Mann beisst Hund“ und auch in gewisser Hinsicht „A Serbian Film“ nicht ganz so abwegig, die letzten beiden erklärt Regisseur Cédric Dupuis ja auch in den Extras zu Vorbildern. Natürlich ist die Figur des Film-Cédric total überzeichnet und schon fast ein Comic-Charakter und auch die ironisch gesetzten Kommentare, ein Hang zum absurden Humor und viele - gelungene - filmische Experimente, schaffen es den Zuschauer dran zu halten, aber man fragt sich am Ende schon, warum man den Film jetzt geguckt hat und fühlt sich vom realen Cédric Dupuis ertappt. Samstag abend noch Tarkovskys Solyaris geguckt und wieder etwas besser verstanden und den Sonntag abend mit dem Zusehen beim rummatschen in Tierdärmen verbracht, so hab ich mir mein Leben in den besten Jahren nicht vorgestellt. Zu allem Überfluss tritt einem der gute Cédric dann am Ende auch noch ins Gesicht, tolle Sache das. Netterweise macht er sich aber gleich auch noch dabei über die Hardgore-Fraktion selbst lustig, in dem er sie mit einer stringenten Handlung und versteckten ironischen Spitzen immer wieder angreift, so dass ich nicht alleine beleidigt sein muss. Der Verleiher hat recht – „Making Off“ hat mehr Aufmerksamkeit verdient, vor allem von Leuten, deren IQ höher ist als die Zimmertemperatur. Vor allem aber hat Regisseur Cédric Dupuis mehr Aufmerksamkeit verdient, denn was er teilweise an Musik- Bildkombinationen auf den Schirm zaubert ist atemberaubend. Die bereits erwähnte Beatbox-Szene ist dafür nur ein Beispiel, viele weitere äußerst kreative Ideen finden sich über den ganzen Film verteilt. Allerdings wird es etwas schwierig mit der großen Karriere, denn laut Extras ist seine Einstellung – noch – „Ich mache was ich will.“ Aber wie die Karrieren von Alexandre Aja, Pascal Laugier und dem Inside Duo Alexandre Bustillo und Julien Maury gezeigt haben, ist der Weg von Frankreich zur eher angepassten Arbeit in Hollywood nicht sehr weit. Ich drücke dem jungen Mann auf alle Fälle die Daumen.
ZUM MEDIABOOK VON 8-Films Wie oben bereits erwähnt scheint das MB aus der gleichen Produktion zu kommen wie die schicken Hammer-Books von Anolis. Dahingehend gibt es nichts auszusetzen. Das Booklet allerdings ist optisch eher schwach gestaltet und stört ein wenig die Eleganz der Veröffentlichung. Als Extras zum Hauptfilm gibt es, neben dem Trailer, auch noch ein paar kurze, aber aufschlußreiche Interviews mit Cédric (echt) und Cédric (Darsteller) zwei Kurzfilme von Dupuis, die beweisen, dass er auch mit wenig Splatter arbeiten kann und ein Blooper-Reel. Etwas seltsam mutet das Special-FX Feature an, dass auf die CGI-Effekte eingeht (und den schlechtesten Effekt des Filmes auch noch detailliert vorführt), aber die wirklich guten Make-Up-Effekte nur en passant streift. Bei den "deleted scenes" findet sich unter anderem die komplette Anfangssequenz des Filmes nochmals, nur mit dem Unterschied, das Dupuis dabei einen sauberen Anzug trägt. Meiner Meinung nach wäre diese Version sogar besser gewesen, hätte sie doch zu Beginn des Filmes noch ein wenig Ungewissheit gelassen, in welche Richtung er sich entwickelt. Als Hidden Feature ist übrigens auf der Scheibe auch noch der Kurzfilm "Making Off 2" versteckt - das Suchen lohnt sich. Auf der zweiten CD befindet sich der Bonus-Kurzfilm „Undercover Mistress“, der mir persönlich wegen seiner SM-Thematik nicht ganz so zusagte und von Giulio Ciancamerla, dem Assistant Director des Violent Shit-Remakes (Review hier) stammt. Zugeben muss man allerdings, dass der Film toll aussieht. Allerdings sind hier die beiden zusätzlichen alten Kurzfilme des Rgisseurs interessant, die er wohl im Teenageralter gedreht hat und die durchaus originell sind. Alles in allem ist zu einem Kauf des MBs zu raten, speziell weil ich vermute, dass „Making Off“ tatsächlich das Potential hat zu einem Kultfilm zu werden... ...wenn er dann mal die nötige Aufmerksamkeit bekommt. dia
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