dt. Der 27. Tag (USA 1957)
Regie: William Asher Vorlage/Buch: John Mantley Darsteller: Gene Barry, Valerie French, George Voskovec, Stefan Schnabel, Azemat Janti
„Primitive amerikanischen Filmutopie, Handbuch der katholischen Filmkritik, Band 2
So, oder so ähnlich wurde der hier vorliegenden Film tatsächlich damals (zumindest hierzulande) von der Kritik aufgenommen und auch wenn er (selten) mal in einem Filmlexikon neuerer Zeiten erwähnt wurde, klangen immer wieder Propagandavorwürfe durch. Da ich ein Liebhaber von 50er Jahre Science Fiction Filmen bin, war der Titel mir also durchaus bekannt und ich besitze sogar einen Reprint des Filmprogramms, sehen durfte ich das Werk bisher noch nicht. Deshalb schon mal vorab ein ganz großer Dank an ANOLIS dafür, dass sie im Rahmen der „Rache der Galerie des Grauens“ auch immer wieder solche Raritäten verstecken. Ähnlich wie beim hier bereits besprochenen „The beast with a million eyes“ handelt es sich auch bei „The 27th Day“ um einen Film mit einem reißerischen Plakat und einer dahinter versteckten interessanten Science Fiction Geschichte ohne große Actionelemente, die widerum nichts mit dem Plakat und der dadurch erzeugten Erwartung zu tun hat. Etikettenschwindel, den man den damaligen B-Movies (die ja zumeist als erster Film des Double Features liefen) nicht wirklich übel nahm. Die recht nah an der Romanvorlage von John Mantley liegende Geschichte lässt sich in Kürze so zusammenfassen. Fünf komplett unterschiedliche und einander unbekannte Menschen aus verschiedenen Ländern und Lebenssituationen haben eine unheimliche Begegnung mit einem Schatten, der sie bittet ihm zu folgen. Unsere unfreiwilligen Helden fallen in Ohnmacht und erwachen im Inneren einer fliegenden Untertasse[1]. Sie werden begrüßt von einem humanoiden Alien namens Alien[2], dem der Sinn glücklicherweise nicht nach Analprobing steht. Sie bekommen jeweils eine Plastikdose überreicht, die sich nur durch ihre eigene Gedanken öffnet lässt und es danach ermöglicht mittels drei inliegenden Kapseln jeweils einen großen Teil der Menschheit zu vernichten. Die Netronenbombe vorwegnehmend wirkt sich die Waffe tatsächlich nur auf menschliche Lebewesen aus. Natürlich gilt es noch einige andere Regeln zu beachten, durch den Tod des Besitzers wird die Waffe unbrauchbar und ebenso verhält es sich nach dem Ablauf von 27 Tagen. Alien stammt nämlich von einem dem Untergang geweihten Planeten (und zwar genau in 30 Tagen) und würde gerne mit seinen Artgenossen eine Umsiedlung in das gelobte Land durchführen. Da die Außerirdischen allerdings einen hohen Moralkodex haben, wollen sie natürlich die Menschheit nicht einfach umbringen, sondern überlassen das ihr selbst. Diese – doch recht fiese – Grundidee sorgt nun, nachdem unsere Protagonisten wieder genau zum Zeitpunkt und Ort ihrer Entführung auf die Erde zurück kehren, für einige Verwicklungen, da jeder mit der Situation anders umgeht. So entschließt sich die Engländerin Eve (Valerie French) ihre Waffe ins Meer zu werfen, der Russe Ivan (Azemat Janti) verschweigt den Erhalt derselben komplett, der deutsche Professor (gespielt vom Jugoslawen George Voskovec, der in den 60er Jahren hierzulande vor allem beim Fernsehen tätig war) gibt sich dem Forschungsdrang hin und die Chinesin trifft eine folgenarme aber durchaus sinnvolle Entscheidung. Natürlich folgen wir aber zuvorderst unserem amerikanischen Journalistenhelden Jonathan (Gene Barry, der Clayton Forrester aus „War of the Worlds“), der die Sache zuerst ziemlich gelassen nimmt, bis Alien noch eine Schippe Fiesheit drauflegt und über alle Fernseh- und Radiostationen der gesamten Welt von seiner gelungenen Aktion schwärmt, die Namen der „Preisträger“ öffentlich macht und das Ultimatum nochmals betont. Aus dieser Grundsituation erwachsen nun die zu erwartenden Probleme. Das FBI packt Jonathan auf die „Most wanted list“ und er begibt sich, mit der mittlerweile auch in den USA eingtroffenen Engländerin auf die Flucht, während in Russland der Staatsaparatus zuschlägt und damit beginnt den armen Ivan zu foltern. Hier kommen wir dann auch zu den immer wieder beanstandeten Propagandaeinflüssen. „The 27th Day“ entstand zu einer Zeit, in der sich der „kalte Krieg“ gerade richtig hochschaukelte und so werden die Amerikaner nahezu als Friedensfürsten dargestellt, während die grimmig guckenden Uniformträger des Politbüros nichts anderes im Kopf haben als jegliche Amerikaner ins Nirwana zu befördern. Auf der anderen Seite sollte man aber auch nicht übersehen, dass der russische Besitzer der Superwaffe sich bis zum absolut letzten möglichen Zeitpunkt weigert, diese zu öffnen und selbst als die Katastrophe schon nicht mehr abwendbar erscheint noch die Chance ergreift diese zu verhindern. Ebenso sind der deutsche Wissenschaftler und einer seiner Kollegen am Ende die größte Hilfe bei der Lösung des Problemes. Um genau zu sein erweisen sich Jonathan und Eve als die einzigen, die nicht den Mut haben überhaupt irgendetwas zu unternehmen, selbst als die Massenvernichtung nur noch Minuten entfernt erscheint. Die endgültige Auflösung des Dilemmas erscheint dann leider etwas naiv und wirft mehr Fragen auf als sie beantwortet, entspricht aber tatsächlich der Romanvorlage, die ich vor ungefähr 30 Jahren gelesen habe und von der ich gerade dieses eher dürftige Ende noch im Kopf hatte. Interessanterweise ist diese Lösung aber, wenn man darüber nachdenkt schon fast als „sozialistisch“ zu bezeichnen, was speziel bei einem Film, dem das Propagandamakel anhaftet, etwas seltsam erscheint. Davon abgesehen ist „The 27th Day“ aber ein wirklich ernst zu nehmender Science Fiction Film, der halt mehr mit „The Day the earth stood still“, „Beast with a million eyes“ oder „It came from outer space“ zu vergleichen ist, als mit Actionkrachern wie „Forbidden Planet“ oder „War of the worlds“. Der Film ist – trotz einem nahezu kompetten Verzicht auf Action und Spezialeffekte – von fast schon thrillerhafter Spannung und bietet tatsächlich auch genug Stoff zum Nachdenken. Selbst die verbrämte politische Einseitigkeit ist bei Weitem nicht so furchtbar, wie man es immer befürchtet hat, um genau zu sein erweisen sich alle 5 Bombenträger als gut ausgewählt und haben nur das Wohl der Menschheit im Sinn, auch wenn sie auf verschiedene Art und Weise damit umgehen. Wenn man es ganz genau betrachtet werden die „bösen Russen“ noch nicht einmal als solche bezeichnet, es wird immer nur deutlich darauf hingewiesen, dass eine der Bombenschachteln „hinter dem eisernen Vorhang“ gelandet ist. Auch schauspielerisch gibt es nichts auszusetzen. Die Chemie zwischen den beiden Hauptfiguren stimmt, auch wenn die Liebesgeschichte zwischen ihnen sehr aufgesetzt wirkt, was aber der Entstehungszeit des Filmes geschuldet ist. Zusätzlich bietet sich noch die Möglichkeit etliche klassische Darsteller der 50er Jahre in kleinen und größeren Nebenrollen zu bewundern. So treffen wir unter anderem den vierschrötigen Paul Birch (Beast with a million eyes) als viersternigen Admiral und den deutschen Charakterkopf Stefan Schnabel, der noch bis in die 90er Jahre immer wieder in kleineren Rollen auftauchte, als den bösen „hinter dem eisernen Vorhang“-General. „The 27th Day“ ist somit tatsächlich eine gelungene Ausgrabung eines Filmes, der – hätte er nicht diese fragwürdigen Untertöne gehabt – eventuell das Zeug zum Klassiker gehabt hätte.
Zum Release von ANOLIS: Anolis präsentiert den Film in der „Rache des Galerie des Grauens“ wie gewohnt als BluRay/DVD Kombo im einheitlichen Design der Serie. Die Bild- und Tonqualität ist wie üblich exzellent, einige Kratzer und Unreinheiten wurden im Film gelassen, um eine Überfilterung zu vermeiden und die Schärfe des SW-Bildes nicht zu verunstalten. Die deutsche Kinosynchronisation leidet unter den üblichen 50er Jahre Problemen und klingt dementsprechend im direkten Vergleich zur Originalfassung (bei der natürlich viel Wert auf die unterschiedliche Sprachfärbung der Protagonisten gelegt wurde) eher flach und künstlich. Da bietet es sich an, bei schlechteren Englischkenntissen die Originalfassung mit den recht gelungenen Untertiteln zu sichten. Das 12-seitige Beiheft enthält einen interessanten Text von Ingo Strecker sowie einige wirklich witzige Poster und Werbematerialien, die deutlich zeigen, dass weltweit versucht wurde, den Film als ein Action und Spezialeffekt-Spektakel zu verkaufen. Da es sich bei „The 27th Day“ eher um einen vergessenen Klassiker handelt sind die Extras diesmal etwas weniger generös ausgefallen, als bei der Serie üblich. So finden sich hier neben verschiedenen Titelsequenzen sowie der deutschen Kinofassung, nur eine – allerdings umfassende – Sammlung diverser Werbematerialien und die zu erwartenden Filmprogramme und Trailer. Highlights sind natürlich wieder die beiden Audiokommentare. Dr. Rolf Giesen gerät beim Gespräch mit Volker Kronz, wie man es bei den beiden kennt, ein wenig ab vom Film und bietet einige interessante Einblicke in den Science Fiction Film der 50er Jahre allgemein und interessante Querverbindungen betreffs Cast und Crew. Der zweite Kommentar der beiden Filmkritiker Bodo Traber und Ingo Strecker bleibt da eher filmspezifisch und kommt am Ende – ebenso wie ich – zu dem Schluß, dass der Propagandavorwurf, der wie ein düsterer Schatten über dem Film schwebt doch eher weit hergeholt ist. Er ist halt ein Kind seiner Zeit und steckte in einer Phase zwischen der gerade überwundenen Kommunistenhatz und dem aufkeimenden kalten Krieg fest. „The 27th day“ ist ein weiterer toller Zugang in der „Rache des Galerie des Grauens“ und zeigt wieder einmal mehr, dass es noch viele Schätze gibt, die sich zu bergen lohnen. Dia
[1] Stockfootage aus „Earth vs. The flying saucers“ [2] Übrigens höchstwahrscheinlich das erste Mal, dass dieses Wort im Science Fiction Film auftaucht.
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