Nightly Tales - Demonic
(D 2014) Regie/Buch: Benjamin Bechtold Kamera: Hartmut Schotte Musik: Christoph Heyd Darsteller: Josephine Ehlert, Mario Krichbaum, Vlasto Peyitch, Nikolai Will
„Hol, das Bällchen...braver Hund“
Vorstadtsiedlung, schicke Einfamilienhäuser mit genau abgesteckten Grünflächen – die Kamera fährt langsam auf eine Haustür zu. Dagegen geschnitten ein Mädchen, Stella (Josephine Ehlert) – rennend, nicht unbedingt vor jemandem fliehend aber offensichtlich panisch. Sie läuft in einen Fußgängertunnel – Schwärze. Titel Stella erwacht in einem dreckigen Keller, am Hals angekettet...die Kette führt in eine Hundehütte, die dunkle Öffnung lockt die Kamera. Sie zieht an der Kette, aus der Hütte kommt ein tiefes Grollen. Ein Mann tritt aus dem Schatten, eine Gestalt wie Kevin Smith (früher) - Nikolai Will (früher), ein wahnsinniges Funkeln in den Augen, den Rücken leicht gebeugt, die Arme wie lästige Anhängsel bewegt er sich langsam auf unsere Heldin zu. „Sitz“ – fast flüsternd legt er seine Wünsche fest und als Stella nicht sofort reagiert verleiht er seiner Forderung mit einer schallenden Ohrfeige Nachdruck.
„ICH HAB GESAGT: SITZ!“
Als Stella auch jetzt noch keine Anstalten macht sich wie ein guter Hund zu verhalten, greift der Psychopath zum Rohrstock. Als Stella nach ihrem Martyrium erwacht hört sie eine Stimme aus der Hundehütte... „Kleine Nachtgeschichten: Dämonisch“ ist einer dieser kleinen Filme, bei denen man sich fragt, warum man den eigentlich noch nicht kennt. Von Regisseur, Autor, Cutter Benjamin Bechtold unter seinem eigenen Label „Fearling Entertainment“ mit weitestgehend eigenem Geld produziert, bietet der Film etwas ganz anderes, als der obige Abriss der ersten 8 Minuten vermuten lässt. Schon in diesen Anfangsminuten sehen/erleben wir Erinnerungen von Stella als Flashcuts, die eine zweite Geschihcte andeuten, die der Film ebenfalls erzählt. „Die Eulen sind nicht was sie scheinen!“ Kurzfilme, speziell wenn sie den Horrorbereich streifen, haben es hierzulande nicht wirklich leicht. Sicherlich, da gibt es die Kurzfilmtage in Oberhausen, deren eigene Auswahl an „legendary shorts“ tatsächlich sehenswert ist, aber deutlich wenig aus dem dunklen Genre[1] zu bieten hat. Zusätzlich bekommt man auch auf den Fantasy-Filmfesten alljährlich eine gute Auswahl zu sehen, aber vermarktungstechnisch ist das dann auch zumeist das Ende der Leinwandkarriere. Bis auf ARTE versteckt jeder öffentlich-rechtliche Sender seine Kurzfilme entweder verschämt im Nachtprogramm oder versendet sie als Lückenfüller in den dritten Programmen. Vom werbefinanzierten TV brauchen wir gar nicht erst reden und im PayTV-Segment sticht nur „13th Street“ mit den Shocking Shorts[2] heraus. Für ein DVD oder BluRayRelease ist ein Kurzfilm von 20 Minuten alleine nicht vermarktbar[3], wenn ein Filmemacher wie Benjamin Bechtold die Umsetzung seiner Vision selbst finanziert, ist die einzige Möglichkeit zwei oder drei Filme als Bundle zu verkaufen, erst einmal 1 ½ bis 2 Jahre vorzufinanzieren. Oder man verschenkt den Film für ein paar Kreuzer an Youtube oder ein paar Kreuzer mehr an NETFLIX. „Kleine Nachtgeschichten: Dämonisch“ ist offensichtlich nicht innerhalb von einem feucht-fröhlichen matschigen Abend im Badezimmer oder mit Freunden im Wald gedreht, sondern ein richtig gutes (und wie ein solches aussehendes) Stück Film, dass eine größere Aufmerksamkeit verdient hätte. Zwar ist Josephine Ehlert leider nicht immer überzeugend, aber Nikolai Wills Verkörperung des Psychopathen ist herrlich abstoßend ohne in die Karikatur abzurutschen. Die Geschichte ist (oder die Geschichten sind) straff und visuell interessant erzählt, es gibt einige wirklich gruselige Momente und einen fairen Jumpscare. Auch erwähnenswert ist die schön atmosphärische Musik von Christoph Heyd, der bereits „Kleine Nachtgeschichten: Trauma“, den ersten Teil dieser Kurzfilmserie vertont hat. Kameramann Hartmut Schotte fängt das Geschehen in – trotz überwiegend braun-orangem Colorgrading – realistisch wirkenden klaren Bildern ein, die den Zuschauer immer in die richtige Richtung weisen und niemals wie „draufgehalten“ aussehen. Ein toller kleiner Film von dessen Qualität ihr Euch in unten angehängtem Trailer überzeugen könnt.
dia
[1] Und wenn, dann natürlich nicht aus deutschen Landen. [2] Die aber natürlich eine unbedingte Empfehlung sind. [3] Es sei denn er spricht nur die niedrigsten Instinkte an.
info@fearling-entertainment.de
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