Staffel 1 (D 2017; Netflix-exklusiv) 10 Episoden á ca. 55 Minuten
Regie: Baran bo Odar Drehbuch: Baran bo Odar, Jantje Friese Darsteller: Oliver Masucci, Karoline Eichhorn, Maja Schöne, Jördis Triebel
Sind wir doch mal ganz ehrlich – jeder, der das hier liest hat in irgendeiner Weise in den ersten Novemberwochen mit der Netflix-Kampagne für „Dark“ Bekanntschaft gemacht. Bereits kurz nachdem die zweite Staffel von „Stranger Things“ startete (und während man seine dazugehörige Binge-Sessions an zwei oder drei Abenden durchführte) , tauchte das erste Werbemotiv mit einer im Friesennerz gekleideten Figur vor einem Höhleneingang auf und legte den Verdacht nahe, dass uns eine weitere Serie im gleichen Stil ins Haus stand. Auch die ersten Clips von „Dark“ gingen – nicht ganz ungewollt – in diese Richtung und präsentierten unter anderem weibliche Teenager mit Schulterpolstern und einen Rubriks Cube auf einem Schreibtisch.
Dass der „Prophet in Sachen phantastischer Film“ seit den 50er Jahren hierzulande nichts gilt, haben wir ja bereit eingehend in unserem Podcast zum Thema „Sagenhaftes deutsches Kino“ vor fast zwei Jahren eingehend diskutiert und daran hat sich leider auch seitdem, trotz interessanter Genreproduktionen wie „Stung“ oder „Stereo“, wenig geändert. Abseits von intelligenzbefreiten Kommentaren wie „Deutschen Mist guck ich mir nicht an!“ und den, immer wieder wenn es Schwarz-Rot-Gold wird auftretenden, Schweiger-Witzchen, war vor allem „Jetzt imitieren die auch noch „Stranger Things“, diese Deppen.“ der Kanon, speziell von Leuten, die das Plakat vor einigen Tagen noch abgefeiert hatten. Daran liesse sich eine interessante massenpsychologische Studie anbauen, aber so weit will ich mit diesem Artikel dann doch nicht gehen. Auf alle Fälle gab ich der Serie eine Chance und kann schon einmal vorab sagen, dass ich es nicht bereut habe.
Glücklicherweise schafft es das Drehbuch von Jantje Friese und Regisseur Baran bo Odar dem Zuschauer den Überblick zu vermitteln, so dass man spätenstens ab der dritten Folge einen einigermassen guten Blick für die wichtigen Details entwickelt. „Dark“ entpuppt sich somit tatsächlich als eine ernsthafte Science-Fiction Geschichte um Zeitparadoxa, einer spannenden Krimihandlung als weiterem roten Faden und einem ganz kleinen Einschlag von Twin Peaks, da eigentlich jede Figur die wir kennen lernen (und das sind wie bereits erwähnt eine ganze Menge) irgendwie mit dem großen Geheimnis zu tun hat, dass sich aus vielen offenen Enden zusammensetzt. Werden diese Enden dann im Laufe der Handlung verknüpft öffnen sich dadurch andere Knoten, die es zu lösen gilt. Wem das jetzt schon zu kompliziert ist, der sollte besser die Finger von der Serie lassen, denn das ist leider nur die erste Hürde, die es zu überwinden gilt. Eine weitere – und viel höhere – ist die Qualität der Schauspieler und hier gibt es eine ganze Menge Licht, aber auch einiges an Schatten. Während Karoline Eichhorn als Polizistin des Ortes eine recht gute Figur macht bleibt zum Beispiel Auch einige andere Darbietungen erweisen sich als eher gewöhnungsbedürftig, was aber zum Teil auch der etwas drögen Inszenierung geschuldet ist, die visuell selten einmal über das Niveau eines skandinavischen Krimis hinwegkommt, obwohl der in kaleidoskopischen Bildern gehaltene Vorspann etwas anderes erhoffen lässt. Sicherlich blitzt ab und an mal etwas Originelles durch und auch dadurch, dass es in Winden und Umgebung scheinbar sehr oft regnet, ergeben sich nette Einstellungen, aber untebrochen werden diese immer wieder von langen und oft Tatortmässig steif daherkommenden Dialogszenen. Das liegt zum großen Teil daran, dass hier in Deutschland immer noch ein Unterschied zwischen E- und U- gemacht wird und das halt nicht nur in der Musik sondern allgemein im Mediensektor.
Aber auch wenn es jetzt vielleicht nicht so klingt, „Dark“ hat mir ausgesprochen gut gefallen. Ich mag ernsthafte Science Fiction, speziell weil es davon viel zu wenig filmischer Form gibt, und ich bin in der Lage über die formalen Schwächen der Serie hinwegzusehen, weil die Geschichte wirklich interessant erzählt wird. Sicherlich ist der ein oder andere Plot-Twist (der Fremde) meilenweit vorhersehbar, aber dafür gibt es auch Momente wie den, in dem die Wurmloch-Theorie einmal nicht mit einem durchstochenen Blatt Papier erklärt oder die der Serie zu Grunde liegende Idee dreier sich überlappender Zeitzonen in einem simplen Bild verdeutlicht wird. Hier werden klassische Science Fiction Sujets, die bereits seit den fünfziger Jahren durch die Literatur geistern, geschickt einem Massenpublikum näher gebracht.
Das ist schon ganz schön düster...
Dark!
Interessant dürfte es sein zu beobachten, wie die Serie im Ausland angenommen wird, wo ja ein eher steifer inszenatorischer Stil seit den Zeiten des „Neuen deutschen Filmes“ durchaus als ein positives Element des deutschen Kinos gesehen wird. Dia
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