(USA/GB 2016)
Regie: Colm McCarthy Drehbuch/Vorlage: Mike Carey Darsteller: Sennia Nanua, Gemma Arterton, Paddy Considine, Glenn Close
Geräusche nähern sich ihrer Zelle – sie springt auf, enfernt zwei an die Wand geklebte Bilder, versteckt sie unter der Matratze und setzt sich in einen bereit stehenden Rollstuhl. Zwei Männer betreten die Zelle und während der eine das Mädchen mit der Waffe bedroht, fesselt der andere es, bis zur kompletten Bewegungsunfähigkeit, an den Rollstuhl. Melanie wird auf den Gang hinaus geschoben und trifft dort auf andere – genau so gut verpackte – Kinder. Die Gruppe wird in einen großen Raum gefahren, in netten Vierereihen aufgestellt und eine Lehrerin betrifft den Raum. Schnell stellt man als Zuschauer nun fest, dass hier irgendetwas überhaupt nicht in Ordnung ist. Melanie und ihre gleichaltrigen Leidensgenossen sind von einem seltsamen Pilz befallen, der sie zu fleischfressenden Monstern macht, der einzige Schutz für „normale“ Menschen ist eine Art Creme, die nach dem Auftragen den eigenen Körpergeruch unterdrückt. Auch wenn sich die Kinder durchaus normal verhalten und äußerst lernbegierig sind, so stellen sie doch immer eine latente Gefahr dar, die man nicht unterschätzen darf.
Gerade einmal 20 Minuten lang lässt „The Girl with all the gifts“ den Zuschauer im Ungewissen, dann öffnen sich die Tore des „Gefängnisses“, sein Blick auf die globale Größe der Katastrophe und die Büchse der Pandorra, auf die der Titel sich offensichtlich bezieht. Das von hohen Zäunen umgebene Lager mit dem Hochsicherheitstrakt wird von den „Hungry“ genannten zombieähnlichen Wesen überrannt und nur Helen, Melanie, der Wissenschaftlerin Dr. Caldwell (Glenn Close) und einigen Soldaten unter der Leitung von Sergeant Parks (Paddy Considine) gelingt die Flucht in einem alten Army-Transporter.
Das ist aus Sicht der Militärs natürlich nur mit Waffengewalt und dem Bau von festungsartigen Lebensbereichen möglich, wohingegen die Lehrerin immer noch die Hoffnung hat, dass der menschliche Part von Melanie den in ihr tobenden Kampf gewinnt. Melanie selbst scheint mehr und mehr die instinktgeprägte Hälfte ihrer Prsönlichkeit als gegeben zu akzeptieren. Letztlich ist da natürlich noch die Sicht der Wissenschaftlerin, die wir erstmals sehen, als sie ein offensichtlich tödliches Experiment an einem der Kinder durchführt.
Ein weiteres Highlight ist die Darstellung der „Zombies/Hungries“, die zwar anfangs noch wie die typischen 2000er Zombies, mit nahezu unglaublichen Sprintfähigkeiten erscheinen, deren Lebensweise und –Zyklus dem Zuschauer aber im Laufe des Filmes stückchenweise erklärt wird und die sich dadurch eher als eine Art natürliche Bedrohung darstellen.
Getragen wird der Film von zwei großartigen schauspielerischen Leistungen. Da ist zuerst einmal – und wenig überraschend – Glenn Close, die es schafft einem eigentlichen grundsätzlich hassenswerten Charakter auf eine Art Leben einzuhauchen, der es möglich macht, dass man auch seine Beweggründe verstehen kann. Wo diese Leistung ja in irgendeiner Art und Weise zu erwarten war, so ist es jedoch sehr überraschend der kleinen Sennia Nanua bei ihrem ersten Filmauftritt zuzusehen. ![]() Offensichtlich ist ihre Figur das Zentrum des Filmes und dementsprechend verlangt das Drehbuch auch eine große Menge von ihr. Sie meistert alle diese Hürden mit einer unglaublichen Natürlichkeit und spielt mit ihrer Leinwandpräsenz die meistern der anderen Schauspieler unangestrengt an die Wand. Zusammenfassend ist „The Girl with all the gifts“ der erste Zombiefilm (auch wenn das „böse Wort“ vermieden wird) seit mehr als einem Jahrzehnt, der dem Genre mal wieder neue Impulse gibt und statt Blutmassen auf eine intelligent erzählte Geschichte und glaubhafte Figuren Wert legt. Dabei macht er aber nicht den Fehler wie der letztjährige „Maggie“, den eigentlichen Zombie-plot komplett außen vor zu lassen, sondern lässt ihn das Zentrum der Geschichte sein.
Für alle, die die Hoffnung in die fleischfressenden Toten noch nicht aufgegeben haben, ist der Film wie eine Offenbarung. dia
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