Giallo (2009)
Dario Argento war in den 70er und 80er Jahren der wirkliche Meister des italienischen Horrorfilmes. Beginnend mit seinem Debut "Bird with a crystal plummage" (1970), über sein unangefochtenes Meisterwerk "Suspiria" (1977) bis zu "Opera" (1987) schien es, als könne er nichts falsch machen. Visuell überragend, mit dem typisch italienischen Hang zum Sadismus und seit Mitte der 70er meist untermalt vom progressiven Rock seiner Lieblingsband GOBLIN, war ein "Argentofilm" für einen Horrorfan damals immer etwas besonderes. Doch irgendwie schien es, als habe der Meister in den 90ern seinen Touch verloren. Mittelmässige amerikanisierte Filme wie der unsägliche "Trauma" (1993) oder der nahezu unerträgliche "Phantom der Oper" (1998) liessen selbst die hartgesottensten Argentophilics am Status und teilweise selbst am Geisteszustand des Meisters zweifeln. Und auch wenn er es 2001 mit dem feinen gewalttätigen Thriller "Nonhosonno" schaffte, wieder an alte Qualitäten anzuknüpfen so zerstörte er diesen Bonus direkt wieder mit den "wir sehen aus wie TV-Filme"-Produktionen "The Card Player" (2004) und "Do you love Hitchcock" (2005). Selbst der im letzten Jahr mit viel Vorschußlorbeeren gestartete "Terza Madre" (2008), der den Abschluß seiner Trilogie über die drei Mütter (begonnen mit Suspiria und Inferno) bilden sollte, entpuppte sich -bis auf einige bemerkenswert schockierende Morde- als ein eher langweilig vor sich hindümpelndes wirres Werk voller Klischees. Nun also erwartet uns "Giallo" (2009), ein Film, dessen Titel auf Argentos Wurzeln - Giallo ist eine Bezeichnung für billige italienische Heftchenromane mit zumeist ziemlich deftigem Krimiinhalt - hinweist, ein Film benannt nach einer Farbe und wenn man Argento kennt, dann weiss man auch das Farben in seinen Werken immer eine ganz besondere Rolle spielen. Man durfte gespannt sein: "Giallo" hält sich zumindest anfangs an die Konventionen des vom Titel angedeuteten Genres, in dem der Film uns einen Killer präsentiert, der einen sehr aussergewöhnlichen Modus Operandi hat. Er fährt nachts mit dem Taxi durch Rom, sammelt nur ausländische und nur besonders hübsche Mädchen ein, um sie dann in seinem ganz privaten Folterkeller mit Bleichmittel zu überschütten und zu verstümmeln. Ihm dicht auf den Fersen sind ein Polizist mit Vergangenheit, den Adrien Brody lieblos darstellt und die Schwester seines letzten -und noch lebenden- Opfers, verkörpert von Emmanuelle Seigner, die mit zum schlechtesten gehört, das ich jemals in einem Film gesehen habe. Der Killer wird dem Zuschauer bereits nach 30 Minuten in voller gelbhäutiger (er hat Hepatitis B) Schönheit präsentiert und am Ende von Herrn Brody vom Dach geschubst. Die Schwester wird gerettet und der Zuschauer freut sich, dass der Film nur 84 Minuten dauert. Vergesst am besten alles, was ihr je über Herrn Argento gehört habt, nichts - aber auch garnichts - in diesem Machwerk erinnert auch nur am entferntesten an seine Meisterwerke. "Giallo" sieht aus wie ein billig zusammengeschusterter TV-Movie, die wenigen Splatterszenen sind uninspiriert runtergekurbelt, technisch gesehen wird durchweg nur Standard geboten - anstelle von großartiger Ausleuchtung und Atmosphäre, gibt es draufhalten und Licht anmachen. Die Musik stammt von einem noch recht unbekannten Komponisten namens Marco Werba und auch wenn sie teilweise ziemlich nach Bernhard Herrmann klingt, so ist sie durchweg unpassend und überdramatisierend. Dies zumindest ist nicht Argentos Schuld, denn hier war Mitproduzent Adrian Brody der Meinung es wäre besser zugunsten kommerzieller Interessen auf Goblin oder zumindest deren Mastermind Claudio Simonetti zu verzichten. Das Drehbuch zweier amerikanischen Horrorfans bietet nur Langeweile und keinerlei Überraschung und die Kamerarbeit und Ausleuchtung ist gelinde gesagt Müll. Im Gegensatz zu Allem, was man von Argento erwartet bewegt sich hier nichts - statische Einstellungen anstelle virtuoser Kamerafahrten.Sollte Euch der Film also zufällig mal unterkommen, dann spult auf Minute 30 (ein nahezu argentoesquer Mord - leider viel zu kurz) und 74 (hier stirbt der Killer einigermasen originell und schmerzhaft) und schaut euch danach den Nachspann wegen der Musik an, die durchaus alleine dastehen kann. Mehr gibt es dazu nicht mehr zu sagen, ausser vielleicht, das ich mich nie wieder auf enen Film des dünnen Italieners freuen werde.
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