The Farm / La maldición / The Well / Förbannelsen (USA 1987) Regie: David Keith Drehbuch: David Chaskin Basierend auf „Color from outer space“ von H.P. Lovecraft Darsteller: Wil Wheaton, Claude Akins, Malcolm Danare, Amy Wheaton
Wenn Meteoriten vom Himmel fallen, dann ist das (zumindest in Filmen) immer ein gutes Signal für anstehende göttliche Strafgerichte, für schwere moralische Prüfungen und allgemeine Apokalypsenstimmung. Da erfordert es dann schon Helden vom Schlage eines Bruce Willis um den Aufprall von solcherlei Weltraumgeröll zu verhindern - und weil Bruce gegen Ende der 80er Jahre noch damit beschäftigt war, langsam zu sterben, wurde selbstverständlich nicht jeder Komet abgefangen. Einer dieser Brocken knallt darum im Jahre 1987 auf den Acker des Farmers Nathan (Claude Akins) und wer „The Blob“ oder „Creepshow“ gesehen hat kann sich schon denken, dass dadurch eine Verkettung von Unappetitlichkeiten losgetreten wird. Der gottesfürchtige Nathan hingegen ist nicht so weise wie der geschulte Filmfreund und erfreut sich deshalb zunächst an einer außergewöhnlich prächtig ausgefallenen Ernte, denn durch die Einwirkung des Meteoriten scheint vorerst alles ganz prächtig zu gedeihen. Allein, der Apfel ist im Kern verrottet… Produzent Ovidio G. Assonitis hatte mit „The Curse“ nämlich einen schlauen politischen Kommentar zur damals in den Vereinigten Staaten schwelenden Landwirtschaftskrise im Sinn und verpflichtete David Keith[1] als Regisseur sowie David Chaskin als Drehbuchautor. Letzterer ließ sich stark von H. P. Lovecraft beatmen und aktualisierte die Story „The Colour Out of Space“, die zuvor bereits als Vorlage für „Die, Monster, Die!“ und den französischen Fernsehfilm „La couleur de l’abîme“ herhalten musste. Insbesondere durch einen Vergleich mit „Die, Monster, Die!“ kann man dabei sehr schön feststellen, wie sich der Horrorfilm seit den 60er Jahren weiterentwickelt hatte und auch, wie modern Lovecraft’s Story seinerzeit war (die immerhin bereits 1927 im Magazin „Weird Tales“ erschien)[2]. Dies zeigt sich am deutlichsten im veränderten Milieu: wo sich in „Die, Monster, Die!“ noch Boris Karloff in alten britischen Gruselschlössern mit Fledermauskellern herumdrücken musste, um dort über wahnsinnige Vorfahren zu sinnieren, befinden wir uns nun im finstersten Tennessee – womit der Horror auch vor den Waltons oder den Bewohnern unserer kleinen Farm keinen Halt macht. Keith verzichtet allerdings darauf, das Landleben als beschauliche Idylle zu zeichnen. Tatsächlich sind Nathan und sein fettblöder Sohn reichlich simpel gestrickte, grobschlächtige Bauerntrampel, denen nur noch ein kleiner Schubs fehlt um sie in den erlauchten Kreis kettensägenschwingender Hinterwäldlerfamilien oder anderer degenerierter Sippschaften aufzunehmen. In gewissem Sinne repräsentiert der reichlich bibeltreue Nathan das in der Reagan-Ära oftmals beschworene alte Amerika. Zäh, arbeitsam und tugendhaft gehört er zu jenen, die den Anschluss an die Moderne verpasst haben. So widersetzt er sich beispielsweise standhaft den Lockangeboten eines schmierigen Grundstücksmaklers, der ihn zum Verkauf seiner Ländereien überreden will , was ihn zum Verlierer stempelt, noch bevor der Film mit dem Meteoriteneinschlag überhaupt so richtig begonnen hat. Zumal obendrein noch seine Frau dem deutlich jüngeren Knecht nachsteigt. Doch obwohl einem dieser brummige Farmer durchaus ein wenig leid tun kann wenn schließlich die Grenzen des Wachstums erreicht sind und alles den Bach runtergeht, eignet er sich selbstverständlich kaum als Sympathieträger. Weshalb Fähnrich Crusher gefordert ist. Durch den Jungen Zack (Wil Wheaton)[3] erhält das weltmännische Publikum nämlich einen deutlich leichteren Zugang zum miefigen Milieu von Kuhdung und ritualisierten gemeinsamen Mahlzeiten (bei denen selbstverständlich dem Herrn gedankt wird, denn der gestrenge Nathan gehört zu denen, die nach oben buckeln und nach unten treten), denn Zack hat es samt Mutter und Schwester (Amy Wheaton)[4] nach einem nicht weiter erklärten Schicksalsschlag aufs Land verschlagen.[5] Dadurch wird einerseits der Film zu einem Passageritus für Zack, der durch die grausigen Erlebnisse seine charakterlichen Qualitäten entdeckt und sich dadurch vom nicht gerade wohnlichen Elternhaus abnabeln kann, andererseits kommt der amerikanische Farmer vom alten Schrot und Korn durch diese Kontrastierung noch schlechter weg. Im Gegensatz zu Zack, der die gefahrenvolle Lage schnell durchschaut und Gegenmaßnahmen ergreift, ist Nathan nicht zuletzt aufgrund seiner Störrigkeit nicht in der Lage, zu erkennen was um ihn herum geschieht. Stattdessen hält er stur am gewohnten Ablauf fest und weigert sich standhaft, Fremde mit in die Sache hineinzuziehen. Zack kassiert darum schließlich sogar Ohrfeigen, denn ein Mann wie Nathan regelt seine Probleme selbst anstatt nach dem Arzt zu schicken. Auch wenn die Frau erste bedenkliche Zerfallserscheinungen wie hässliche Pusteln im Gesicht und einen eher zweifelhaften Geisteszustand vorweist. Im starken Kontrast zum Atheisten Lovecraft betont Keith allerdings die religiöse Komponente nicht nur inhaltlich sondern auch formal sehr stark. Immerhin landet der Komet pünktlich zum vollzogenen Ehebruch, um mit spermatischem Glibber das Grundwasser und damit die komplette Farm auf höchst unselige Art und Weise zu befruchten. Passend dazu zitiert Nathan später die Johannesoffenbarung mit ihren Passagen über vergiftetes Wasser und den vom Himmel gefallenen Stern, was die Ereignisse in „The Curse“, anders als die vampirischen Umtriebe der fremdartig-ungreifbar bleibenden Farbe aus dem All zu einem göttlichen Strafgericht bzw. einer Prüfung für die Rechtschaffenen macht. Wobei Nathan im Grunde genommen trotz einiger Charaktermängel immerhin ein so netter Kerl ist, dass er Zacks Mutter samt Anhang bei sich aufgenommen hat, was dann wieder trotz aller Bibelexegese eine Portion Ambivalenz mit ins Spiel bringt. Denn eigentlich könnte es sich bei allem auch um logisch erklärbare, rationale Vorgänge handeln, die viel mit den Auswirkungen von radioaktiver Kontamination gemeinsam haben (immerhin rauchte 1986 in Tschernobyl ein Kernreaktor ab). So ist es beinahe ein wenig schade, dass Keith das im Grunde genommen recht solide Niveau des Films nicht bis zum Ende durchhalten kann. Nach der durchaus interessanten ersten Hälfte verstrickt sich „The Curse“ schließlich zu sehr in Anleihen beim Zombiefilm – denn Mensch und Tier vergammeln nicht nur sondern werden hochgradig aggressiv – und setzt dem Ganzen in einem übertriebenen, nach heutigen Maßstäben nicht gerade überzeugend getricksten und eher spannungsarmen Finale, die Krone auf, was den Gesamteindruck ein wenig nach unten in die Kategorie „mittelprächtig“ drückt. Wobei der Ekelfaktor des Films allerdings auch heute noch zumindest stellenweise ziemlich hoch ist, weil „The Curse“ vor allem anfangs sehr stark um das Thema verdorbener Nahrungsmittel kreist. Wurmstichige Äpfel und unansehnliches Gammelfleisch auf dem Teller sind einfach kein schöner Anblick, und wenn dann schließlich ganze Kühe platzen mag das vielleicht übertrieben sein, aber die Gedanken an diverse Lebensmittelskandale (BSE und Schweinegrippe lassen grüßen) der jüngeren Vergangenheit hat man dabei eben trotzdem im Hinterkopf. Vermutlich aufgrund dieser zeitgemäßen Aktualisierungen – die bei Lovecraft allerdings ebenfalls schon vorweggenommen werden, da dieser im Grunde genommen die fatalen Auswirkungen radioaktiver Kontamination vorwegnahm bevor die Kernenergie überhaupt großflächig genutzt wurde – bzw. durch die Aufarbeitung von Ängsten, die die Menschheit bis heute unter Schlagworten wie „Waldsterben“ oder „Klimawandel“ umtreiben, wurde „The Curse“ schließlich zu einem kleinen Kultfilm. Was findige Filmschaffende selbstverständlich dazu ermunterte, irgendwelche im Grunde genommen eigenständige B-Movies als Fortsetzungen zu vermarkten. Neben „The Bite“ und „Blood Sacrifice“ (mit Christopher Lee) gab man sogar Gary Schmoellers Klosterbruderschinken „Catacombs“ als Teil der „The Curse“-Reihe aus, ohne dass die Filme inhaltlich oder sonstwie an den ersten Teil anknüpften oder gar aus Lovecrafts Ideenfundus schöpften. Dieser Kultfaktor ist bei einer Neubetrachtung des Films unter heutigen Gesichtspunkten selbstverständlich nicht mehr so ganz nachvollziehbar. Gleichzeitig ist es aber trotzdem lobenswert, dass Wicked Vision „The Curse“ durch eine prächtige Veröffentlichung davor bewahrt hat, der Vergessenheit anheimzufallen. Das Mediabook mit Blu-Ray und DVD bietet den Film nicht nur in sehr guter Bildqualität und im korrekten Widescreen-Format – was einige Effekte leider noch offensichtlicher werden lässt als die abgedunkelte VHS – sondern auch erstmals in ungekürzter Form. Denn obwohl die Ekel- und Gewaltszenen auch in der deshalb indizierten (inzwischen aber wieder begnadigten) Videofassung unangetastet blieben, entfernte der Verleiher damals den kompletten Schluss, durch den die garstigen Vorgänge auf der Crusher-Ranch in eine geringfügig düsterere Rahmenhandlung eingebettet werden. Lediglich die Extras fallen etwas sparsamer als gewohnt aus, da es außer Audiokommentaren für Leute die das brauchen und einigen Trailern für andere Wicked Vision-Veröffentlichungen nichts mehr gibt. Trotzdem muss man sagen: wenn schon dieser Film, dann in dieser Fassung! Alexander [1] Stephen King-Kenner kennen den aus „Firestarter“ [2] Meine bevorzugte deutsche Ausgabe findet sich im Suhrkamp-Taschenbuch „Das Ding auf der Schwelle“, denn die hat Jeffey Combs samt dem Necronomicon auf dem Cover. [3] Im Vorspann, der aus Lucio Fulci (was auch immer die italienische Splatterikone seinerzeit mit dem Film zu tun hatte) einen Louis macht, wurde Wil übrigens mit Doppel-l geschrieben. [4] Laut Aussage von Wil das Beste am Film. [5] Wahrscheinlich hat Mom bei „Bauer sucht Sau“ mitgemacht und die Niete gezogen. |
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