(USA 2018) Regie: Rob Marshall Drehbuch: David Magee Basierend auf den Geschichten von P.L. Travers Musik: Marc Shaiman Musikalische Beratung: Richard M. Sherman Darsteller: Emily Blunt, Lin-Manuel Miranda, Ben Whishaw, Emily Mortimer, Pixie Davies,
Alles an diesem Disney-Klassiker aus dem Jahr 1964 ist – meiner Meinung nach – perfekt, wenn man mal davon absieht, dass das Drehbuch sehr frei mit der Vorlage von P.L. Travers umgeht und aus ihren – bis zur Entstehung des Filmes – fünf Büchern über das magische Kindermädchen, nur einzelne Elemente benutzt und zusätzlich den Charakter der Mary etwas weicher und runder gestaltet. Aber über das Thema gibt es ja genug zu lesen und seit 2014 ja auch den – ebenfalls recht weichgespülten – Film „Saving Mr. Banks“ mit Tom Hanks und Emma Thompson und das soll nun auch nicht Gegenstand dieses Artikels sein.
Also machte ich mich am 1. Weihnachtstag auf, das Werk in der Originalfassung zu besichtigen, was sich als eine verdammt gute Entscheidung erwies, denn neben mir hatten sich nur noch ungefähr 20 erwachsene Zuschauer im Kino eingefunden. Gut, dass ich der einzige Single (und der gefühlt älteste Zuschauer) im Saal war ist vielleicht grundsätzlich nicht wirklich toll, aber zumindest musste ich mich nicht mit kreischenden Kinderhorden oder der – zumindest laut Trailer – eher dürftigen Synchronisation herumschlagen. Licht aus – Kinogong[1] – Vorhang auf...
Zusammen mit dem Lampenanzünder Jack (Lin-Manuel Miranda) nimmt sie nun die Banks Kinder – die nicht erwachsenen – mit auf viele verschiedene Abenteuer und verlässt die Famlie erst wieder „when another door opens“, was übrigens auch ein Titel eines Mary Poppins-Buches ist.
Um es kurz zu machen fühlt man sich als Fan der „Poppins-Woman“ sofort gut aufgehoben und bis das magische Kindermädchen dann endlich nach ungefähr 15 Minuten auftaucht erwischt man sich oft dabei sich in Details zu verlieren – die Cherry Tree Lane 17 fühlt sich an als würde man nach Hause kommen, das London der frühen 30er Jahre, das uns präsentiert wird ist das echte Disney-London – man hat das Gefühl als stamme der Film nicht aus dem Jahr 2018 sondern wäre zwei oder drei Jahre nach dem Original gedreht worden.
Auch die Figure sind liebevoll umgesetzt. Jane und Michael sind zwar mittlerweile erwachsen und haben – wie das bei einem Disneyfilm üblich ist – ihre Phantasie und Fröhlichkeit verloren, aber es besteht von Beginn an kein Zweifel, dass Mary Poppins das wieder hinbekommen wird. Die Kinder selbst sind niedlich und ebenso klassisch disneyesque mit wenigen Drehbuchstrichen charakterisiert. Einzig bei Emily Blunts Mary Poppins hat man sich gewagt einige kleinere Änderungen vorzunehmen und sie erscheint dieses Mal etwas schnippischer und „englischer“, was aber auch widerum eher den Buchvorlagen entspricht. Wenn man an den Figuren etwas kritisieren möchte, dann ist es vielleicht die Figur des Lampenanzünders, der ein wenig zu sehr an Dick van Dykes ikonischer Performance als Bert angelehnt ist, aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Natürlich ist der Film in weiten Teilen nicht nur eine Fortsetzung und offensichtliche Liebeserklärung sondern auch eine Art Remake, denn er bedient viele Punkte, die Fans des Originalfilmes erwarten und wünschen, schafft es aber auch immer wieder diese mit kleinen Kniffen und Ideen eigenständig zu gestalten. Als absolutes Highlight für mich als Fan des Originals und klassischer Disney-Animation generell entpuppt sich die große Varietynummer in der Mitte des Filmes, die – analog des „Holiday with Mary“ – eine Mischung aus Realfilm und Zeichentrick bietet. Und ja – ich habe geschrieben Zeichentrick und nicht Animation, denn das Ganze ist tatsächlich handgezeichnet/-animiert und beschwört den Disney-Geist mehr, als alles was die Studios in den letzten 20 Jahren fabriziert haben, selbst wenn diese Szenen nicht „in House“ entstanden sind sondern an ein anderes Animationsstudio ausgelagert wurden, da Disneys eigene Zeichenabteilung ja bereits seit Jahrzehnten nicht mehr existiert. Natürlich kann man an dem Film auch einiges kritisieren, so ist er zum Beispiel mit einer Länge von 130 Minuten gefühlt 15 Minuten zu lang und der Gastauftritt von Angela Lansbury wirkt ein wenig aufgesetzt und zögert das Ende ein wenig hinaus, aber damit kann ich in einer Zeit von miteinander verschmelzenden CGI-Filmen sehr gut leben.
Dia
[1] Dafür kann man dem Düsseldorfer Atelier nicht dankbar genug sein, selbst wenn der Gong mittlerweile vom Band kommt, hat man dort doch das Gefühl im Kino zu sein.
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