Die Unglaublichen 2 / Les indestructibles 2 / De utrolige 2 (USA 2018) Buch und Regie: Brad Bird Musik: Michael Giacchino Produktion: Walt Disney / Pixar Darsteller (Stimmen): Craig T. Nelson, Holly Hunter, Bob Odenkirk, Samuel L. Jackson
Damals, als ich noch ein Kind war, also zu einer Zeit in der Sicherheitsgurte nicht vorgeschrieben und Kopfstützen im Auto nur ein cooles Accessoir waren, begegnete ich zum ersten Mal Superhelden in Form der „Hit-Comics“ des BSV-Verlages.
Warum aber diese Einleitung? Nunja, zuerst einmal ist das ein wenig Vergangenheitsbewältigung, für die hier bei EVIL ED immer Platz ist und zum zweiten sollte das nur klarstellen, dass ich seit nunmehr einem halben Jahrhundert den Superheldenbereich im Auge habe und ebenfalls so lange von einer vernünftigen Filmumsetzung dieser Bildergeschichten geträumt habe. Somit habe ich auch alles was an kostümierten Helden in Kino und TV zu finden war immer mit Begeisterung erwartet und nachher zumeist mit Entgeisterung gesehen. Waren es zuerst die berüchtigten Supermänner aus Italien oder die in der englischsprachigen SesameStreet (die es derzeit tatsächlich im deutschen TV in den dritten Programmen zu bewundern gab) eingestreuten Batman-Cartoons, gab es etwas später mit dem Batman-Film, der die Welt in Atem hielt, zumindest ein Werk, das meinem Geschmack entsprach. Auch die unsäglichen Zusammenschnitte der Spider-Man- und Captain America-TV-Serien aus den USA ertrug ich mit dem Gewissen, dass es irgendwann einfach mal gelingen musste, einen Helden adäquat auf die Leinwand zu bringen.
Wenn man mich also bis gestern gefragt hätte, welches denn nun mein Lieblings-Superheldenfilm ist wäre die Antwort immer „The incredibles“ gewesen. Außerdem liebe ich auch noch „Guardians of the galaxy 1+2“, „Thor Ragnarock“, „Deadpool 1 + 2“ und „Batman hält die Welt in Atem“ – Filme also, die das ganze Genre nicht unbedingt ernst nehmen und sich ihrer Absurdität komplett bewusst sind. „The Incredibles“ war dementsprechend für mich definitiv immer der perfekte Superheldenfilm, der einzige von der ganzen Masse, der es schaffte neben der ganzen Action auch noch eine Geschichte zu präsentieren die neben der Klopperei nicht nur Füllmaterial war.
Nun kam also, nach 14 Jahren, eine Fortsetzung in die Kinos und – da bin ich ganz ehrlich – machte mir Angst. Denn als alter Filmfan war man in den letzten Jahrzehnten, was lange erwartete Fortführungen klassischer Filme betraf, nicht gerade verwöhnt worden. Man denke hier nur an die unsägliche Star Wars Prequel-Trilogie, den – ja, es gibt ihn wirklich – mittelmässigen vierten Indiana Jones Teil oder die diversen Predator und/oder Alien-Fortsetzungen. Ich bin da tatsächlich gebranntes Kind und so ersparte ich mir die Pressevorführungen und ignorierte den Film fast einen Monat.
„The Incredibles 2“ beginnt dementsprechend auch mit einer großen Actionsequenz in der unsere Helden heimlich versuchen einen – nicht zufällig an den Maulwurf, der ja auch der Gegner der „Fantastic Four“ in ihrem zweiten Heft war, angelehnten – Bösewicht zu stoppen. Sie schaffen es auch als Familienteam (und mit Hilfe von Ozone) eine große Katastrophe zu verhindern, werden aber danach festgenommen und für den entstandenen Schaden verantwortlich gemacht und wieder zurück in ihr erzwungenes normales Leben geschickt. Da allerdings eine 90-minütige Familiengeschichte mit unkostümierten Helden auf die Dauer recht ermüdend und auch kontraproduktiv wäre, taucht nun ein Großindustrieller auf, der die Idee hat das Superheldenverbot mit einer geschickten Werbekampagne aufzuheben. Dazu bekommt Elastogirl einen neuen Anzug mit eingebauten Kameras verpasst und wird alleine in eine Großstadt geschickt um dort Verbrechen vor den Augen der Welt zu verhindern. Nachdem sie einen Schnellzug vor einer Katastrophe gerettet hat – und dabei keine Kollateralschäden verursacht hat – ist die Öffentlichkeit tatsächlich auch wieder auf der Seite der Helden, aber natürlich kommt es später auch wieder zu Problemen, zu deren Lösung der Einsatz der gesamten Familie (inklusive des Babys und einiger anderer neuer Helden) vonnöten ist.
Mit geht es eher darum klar zu stellen, warum ihr euch – so lange noch die Mölichkeit besteht – auf ins Kino machen solltet, denn „The incredibles 2“ schafft das nahezu Unmögliche und setzt seinem Vorgänger in jeder Hinsicht noch einen drauf ohne in Marvel-mässigen Action-Overkill zu verfallen oder sich in DC-mässiger Selbstreflektion zu verstricken. Brad Bird, der ja bereits mit seinem Erstling „The Iron Giant“ eine nahezu klassische Hommage an den 50er Jahre Science Fiction Film geschaffen hat und eben mit dem ersten Incredibles den Geist der frühen Marvels erweckt hat, zeigt auch hier wieder seine Klasse in Bezug auf „World Building“. Das Universum unserer Helden wurde logisch weiterentwickelt, die Geschehnisse des Originalfilms haben hier auch ihre Auswirkungen und jede einzelne unserer Hauptfiguren hat eine komplette Character-Arc. Somit bleibt beim Zuschauer am Ende der Wunsch nach einer Fortsetzung, die nun in einer Welt stattfindet, deren Einstellung gegenüber Superhelden sich wieder einmal gewandelt hat. Da kann man nur hoffen, dass man nicht wieder 14 Jahre darauf warten muss... Dia
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