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Die vier Tode von Superman

1993 – 2018

 

 

Wenn man sich die Karriere des blau-rot bestrumpften Pfadfinders des DC-Universums mal genauer anschaut, dann hat der letzte Sohn von Krytpton doch schon so einiges durchmachen müssen. Nach den eher naiven Anfängen in den 30er Jahren, einer großartigen Serie von Animationsfilmen der Fleischer-Studios, diversen Serials und – hierzulande eher unbekannten – TV-Serien durften wir mittlerweile auch auf der großen Leinwand gleich drei verschiedene Inkarnationen bewundern.

redkryptAuch in der reinen Comicwelt hat sich Supie immer dem Zeitgeschmack angepasst. War er anfangs noch eher mit dürftigen Kräften ausgestattet, durchaus auch mal verwundbar und flugunfähig (er bewegte sich eher wie der Hulk durch die Gegend) wurde er spätestens in den 50ern zum absoluten Superhelden, den eigentlich nichts so wirklich aus der Ruhe bringen konnte – es sei denn es handelte sich um rote Sonnenstrahlung oder Gestein seines Geburtsplaneten, welches noch dazu in verschiedenen Farb- und Wirkungsvarianten daherkam. Speziell in den frühen 60er Jahren war es teilweise sogar richtig absurd, was dieses sogenannte Kryptonit mit dem Mann aus Stahl anrichtete, aber das war eh eine Zeit, in der die DC-Comics sich oft mit gepflegtem Unsinn abgaben.

In den 70ern durfte er sich dann auch – je nach politischer Lage - mal mit Hippies und mal mit dem konservativen Lager rumärgern, bekam – ebenso wie Kollege Batman – einen Sohn angedichtet und viel Zeit wurde auch auf seine On/Off-Beziehung mit Lois Lane verschwendet.

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Auch wenn es zu Beginn der 80er nochmal, bedingt durch die Filmserie mit Christopher Reeve, einen leichten Boom gab, wurde der finanzielle Erfolg des Vorzeigehelden immer weniger, speziell auch dadurch, dass der Feldermausmann mittlerweile vom ernsthaften Konkurrenten zum Zugpferd der Verlagsgruppe geworden war. Als dann die neunziger damit begannen, dass sich viele Zeichner von den beiden Superhelden Verlagshäusern Marvel und DC abwandten um als Indies (Vertico, Image und Co.) die Comicszene zu revolutionieren, passte ein Held ohne Ecken und Kanten einfach nicht mehr ins Bild(erheftchen).

DC beschloß den Mann von Krypton sterben zu lassen und erledigte das in einer 12-teiligen Serie, die sich – wie damals üblich – durch 5 verschiedene Serien des Verlages zog. Dank einer geschickten Werbekampagne um die kommende Auslöschung des Idols wurde speziell das letzte Heft zu einem extremen Verkaufsschlager, der somit auch sämtliche Hoffnungen der geldgierigen Sammler sofort zu nichte machte – und ja, auch ich habe mir damals das letzte Heft in der schwarzen Plastiktüte als „Geldanlage“ zugelegt.

Storymässig ist diese Serie leider ein laues Lüftchen. Zu Beginn kloppt sich der zukünftige Superman-Killer aus dem Erdboden, zerquetscht ein Vögelchen, dreht einem Reh den Hals um, verletzt eine ganze Reihe B-Helden der Justice League (WonderWoman oder Batman waren wohl gerade in Urlaub) und macht sich in gerader Linie auf den Weg nach Metropolis. Eigentlich ist das Ganze somit nur eine einzige Klopperei, die zusätzlich noch dadurch uninteressanter wird, dass man als „lange nicht mehr DC-Leser“ die diversen Nebenfiguren, die ab und an mal ins Bildchen huschen nicht einzuordnen weiss und sich wundert, warum Lex Luthor plötzlich eine wallende rote Mähne trägt, mit Supergirl verbandelt ist, die sich irgendwann auch als eine Art anamorphes Wesen entpuppt und dass Pappa Kent noch lebt. Zugegeben wenn man den ersten Reboot des DC-Universums im Jahr 1986 verfolgt hätte wäre es einfacher gewesen, für Altfans des Kryptoniers stellten sich da zu viele Fragezeichen ein. 

death comic02Zeichnerisch sind hier auch keine Höhepunkte zu finden, auch wenn die grundsätzliche Idee in den letzten fünf Heften die Zahl der Panels pro Seite um jeweils eines zu verringern und somit in der letzten Ausgabe eine Serie von 22 komplett seitenfüllenden Bildern zu haben, grundsätzlich also eine Art Countdown, recht originell ist. Da gerade diese Ausgabe aber zeichnerisch sehr dürftig ausgefallen ist stellt sich der erwünschte Effekt nicht ein.

Nach diesem Tod gab es dann einige Trauerausgaben was dazu führte, das Superman in gleich vier verschiedenen Versionen (natürlich in vier verschiedenen Heftserien) wiederbelebt wurde. Wenns um Kohle geht verstehen die DC-Leute ihr Geschäft halt.

14 Jahre sollte es nun dauern, bis Supie zum nächsten Mal sterben durfte – diesmal erstmals in filmischer Form. Es kam zu

 

Doomsday (2007)

Regie: Lauren Montgomery, Bruce Timm, Brandon Vietti

Drehbuch: Duane Capizzi

Musik: Robert J. Kral

Darsteller (Stimmen): Adam Baldwin, Anne Heche, John DiMaggio, Ray Wise, Kevin Smith

IMDB  OFDB  AMAZON 


Supie Doomsday01Bekanntlich sind DCs animierte Filme ja erheblich besser als ihre Realfilmversuche und auch bei dieser Variante zum Tod des Kryptoniers verhält es sich so. Allerdings muss man sich erst einmal an den doch recht außergewöhnlichen Zeichenstil gewöhnen. Nichts gegen einen kantigen Charakter, aber Clark Kent/Superman hat in dieser Version ein doch sehr eckiges Gesicht und eine ziemlich voluminöse Körperform, wohingegen alle „normalen“ menschlichen Charaktere doch eher schlank erscheinen. Das macht speziell die Glaubwürdigkeit der Beziehung zu Lois Lane ein wenig seltsam, die dieses Mal sogar mit Supie in der Festung der Einsamkeit eine „Nachher“-Szene hat, auf der anderen Seite aber nicht mitbekommt, dass es sich gleichzeitig um Kollegen Kent handelt. Nunja, da kommt man allerdings recht schnell drüber weg, denn der Rest dieses Animationsfilmes (übrigens der erste, der mit einem PG13-Rating versehen wurde und dementsprechend auch Blut zeigen und Sex andeuten durfte) ist tatsächlich überragend.

Supie Doomsday02Doomsday selbst wird dieses Mal von Archäologen bei einer Ausgrabung hinter einer versiegelten Tür gefunden und wartet dann auch kaum eine Sekunde, bevor er sich auf seine Mission begibt. Das aus dem Comic bekannte Vögelchen darf er zerdrücken und dann taucht auch schon Supie auf und kloppt sich mit ihm, während Lois und Jimmy Olsen das Ganze (wie auch in der Vorlage) vom Helikopter aus beobachten und kommentieren. Nebenher erfahren wir auch noch, dass Lex Luthor (diesmal mit der altbekannten nicht vorhandenen Haarpracht) sich immer noch mit der Schaffung supermanvernichtender Waffen beschäftigt. Beim Showdown in Metropolis gibt Supie nochmal alles, schafft es das Monster zu töten, fährt aber trotzdem in den Armen von Lois in die ewigen Jagdgründe ein.

Zu diesem Zeitpunkt ist gerade einmal eine halbe Stunde Filmzeit vergangen, was doch bei der Erstsichtung sehr verblüfft. Von diesem Punkt an entfernt sich der Film nun komplett von der Vorlage und entwickelt eine eigenständige und tatsächlich verblüffend spannende Geschichte, die ich hier natürlich nicht spoilern werde.

Supie Doomsday03Dank der hervorragenden Musik von Robert J. Kral (das neue Superman Thema hat wirklich Ohrwurm-Qualität) und einer wirklich tollen Stimmencast schafft der Film es sogar einige tief emotionale Szenen und – speziell auch dadurch, dass er das Todes- und Wiedergeburtsthema in gerade mal 75 Minuten abhandelt – Spannung zu schaffen, selbst wenn das Charakter-Design halt sehr gewöhnungsbedürftig ist.

Aber auch mit diesem Film war die Leidensgeschichte von Supie noch nicht am Ende, denn es konnte natürlich nicht ausbleiben, dass man das Thema Doomsday auch im Realfilm zur Sprache brachte und das geschah bekanntlich in

 

Batman v Superman: Dawn of Justice (2016)

Regie: Zack Snyder

Darsteller: Henry Cavill, Gal Gadot, Batfleck

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Wenn wir jetzt mal die Tatsache außer Acht lassen, dass der zweite Film mit Cavill als Superman sich als ein Batman-Film entpuppt, so bietet er irgendwann in all dem Wust aus Nebenhandlungssträngen (Martha!) plötzlich auch Doomsday als Endgegner an, gegen den sich Supie, WonderWoman und Batfleck wehren müssen. Superman selbst stirbt dieses Mal (und für erstaunlich kurze Zeit, da der Justice League-Film ja nur wenig später spielt und ihn ziemlich unzeremoniell wiederbelebt) durch eine Mischung aus eigener und der Dummheit seiner beiden Kollegen, indem er selbst eine Kryptonitlanze in das ziemlich dämliche Monster rammt. Warum Batfleck oder die Wunderfrau das nicht übernommen haben, kann wohl nur der Drehbuchautor erklären. Leider hat er das in der finalen Fassung vergessen.

Mehr Worte hat dieses Machwerk einfach nicht verdient...

Kommen wir nun also zum eigentlichen Grund dieses Artikels, denn am 23. August  erschien auch hierzulande:

 

Death of Superman (2018)

Regie: Jake Castorena, Sam Liu

Drehbuch: Peter Tomasi

Darsteller (Stimmen): Jerry O'Connell, Rebecca Romijn, Rainn Wilson

IMDB  OFDB  AMAZON  

 

Wo normalerweise aller Guten Dinge 3 sind, hat es dieses Mal tatsächlich vier Versuche gebraucht den Kryptonier komplett vernünftig unter die Erde zu bringen. Der aktuelle Film überzeugt schon rein optisch mit einem stark an Animefilme angelehnten Zeichen- und Designstil und schafft nebenher noch den Spagat zwischen Superunterhaltung und Supertragik ohne dabei albern oder kitschig zu werden.

supiedeathof01Dieses Mal fällt Doomsday aus dem Weltall auf die Erde und vernichtet erst einmal eine Gruppe von Aquamans Atlantern (und vernichtet kann man hier wörtlich nehmen, da werden Köpfe zerdrückt und Arme abgerissen), ehe  er sich auf den Marsch Richtung Metropolis macht. Während sich nun also die Justice League, die man am Anfang des Filmes auch mal bei einer der wöchentlichen Sitzungen sehen kann (eine der lustigsten Szenen im bisherigen DC-Animated Universe!) in Bestbesetzung dem Kampf stellt, kann man in der Zweithandlung dem Paar Clark Kent/Lois Lane zusehen, wie sie erstmals seine Eltern kennenlernt. In diesen schönen menschlichen Einschüben, bei denen Lois scheinbar erstmals die Vermutung hat, dass ihr Liebhaber etwas vor ihr verbirgt baut der Film diese beiden Charaktere wunderbar auf und gibt dem Zuschauer zumindest etwas mit auf dem Weg, dass die tragischen Momente am Ende glaubhaft und mitfühlbar macht.

Auf der anderen Seite sind aber auch die Kloppereien der League fantastisch inszeniert. Jeder der Helden – und das sind wie gesagt diesmal welche, die man kennt – bekommt seine Momente und darf sich sowohl als Einzelkämpfer als auch als Teil des Teams beweisen, bevor er/sie von Doomsday in den Erdboden gekloppt wird.

supiedeathof02Selbst Lex Luthor und sein unbändiger Hass auf den Kryptponier wird noch sauber mit eingebunden und sorgt für einen weiteren interessanten Handlungsstrang.

Nachdem also Batman, Aquaman, der Martian und einige andere zu Klump gekloppt wurden und nur noch WonderWoman dem Monster gegenübersteht, bekommt letztendlich auch Supie den „Call to arms“ – und zwar gerade in dem Moment, als er Lois sein größtes Geheimnis beichten will, was zu einem seiner üblichen Verschwindetricks sorgt. Allerdings hat er vorher vor seiner Angebeteten noch  die Verkleidungsbrille ausgezogen (An dieser Logik verzweifele ich schon seit mehr als 50 Jahren) und ihr einen „Ich liebe Dich“-Zettel hinterlassen.

Zum Finale hin bekommt dann auch noch Luthor einen interessanten Auftritt, der offensichtlich für den weiteren Verlauf der angekündigten Filmserie interessant werden wird, bevor es dieses Mal zu einer Todesszene kommt, die tatsächlich – nicht zuletzt durch den starken Aufbau des Filmes – dem Zuschauer an die Nieren geht und auf die Tränenkanäle drückt.

Wie aus den Marvel-Filmen gelernt gibt es im und nach dem Nachspann auch noch einige Hinweise auf den weiteren Verlauf der Story, die im nächsten Jahr mit „Reign of the Supermen“, also der Geschichte der vier verschiedenen Supermänner, fortgesetzt werden wird.

supiedeathof03Für einen Superfan wie mich, der die Abenteuer des Kryptoniers nun bereits seit 50 Jahren in jeglicher Form verfolgt, ist „The Death of Superman“ tatsächlich so etwas wie eine Offenbarung, da er die Stärken der Hauptcharaktere endlich einmal so präsentiert, wie man sie aus den Comics kennt und eine perfekte Balance zwischen Humor und Ernsthaftigkeit findet ohne die Action zu vernachlässigen. Zusätzlich ist er der – wie gesagt schwachen – Comicvorlage der Geschichte auch noch erheblich überlegen.

Nun  bin ich gespannt, ob sich dieses Niveau auch beim weiteren Verlauf der Handlung halten lässt – zu gönnen wäre es dem letzten Sohn von Krypton, der so viel mehr sein kann als nur ein dummer Pfadfinder.

 

dia