(1971) Hände voller Blut Regie: Peter Sasdy Drehbuch: Lewis Davidson Darsteller: Eric Porter, Angharad Rees,
Meine erste Begegnung mit diesem Film hatte ich im Jahr 1973, als gerade mal 11-jähriger Pimpf, der genau wusste an welchem Kiosk (oder besser bei uns „Büdchen“) man an all die schönen Horror-Sachen kam, ohne dass direkt die Eltern informiert wurden. Dort bezogen wir unsere „Silber Grusel-Krimis“ und „Gespenster Krimis“ (ab Nummer 1), aber auch die deutschen Ausgaben der italienischen Sex and Violence Fumettis gab es dort. Eines Tages stolperten wir da über ein „Monster-Magazin“, dass sich als ein Faltposter entpuppte, auf dessen Rückseite acht Seiten redaktioneller Teil mit Interviews und Filmbesprechungen zu finden waren. Zwar mit 2,50 DM wirklich schweineteuer, aber wir schlauen Jungs hatten beschlossen zusammenzulegen und wir hatten auch einige ältere Damen, die sich immer über Hilfe freuten und schon Mal 50 Pfennig springen liessen. Das Magazin brachte es auf 3 Ausgaben, bis sein Leben von der BPjS (Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften – seit 2003 hat sich das Schriften zu Medien gewandelt) beendet wurde. Sicherlich hätte das Magazin eine längere Lebensdauer gehabt, wäre es ein einfaches Magazin gewesen und nicht ein 60 x 84 cm großes Poster, dass plötzlich in vielen Jugendzimmern auftauchte. Natürlich war es auch nicht sonderlich hilfreich, dass auf dem ersten Poster ein Christopher Lee mit gebleckten Zähnen, blutverschmiertem Mund und ROTEN Augen und auf dem zweiten David Prowse als Frankensteins Höllenmonster zu sehen waren. Kam halt irgendwie nicht so richtig gut an bei den deutschen Eltern - in England lief das Postermagazin, als „Monster-Mag“ allerdings einige Zeit. Aber ich schweife – mal wieder – ab. In einem dieser herrlichen bluttriefenden Werbeblättchen für alles was Hammer zu bieten hatte – und im Innenteil natürlich die besonders saftigen Bilder versteckte – fand sich auch ein Bericht über den Film „Hände voller Blut“. Irgendwas mit Jack the Ripper war immer gut und das Bild einer jungen Frau, die mit einem Riesenmesser im Hals und durchschnittener Kehle blutüberströmt in einer Badewanne lag, brannte sich bei mir ein. Ich musste diesen Film einfach sehen. Bis es dann endlich so weit war musste ich aber noch etwas warten; 15 Jahre um genau zu sein und dann bekam ich den Film auch nur durch reinen Zufall in einer englischen Videothek in die Finger. Auf einem alten britischen Verleihtape, dessen Bild aussah, als habe man den Film durch einen Nebelfilter geschossen und dessen Helligkeitswerte im eher dunklen Bereich angelegt waren. Addiert dazu noch einen rauschenden Ton und man kann sich vorstellen, wie beeindruckt ich von dem Film war. Also sah ich den Film erstmals wirklich 2005 im Zuge der „British Horror Classics“ Reihe von E-M-S und war – gelinde gesagt angetan. „Hands of the Ripper“ beginnt damit, dass Jack the Ripper, dem einige Polizisten dicht auf den Fersen sind, sich in ein Haus flüchtet, in dem seine Frau und seine etwa dreijährige Tochter auf ihn warten. Als seine Angetraute ihn durch seine blutigen Hände als den schlitzenden Jack identifiziert, dreht er ein wenig am Rad und ersticht sie - vor den Augen des Kindes. Das Messer wird einige Einstellungen lang in ihrem Körper gezeigt, das Blut ist –hammer-untypisch – eher realistisch gefärbt und sie darf noch ein paar Mal Augenkontakt mit ihrer Tochter aufnehmen, ehe der Tod sie ereilt. Wow – das ist schon so eine richtige „Ups“-Szene, da sie uns direkt sagt, dass uns hier kein heiteres Filmchen erwartet. Sozusagen ein „italienischer Moment“. Ungefähr 20 Jahre später ist aus dem Waisenkind - der Vater wurde natürlich nie gefasst - die hübsche Anna (Angharad Rees) geworden und die ist bei einer Hellseherin für die Stimmen aus dem Jenseits zuständig. Zusätzlich verkauft die hellsichtige und ziemlich finanztüchtige Frau, den Körper des Mädchens auch noch als Jungfrau an reiche Kunden. Nicht gerade sympathisch die ältere Lady und so wird sie auch das erste Opfer von Anna, die immer, wenn etwas Bestimmtes (keine Spoiler hier) geschieht, Visionen von ihrem alten Schlitzerpappi hat und das nächstliegende menschliche Wesen ins Jenseits befördert. Nach dem überraschenden Tod ihrer Arbeitgeberin und Pflegestelle landet Anna dann in der Obhut von Doktor John Pritchard (Eric Porter), der ein Anhänger dieses verrückten österreichischen Doktors namens Freud ist und versucht hinter ihr Geheimnis zu kommen.
Mehr will ich jetzt hier auf den Inhalt gar nicht eingehen, um Euch den Spaß nicht zu verderben, aber ich muss natürlich noch anmerken, dass ich tatsächlich erst bei dieser Sichtung des Filmes das, in meinem Hirn immer noch verankerte, Bild mit der halskranken Dame in der Wanne bemerkte. Da ich zu meinem diesjährigen Geburtstag nun die spanische DVD des Filmes geschenkt bekommen haben (Danke Victor!) war es also auch an der Zeit für einen weiteren Besuch im viktorianischen London und schon in den ersten Szenen stellte sich heraus, dass es sich wohl um eine nochmals überarbeitete Verson handelte. Das Bild war noch sauberer, die Farben wirkten noch echter, das Blut noch blutiger. Auch ansonsten war dieser dritte Besuch bei der Ripper-Tochter für mich eine überraschende Erfahrung, denn durch die abermals verbesserte Bildquälität waren speziell kleinere Hintergrunddetails endlich sichtbar und man konnte sich viel eher von der recht morbiden Atmosphäre gefangen nehmen lassen. Sicherlich sieht „Hand of the Ripper“ – speziell in den Innenaufnahmen – aus wie jeder andere Hammer-Horrorfilm aus der letzten Dekade des Studios, aber speziell wenn es in die nebelverhangenen eher düsteren Statdteile von London geht weiss der Film zu überraschen. Die Straßen sind eng, dunkel und dreckig; das Volk, dass über sie wandelt besteht zumeist aus eher schmierig aussehenden Gestalten und, zwar bunt gekleideten, aber überschminkten und eher rüden Damen des horizontalen Gewerbes, die sich eines nahezu unverständlichen Cockney-Akzents bedienen. Diese Außenaufnahmen, die – wie alle späteren Hammer-Werke - zumeist im Hinterhof der Pinewood-Studios entstanden sind, wirken erstaunlich echt und lebendig und heben sich schon alleine dadurch vom „normalen“ Hammer Wald und Wiesen-Stil, der eine eher märchenhafte Atmosphäre erzeugt, ab. Der Film geniesst es förmlich zwischen der Welt der High Society in der sich der gute Doktor bewegt und den den dreckigen Bars und Wohnungen von Whitechapel, dem Arbeiterviertel also, in dem der blutige Jack sein Handwerk betreiben hat, hin- und herzuwechseln. Zum Finale hin geht es dann auch noch auf den Echobalkon der St. Pauls Cathedral, wo tatsächlich einiges „on location“ gedreht wurde. Regisseur Peter Sasdy, beweist wieder einmal mehr eine geschickte Hand, wenn es darum geht einen Film teurer und „anders“ als die üblichen Produktionen des Studios aussehen zu lassen. Schauspielerisch ragt natürlich vor allem Eric Porter als der “modern” eingestellte Professor, der Freud leicht fehlinterpretiert hervor, auch wenn der Rolle ein wenig Humor nicht geschadet hätte. Angharad Rees hingegen, die die Anna spielt, bleibt ein wennig blass, ist aber immer schön anzusehen und überrascht ab und an mit etwas Niedlichkeit. Besonder hervorzuheben sind aber die zahlreichen Nebenfiguren, die – speziell natürlich in den Whitechapel-Szenen – mit prima Charakterdarstellern besetzt sind und dem Film sozusagen mehr Leben einhauchen. Ach ja – und dann sollte man natürlich die Morde nicht vernachlässigen. Wie schon ziemlich zu Beginn erwähnt, hat der Film durchaus „italienische Momente“, dass heisst er erfreut sich am Zeigen von Schockszenen und benutzt die italienische Variante, in dem er immer noch eine zusätzliche deftige Einstellung dazu setzt, wenn man gerade – sprichwörtlich - die Hand vor den Augen weggenommen hat. Das funktioniert erstaunlich gut und so sind die Schockeffekte in diesem Film auch heute noch „schockierend“ genug, speziell, weil sich „Hands of the Ripper“ immer sehr viel Mühe gibt Situationen zu zeigen, in denen man den Schmerz nachfühlen kann – die Hutnadel-Szene macht einfach nur „Autsch“. Deutlich erkennbar also, dass Sasdy zu dieser Zeit auch verfolgte, was Meister Mario Bava in Italien gerade produzierte, aber wenn man vom Besten klaut, kann man das schon fast als Hommage bezeichnen. „Hands of the Ripper“ hat sich beim dritten Sehen in meine Top 5 der Hammer Produktionen geschossen, vielleicht gerade weil er ein wenig anders, ein wenig moderner daherkommt. Es wird Zeit für ein BluRay-Update...
dia
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