Retro City Rampage DX (2014) (PC, PS3, PS4, XBOX360, 486er, Nintendo Switch)
Ein Game, das bereits seit 2014 auf dem Markt ist und dennoch in die Kategorie Retro gehört dürfte, wie der Name schon sagt, das von V-Blank produzierte Retro City Rampage sein. Irgendwie ist es auch schwer, nicht an dieses Spiel ranzukommen. Schließlich erschien es für PC, PS3, PS4, Xbox 360, 486er (ja, wirklich), der Nintendo Switch, dem Casio Taschenrechner FX-991DE, als Kartenspiel, ... okay, nach der Switch habe ich gelogen, es wäre dem Spiel aber zuzutrauen. Damit macht V-Blank dem großen Unternehmer Bethesda ordentlich Konkurrenz, da diese ja ihren 2011er Klassiker Skyrim für alle Systeme von Switch bis VR und PS4 re-re-releasen und erst Ruhe geben, wenn man Skyrim auch auf der Waschmaschine und der Mikrowelle spielen kann.
In einem Open World-Szenario, dass an GTA und GTA 2 in NES-Draufsicht-Grafik erinnert, spielt man den "Spieler" - der wohl innovativste Name eines Spielcharakters - in der fiktiven Stadt Theftropolis im Jahr 1986. Was am Anfang minimalistisch und spartanisch daher kommt, offenbart sich jedoch schnell als Pixelspielplatz für Fans einer ganzen Kultur-Ära.
Wie immer versuche ich so wenig wie möglich zu spoilern, aber um es ein wenig Schmackhaft zu machen, berichte ich nun über die ersten zwanzig Minuten Gameplay:
Nachdem man dem Superverbrecher Harlekin beim Überfall auf eine Bank zusieht, dessen Flucht genauso abläuft wie in Nolans The Dark Knight, versucht man in einer Frogger-Sequenz den Fluchtwagen, einen Schulbus, einzufädeln, wodurch man in eine Verfolgunsjagd gerät. Und spätestens ab jetzt nimmt das Gewitter an Anspielungen kein Ende mehr. Man wird vom A-Team verfolgt und sogar die Turtles steigen aus der Kanalisation. Doch mithilfe einer Telefonzelle, in der verschiedene Persönlichkeiten über Abraham Lincoln, Beethoven und Socrates sowie zwei Metalheads aus San Dima stecken, gelingt einem die Flucht durch die Zeit. In der Vergangenheit angekommen begegnet man einem Wissenschaftler in einem DeLorean, der ...
... genug der Handlung, kommen wir zum Gameplay und Design. Wie bereits erwähnt, begibt man sich wie in GTA mittels Draufsicht von Ort zu Ort. Man frequentiert einige Missions- und Nebenmissionsstandorte und da fängt die Abwechslung an. Die einzelnen Missionen sind fast ausnahmslos ausbalancierte Versionen klassischer NES- und Arcade-Games und funktionieren besser als ihre Originale, da die Steuerung und Spielwelt ausgeglichener ist. So landet man in Sidescroll-Stages, Railshootersequenzen, Sneaking-Levels und vieles mehr - stets begleitet von Videospiel-, Film- und Seriencharakteren, die man in den 80ern und 90ern ins Herz schließen konnte. Hier ein bisschen Donkey Kong, da ein bisschen Sonic, dort ein bisschen Metal Gear und überall eine Brise Selbstironie.
Bei genauerem Hinschauen der Spielwelt erkennt man Röhren, die architektonisch aus dem Super Mario-Universum stammen und beim Ableben ertönt der Sound, den man kennt, sobald Mega Man sich in seine Einzelteile zerlegt. Jedes Game Over wird honoriert mit einem motivierenden Screen: Herzlichen Glückwunsch, Sie sind gestorben! Frust kommt bei den vielen Toden des Spielers kaum auf, bekommt man eine solch freundliche Ehrung.
Gern kann man sich darüber ärgern, dass es fast unmöglich ist ohne Verfolgung der Polizei durch die Stadt zu fahren. Jedoch fällt einem schnell auf, dass das Ganze so gewollt ist und das Spielen einfach nur beschleunigt sowie es keine harten Verfolgungsjagden gibt, denen man nur schwer gewachsen sein würde. Wer in Grand Theft Auto oder Mafia mit Blaulicht über die Straßen gehetzt wurde, ist es einfach gewöhnt einen gewissen Adrenalinspiegel zu entwickeln, sobald eine Sirene ertönt. Aber ob ein Streifenpolizist auf einem Motorrad oder fünf Streifenwagen hinter einem her sind, spielt keine Rolle - es ist einfach nur ein kleiner satirischer Nebeneffekt, der Theftropolis belebt. Auch wurden natürlich die Nebencharaktere derart umbenannt, dass es keine Rechtstreitigkeiten geben kann. Klar zu erkennen sind sie dennoch.
Die Stadt ist sehr lebhaft, die Passanten sind trotz Pixelgrafik abwechslungsreich designed und fast überall gibt es etwas zu entdecken. Auch das Waffenarsenal ist breit gefächert, von Gitarre über Pumpgun und Photonenstrahlen gibt es eine enorme Auswahl an Ballermännern und Schlagwaffen. Man hat trotz Draufsicht jedoch dennoch die Möglich-keit, Gegner einfach totzuhüpfen, wie es sich gehört. Neben einer großen Auswahl an Fahrzeugen besteht zudem die Möglichkeit den Spieler optisch zu verändern, seien es Frisuren, Kopfbedeckungen oder Tattoos.
Ein großer Manko ist jedoch die heutige Technik der Benutzerhardware. Die 8-Bit-Musik und Soundeffekte nerven mit der Zeit auf 7.1-Anlagen genauso wie über Stereo und auf 1.50 m-Bilddiagonale verwandelt sich das Hirn schnell zu einem quadratischen 2D-Pixel. Daher kann man das Spiel getrost auf 4:3 spielen und nebenbei Musikhören, eine Sprachausgabe gibt es nämlich nicht.
Fazit:
Ein Fest, egal ob auf der PlayStation, dem PC oder der Switch. Lediglich auf dem Smartphone ist die Steuerung mal wieder ein Störfaktor. Wer an die NES-Mini-Konsole nicht rankommt, dem sei Retro City Rampage DX ans Herz gelegt. Erhältlich ist es für kleines Geld in allen gängigen Downloadshops aller möglichen Systeme und als Disc. Die Programmierer beliefern uns derzeit mit der Fortsetzung Shakedown: Hawaii, welches sich optisch der 16-Bit-Ära um Sega-Konsolen bemüht.
Ein lustiges und vor allem abwechslungsreiches Spiel für alle Retroisten und jene, die es noch werden wollen. Das Kung Fury unter den Independentgames und man erhält für sein Geld mehr, als man von manchen AAA-Titeln zum Vollpreis geboten bekommt. Der feuchte Traum eines Retrogamers ist wahr geworden.
Mario
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