Motorcycle Gang (1994)
Motorcycle Gang Regie:John Milius Darsteller: Carla Gugino,
Review 3/10 der Filmserie „Rebel Highway“
Die fünfzehnjährige Leann (Carla Gugino) zieht mit ihren Eltern von Houston nach Los Angeles. Während der dreitägigen Reise mit dem himmelblauen Familienauto kreuzen sie die Wege einer mordenden und drogendealenden vierköpfigen Motorradfahrergang, unter der Leitung des blonden und blauäugigen Jake. Als die bösen Buben das Mädchen entführen, holt den ruhigen und angepasst wirkenden Vater Cal (Gerald McRaney) seine Vergangenheit ein. „Motorcycle Gang“ ist ein Roadmovie in bester amerikanischer Tradition, nahezu der gesamte Film spielt sich auf oder neben den endlosen Highways ab. Gleichzeitig aber schafft es Regisseur John Milius (The wind and the lion, Conan the Barbarian, Red Dawn) aber auch das interne Drama innerhalb der kleinen Familie der Protagonisten zum zentralen Thema zu machen. Der grundsätzlich klischeeüberladene Plot dient dementsprechend überraschenderweise nur als roter Faden um die Entwicklung der drei Haupcharaktere voranzutreiben. So beginnt der Film, durchaus den Regeln des Genres entsprechend, als eine aus Sicht der Tochter erzählte Geschichte von der Angst, durch den Umzug ihre Freunde zu verlieren und ihr gesamtes Umfeld ändern zu müssen. Mit ihren Eltern kann sie darüber scheinbar kaum reden, da sich deren Beziehung derzeit in einer Krise befindet, und sie sich, seit Cals Rückkehr aus dem Koreakrieg, sehr voneinander entfernt haben. Tatsächlich ist der Bruch in der Ehe schon so weit, dass die Mutter Jean (Elan Oberon) in einer Affäre mit dem Noch-Nachbarn steckt. Cal hingegen ist mundfaul und zeigt nur selten irgendwelche Gefühle. Sein einziges Interesse scheint es zu sein, die Reise möglichst schnell hinter sich zu bringen. Die parallel dazu eingeführte Motorradgang aus Jake und seinen drei Spießgesellen besteht eher aus Klischeefiguren, deren Hauptinteresse halt der Drogenhandel und die Terrorisierung ihrer Umwelt ist. Als wir sie kennenlernen, brechen sie gerade mittels einiger Messerstiche und dem Leeren eines kompletten Pistolenmagazines die Zusammenarbeit mit ihrem Anwalt ab und begeben sich dann in eine nahegelegene Raststätte, um dort die Serviererin abzuschleppen, sie kurz darauf zu vergewal- und mittels einer Überdosis zu beseitigen. Während diese beiden Handlungsstränge sich nun langsam annähern, wechselt der Focus des Filmes langsam und unmerklich von Leann zu ihrem Vater, der dann im, nicht sonderlich überraschenden, letzten Teil des Filmes die Rolle des gnadenlosen Rächers übernimmt. Wie in den Grundlagen der „Rebel Highway“-Serie verankert, nimmt sich auch „Motorcycle Gang“ einen klassischen AIP-Film als Grundlage. Allerdings handelt es sich bei dem gleichnamigen Original aus dem Jahr 1957 eher um einen typischen frühen Vertreter des Rockerfilm-Genres, der eher aus Sicht der Gang von ihren Eskapaden erzählt und als Kontrast zu den bösen Taten der Gang, einen Rocker mit gutem Herzen in den Mittelpunkt stellt. Solch einen Film konnte man natürlich von Altmeister John Milius nicht erwarten. In fast all seinen Filmen (sei es nun als Regisseur oder Drehbuchautor) dient eine Gewaltexplosion dem Helden als Mittel zur Charakterentwicklung, ist Rache ein probates Mittel um den Status Quo wieder herzustellen. Das muss man nicht unbedingt mögen, als Filmliebhaber kann man allerdings seine Meisterhaftigkeit bei der Umsetzung solcher Geschichten nur bewundern. Dass er hier mit einem kleinen Budget arbeiten musste, liegt sicherlich auch daran, das sein Film „Red Dawn“ im Jahr 1984 nicht durch seine Einnahmen, sondern eher durch die Skandale, die dieser antirussische Propagandafilm damals verursachte, in den Köpfen der Produzenten hängen geblieben war. Aber einem guten Regisseur ist die Höhe des Budgets egal, so lange er seine Vision umsetzen kann und hier beweist sich wieder einmal die Genialität der Idee, die hinter „Rebel Highway“ steckt. Dadurch, das hier keine serienspezifischen Vorgaben zu erfüllen sind, wenn man mal davon absieht, das zumindest der Titel und das Jahr der Handlung vom Originalfilm übernommen werden, kann der Spielleiter den Film in jegliche Richtung formen und ist noch nicht einmal einem Genre verpflichtet. Das zeigt „Motorcycle Gang“ dann auch ganz besonders deutlich, da er nur vordergründig eine Rachestory erzählt (oder besser verspricht), sich aber als eine Mischung aus Roadmovie und Familiendrama entpuppt. Sicherlich gibt es eine ganze Menge an Action und Gewalt, aber diese Szenen dienen zumeist nur als Katalysator, um den Weg der Hauptfiguren in eine andere Richtung zu lenken. Dementsprechend ist die auch Transponierung des Titels in den Stil der Neunziger Jahre durchaus gelungen. Schauspielerisch hebt sich vor allem Gerald McRaney aus dem ohnehin sehr guten Ensemble heraus. Wie er die innere Zerrissenheit des Charakters mittels weniger Worte und sehr sparsamen mimischen Möglichkeiten (schließlich SOLL der Vater ja ein wortkarger und in sich gekehrter Charakter sein) darstellt, ist höchst beeindruckend. Die an sich witzige Idee ausgerechnet Strahlemann Jake Busey (64 Zähne und alle vorne) als den gefühllosen und berechnenden Killer zu besetzen ist allerdings verschwendet, da der Charakter nicht viele Möglichkeiten bietet, etwas Interessantes aus ihm zu machen, da seine einzigen Interessen nur töten, vergewaltigen, rauben, dealen und trinken sind.
„Motorcycle Gang“ wäscht den schalen Nachgeschmack, den Uli Edels Beitrag zur Serie hinterlassen hat, mit einer wahren Flut aus unterhaltsamen Ideen und Überraschungen locker weg. Als nächstes folgt in der Reihe der Beitrag von Joe Dante, der immer noch einer meiner Lieblingsregisseure ist.
RATING: IMDB-Rating 4,6/10 Dia
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