Silver Bullet (1985) Darsteller: Gary Busey, Everett McGill, Corey Haim Fragt man die Leute nach ihrer Lieblingsverfilmung eines Stephen King Buches, so sagt der Cineast meist „Shining“ (manchmal auch „Carrie“). Kinder der 90er schreien „Es“, Thrillerfans „Misery“ und Splatterfans „Creepshow“ oder „Schlafwandler“. Ach ja, und unser Victor sagt „Riding the Bullet“ (wtf?). Bei mir sieht das anders aus. Meine beiden Lieblingskönige stammen aus den Jahren ´85 und ´86. Liegt sicher auch an meinem Baujahr (anno ´75). Da der eine King mit Halloween wenig zu tun hat (Kinder gehen durch den Wald um eine Leiche zu suchen), nehm ich mich mir aus aktuellem Anlass den Wolfsmenschen vor. Ja, „Silver Bullet“ ist ein filmhistorisch unbedeutendes Werk eines TV-Regisseurs, dessen einziger Kinofilm hiermit entstand. Ja, „Shining“, „Carrie“ und Co sind ganz sicher filmisch wesentlich raffinierter inszeniert. Ja, Evil-Ed hat den Streifen schon vor 30 Jahren besprochen. Aber die Kritik ist …ähm…sagen wir mal „sonderbar“. (wer den Film schon kennt, darf gerne mal Probelesen, allen anderen empfehle ich diese „leicht spoilerlastige“ Review eher nicht). Außerdem ist er sogar schon im Podcast erwähnt worden (hier ab 1:30:40). Mir ist das wurscht. Ich tipp einfach weiter… „Der Werwolf von Tarker Mills“ (der, wenn man genau drauf achtet in „Tarker´s Mills spielt) ist ein atmosphärischer, gut besetzter Gruselklassiker mit typischem 80er-Jahre Feeling. Dabei spielt der Film im Jahre 1976. Während sich Stephen Kings Romanvorlage („Cycle of the Werewolf“/"Das Jahr des Werwolfs") über ein ganzes Jahr erstreckt, beginnt der Film (Drehbuch ebenfalls aus Kingscher Feder) im Frühling und endet an Halloween (wie passend!). Wie erwähnt, beginnt der Film in einer Frühlingsnacht im kleinen Örtchen Tarker(s) Mills. Der stadtbekannte Säufer Arnie Westrum (Jack „Die Indianer von Cleveland“ Gammon) wird beim säubern der Bahnschienen von Meister Petz sprichwörtlich einen Kopf kürzer gemacht. Hätte er mal nicht so laut von seinem Lieblingsbier (Rheingold) geschwärmt. Da im Ort jeder von einem Unfall ausgeht, steht dem fröhlichen Frühlingsfest (glücklicherweise ohne Volksmusik) nichts im Wege. Hier lernen wir dann auch den Grossteil unserer Hauptfiguren kennen. Da wäre zum Einen der Sheriff Joe Haller, den kein geringerer als Terry O´Quinn spielt (hätte ich keinen Vater mehr, wäre er mein Wunsch-Stiefvater!). Dieser eröffnet zusammen mit Reverend Lowe (Everett McGill, der im Haus der Vergessenen wohnt) die Feierlichkeiten, denen auch die Coslaw Geschwister beiwohnen. Diese bestehen aus der Teenagerin Jane (Megan Follows), die im übrigen auch die Geschichte als erwachsene Frau aus dem Off erzählt und dem im Rollstuhl sitzenden Marty. Dieser wird gespielt von Corey Haim, einem der wohl tragischsten Teeniestars der 80er, der seine grössten Erfolge zusammen mit dem anderen Corey namens Feldman in Filmen wie „The lost Boys“ feierte. (Funny Fact: Feldman spielt eine der Hauptrollen in meinem eingangs erwähnten anderen Favorite-King). Haim hatte schon früh ein Drogenproblem. Auch soll er missbraucht worden sein, aber dass ist nicht bestätigt. 2010 verstarb Corey Haim dann, als er scheinbar wieder Fuss gefasst hatte. Hier spielt er jedenfalls den gelähmten Jungen mit Bravour. Ja, Haim ist einer der Gründe, warum man diesen Film unbedingt schauen sollte. Doch er wird tatsächlich noch von jemand anderem an die Wand gespielt. Der 1988 beinahe bei einem Motorradunfall verunglückte Gary Busey („Lethal Weapon“, „Point Break“, „Predator 2“,…) spielt Martys Onkel Red und nimmt die Leinwand mit jedem Auftritt voll ein. Denn Onkel Red ist eine Figur mit Ecken und Kanten. Ein saufender Frauenheld, der sich trotz aller Charakterschwächen rührend um seinen Neffen kümmert und dabei die Herzen der Zuschauer erobert. Anfangs noch fluchend und saufend mit Marty beim Poker spielen in Szene gesetzt (sehr zum Leidwesen von Martys spiessiger Mutter, die ihr krankes Kind in Watte taucht), bekommt Red mit jedem Auftritt mehr und mehr Sympathiepunkte. Doch zwischendurch schlägt der Werwolf immer wieder zu. Bereits vor Buseys erstem Auftritt zerfetzt er eine schwangere Frau, die im Begriff war, Selbstmord zu begehen. Auch der unsympathische Vater von Martys Klassenkameradin wird in seinem Gewächshaus zum Fleischspiess verarbeitet. Einer der grössten Gänsehaut-Kills findet jedoch Offscreen statt. Martys bester Freund Brady (gespielt vom ebenfalls bereits verstorbenen Joe Wright) kommt eines Abends nicht mehr nach hause. Der Film deutet den Mord äusserst geschickt an. So zeigt er zunächst die Kleinstadt-Alkis in der Kneipe von Lawrence Tierney, der diesmal nicht von Männern in schwarzen Anzügen umringt ist, deren Namen aus Farben bestehen. Gerade als sich der Hilfssheriff mit dem Orts-Grossmaul anlegt, kommt Bradys besorgter Vater herein und fragt nach seinem Sohnemann. Schnitt – Man sieht den Stepfather-Sheriff mit blutverschmiertem Drachen in der Hand. Eben jenem Drachen, mit dem Brady zuletzt spielte. Die daraufhin losziehende Bürgerwehr wird höchst atmosphärisch in den nebligen Sümpfen zu Frikassee verarbeitet. Die Folgeszene ist dann die wohl Schrägste des ganzen Films. Diese macht zwar im nachhinein Sinn und ist sowohl von den Masken, als auch von der Atmosphäre her sehr gut inszeniert, wirft aber auch Fragen auf, die ungefähr 20 Filmminuten später aufgelöst werden. Ich werde hier aus Spoilergründen nicht näher drauf eingehen. Innerhalb der besagten 20 Minuten baut Onkel Red einen Motorradrollstuhl für Marty, mit dem sich der 11 jährige in der Realität mit Sicherheit totgefahren hätte. Der heisse Ofen trägt die Aufschrift „Silver Bullet“ – bei dem Tempo, dass das Ding hinlegt, hätte auch „Paul Walker“ draufstehen können. Trotz aller Gefahren dient der Feuerstuhl jedoch zur Rettung in letzter Sekunde. Denn Marty, der von seinem Onkel eine Tüte voller Feuerwerk geschenkt bekommt, fährt nachts allein an eine Brücke, wo er ungestört seine Raketen starten kann. Eine grandiose Idee, wo doch gerade ein Psychomörder nachts umher geht. Und tatsächlich treffen Marty und der Werwolf hier erstmals aufeinander. Marty MacGyver ist jedoch nicht blöd und funktioniert eine der Raketen zur Schusswaffe um und trifft das linke Auge des Wolfsmenschen. Am nächsten Tag weiht er seine Schwester ein und so macht sich Jane auf, um einen Bewohner mit Verletzung am Auge zu finden…. Viel mehr möchte ich an dieser Stelle nicht verraten. Man bekommt die Identität des Werwolfs nach einer Stunde präsentiert. Doch auch Meister Petz weiss, dass Marty der Raketenschütze war… „Silver Bullet“ ist sicher kein Meisterwerk im eigentlichen Sinne. Die oben erwähnten Klassiker laufen dem Film schon von der Inszenierung her den Rang ab. Auch ist der Härtegrad (trotz damaliger Schnitte in der FSK 16 VHS-Version) nicht sonderlich hoch. Trotzdem haben wir hier einen rundum gelungenen Werwolf-Film. Und solche findet man ja auch nicht an jeder Ecke.
Fazit: Nennt mich altmodisch, aber „Silver Bullet“ zählt neben „American Werewolf in London“ und „The Howling“ zu meinen liebsten Vertretern des Genres. Tolle Schauspieler, eine typische King-Kleinstadtatmosphäre (Tarker´s Mills ähnelt nicht von ungefähr Castle Rock), gute Effekte und keinerlei Leerlauf machen den Film zum Pflichtprogramm. Nicht nur an Halloween.
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