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The Texas Chainsaw Massacre (1974)

Blutgericht in Texas

Regie: Tobe Hooper

 

Bis in die frühen 1970er Jahre hinein handelten Horrorfilme meist von Hexen, Geistern und Vampiren. Die kleine Horrorwelt war in Ordnung, die Jugendschützer hatten sich weitestgehend mit dem Genre angefreundet und auch die Kleinen durften so manch ein Abenteuer von Graf Dracula und dem Wolfsmenschen ansehen... Die Jahre vergingen, die Leute waren fröhlich und ausgelassen – bis ER kam. Tobe Hooper, ein junger und ambitionierter Regisseur aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten.

Hooper, der erkannt hatte dass ein Genrefilm reichlich Zaster bringt, ließ sich vom amerikanischen Serienmörder Ed Gein und der politischen Lage (Vietnamkrieg und Ölkrise) zu einem Film inspirieren wie die Welt ihn noch nicht gesehen hatte. Das Drehbuch verfasste er gemeinsam mit Kim Henkel, der gleichzeitig auch als Produzent des Films agierte. Für die akustische Untermalung zeichnete sich Hooper selbst in Kooperation mit Wayne Bell verantwortlich. Mit einer Crew von Jung- und Theaterschauspielern begab er sich nach Texas...

Der Cast:

       Gunnar Hansen, verstorben 2015, spielt „Leatherface“

       Marilyn Burns, verstorben 2014, spielt Sally

       Paul A. Partain, verstorben 2005, spielt Franklin

       Allen Danziger spielt Jerry

       William Vail spielt Kirk

       Teri McMinn spielt Pam

       Edwin Neal spielt den Hitchhiker

       Jim Siedow, verstorben 2003, spielt den Tankstellenbesitzer

       John Dugan spielt den Großvater

Zum weiteren Cast gehören Robert Courtin, William Creamer,
John Henry Faulk, Jerry Green, Ed Guinn, Joe Bill Hogan, Perry Lorenz
und John Larroquette (nur Stimme).

Bei seinem Release 1974 schlug der Film hohe Wellen. Von vielen Kritikern, zu denen auch der „Filmpapst“ Roger Ebert gehörte, fanden sich durchaus positive Worte für die düstere Kettensägenorgie. Die Jugendschützer sahen dies jedoch anders und gingen auf die Barrikaden. Hooper – der eine PG Freigabe angestrebt hatte – akzeptierte zähneknirschend ein R-Rating, nachdem er bereits einige Szenen entfernt hatte (ca. 1 Minute) um einem vernichtenden X-Rating (in den USA meist nur für Pornographie vergeben) zu entgehen. Nun stand er allerdings vor einem weiteren Problem. Kein Verleiher wollte den Film in sein Programm nehmen. Zu wenig profitablen Bedingungen ließ sich schließlich ein Deal mit der Bryanston Distribution Company aushandeln. Diese stand unter der Leitung von Anthony „Big Tony“ Peraino, einem Mafioso der zuvor schon mit der Veröffentlichung des Skandalfilms DEEP THROAT für Furore gesorgt hatte.

In amerikanischen Kinos lief der Film dann in unregelmäßigen Abständen bis 1984, nachdem er am 1. Oktober 1974 in Austin (Texas) seine Premiere gefeiert hatte. Kinostart in Deutschland war der 25. August 1978. Diese Fassung war um knapp 4 Minuten in Gewaltszenen und Handlung gekürzt. Zudem verpasste der Verleih dem Film einige neue Toneffekte und andere Musik. Besonders der Austausch der Musik ist für diesen Film absolut indiskutabel. Warum das so ist erläutere ich etwas später noch genauer. Bei (maximal geschätzten) Produktionskosten von geschätzten 300.000 Dollar soll der Film weltweit knapp 31 Millionen eingespielt haben (inkl. Videoauswertungen). Ich schreibe „soll“, da man bei solch alten Filmen genaue Zahlen nur schwer nachweisen kann.

Die deutsche Heimkinoauswertung folgte 1982 unter dem Label VPS und konnte satte 13 (!!) Minuten an Schnitten vorweisen, die Laufzeit betrug knapp 70 Minuten. Auch hier hatte man wieder am Soundtrack und an den Toneffekten herumgespielt.  Genützt hat es nichts. Der Film wurde in dieser Fassung 1985 auf Liste B gesetzt und in den „Giftschrank“ verfrachtet. Einen ersten Schritt in die richtige Richtung ging erneut das Label VPS im Jahre 1998. Eine neue Schnittfassung mit einer Länge von knapp 75 Minuten bekam das Siegel „strafrechtlich unbedenklich“ und konnte somit käuflich erworben werden. Diese Fassung war „nur“ indiziert aber nicht auf Liste B gesetzt worden. Verbote erhielt der Film unter anderem auch in Großbritannien, Brasilien, Kanada und Frankreich. Doch Keines währte so lange wie das deutsche Verbot. Dieses wurde im Dezember 2011 aufgehoben, nachdem sich das Label Turbine Medien seit 2008 für die Entschlagnahmung (das neue Lieblingswort der „Eddies“ - Danke, Christian!) stark gemacht hatte.

Kurz darauf bekam der Film dann endlich eine ungekürzte Veröffentlichung in wunderschön bearbeitetem HD-Bild – ungeschnitten und mit einer FSK 18 Freigabe. Hier möchte ich kurz anmerken, dass TCM der Vorreiter für die Welle der Entschlagnahmungen der folgenden Jahre war. Auch unser lieber Dia hat dies in unserem Podcast zur Freigabe von EVIL DEAD lobend erwähnt. Kürzlich erschien der Film erneut in einer wunderschönen 4K Abtastung als UHD BluRay. Die ersten unzensierten DVDs, die unsere Sphären erreichten, stammten von Laser Paradise und wurden ab den frühen 2000ern verkauft – unter der Ladentheke natürlich. Laut Angaben des akutellen Lizenzinhabers Turbine soll das Team um einen gewissen Herrn Buresch allerdings nie eine gültige Lizenz besessen haben, so dass die LP Scheiben mittlerweile als Bootlegs einzustufen sind.

So abenteuerlich wie die Veröffentlichungsgeschichte sind übrigens auch die verschiedenen Titel des Films. Bei kaum einem Film war man so kreativ wenn es um Vermarktungstitel ging. Hier nun eine kleine Auswahl:

       The Texas Chain Saw Massacre
          (alternativ auch The Texas Chainsaw Massacre)

       Blutgericht in Texas (Deutscher Kinotitel und Titel der CMV Laserdisc)

       Kettensägenmassaker (Deutscher Videotitel der VPS Erstauflage)

       Die Bestie mit der Ledermaske (VHS Bootleg von Cult Classics Austria)

       Massaker 73 (VHS Bootleg von Sun Video)

       Non aprite quella Porta („Öffne nicht die Tür“ - Italienischer Titel)

       La Mantanza de Texas („Das Massaker von Texas“ - Spanischer Titel)

Nach dieser Flut an Informationen geht es nun auf eine persönlichere Ebene.

 

Hier ist sie – meine Geschichte und meine Erinnerungen an THE TEXAS CHAINSAW MASSACRE!

Ich war damals 14 Jahre alt und hatte begonnen mein Interesse für Horrorfilme zu entdecken. Durch einen Bekannten wurde ich immer wieder mit einem Haufen Klassiker versorgt. Diese gab es in unserer kleinen Dorfvideothek zuhauf. Er lieh sich die Filme aus und „sicherte“ diese für meinen Gebrauch auf den wunderschönen Kassetten, die es bei Aldi und Co. im Doppelpack zu erwerben gab. So kam es, dass ich eines Tages eine Kassette in die Finger bekam auf der in unsauberer Schrift zwei Titel standen. „Texas Kettensägen Massaker“ und „Texas Kettensägen Massaker 2“. Ich hatte natürlich schon von dieser sagenumwobenen Reihe gehört und schob erwartungsvoll die Kassette in meinen Videorecorder Marke „Akai“. Übrigens ein tolles Gerät, welches mein Vater sich Ende der 80er / Anfang der 90er geleistet hatte und das mir noch viele Jahre treue Dienste leistete. Dies sei allerdings nur am Rande erwähnt. Der nun folgende Bericht ist ein Gedächtnisprotokoll und verdeutlicht, dass die Erstsichtung dieses Filmes bei mir bis Heute einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat. Getreu dem Motto: „The story you are about to read is based on true events...“

Der Vorspann läuft... die ersten Bilder flimmern über den Bildschirm... Schrille und verzerrte Sounds bohren sich in mein Hirn, gepaart mit grellen Lichtblitzen und kurzen Stills von verwesenden Leichen. Ein obskures Kunstwerk – ein angenagtes Ehepaar in anzüglicher Pose auf einem Grabstein – beeindruckt mich sehr. Schnitt zu einem toten Gürteltier, ein Kleinbus knattert eine Straße entlang...

Selten habe ich so einen Stimmungswechsel erlebt. Die erste Anspannung weicht einer typisch heiteren Situation, wie sie bei jungen Leute auf einem Roadtrip nun mal entsteht. „Attraktive Mädels“ denke ich, insgeheim schon ahnend dass Diese wohl schon bald im Fokus einer bizarren Geschichte stehen würden. Ich beobachte die Situation. Man unterhält sich und stoppt an dem von Leichenschändungen betroffenen Friedhof. Die Großeltern von Sally und Franklin sind dort begraben. Ihre Gräber hat man allerdings in Ruhe gelassen.

Plötzlich kommt er dann ins Bild, der Anhalter. Sofort merkte ich dass dieser Typ irgendwie daneben ist. Er redet von Schlachthäusern, getöteten Kühen und Sülze. Ganz frisch sieht er nicht aus. Sein ständiges Kichern ruft ein mulmiges Gefühl in mir hervor. Er macht ein Foto. Der versuchte Verkauf jenes Bildes an unsere Gruppe scheitert, er zieht ein Messer und greift den im Rollstuhl sitzenden Franklin an. Da ist sie wieder, diese Anspannung. Der Anhalter kann aus dem Fahrzeug geworfen werden. Mein Puls beruhigt sich.

Langsam wird der Sprit knapp und so hält die Gruppe an einer Tankstelle. Der Tankwart eröffnet unseren Protagonisten dass kein Benzin da ist und er auf die Lieferung wartet. „Typisch“, denke ich. So geht es also auf zum verlassenen Haus der Großeltern, welches sich ganz in der Nähe befindet. Alle haben ihren Spaß. Nur Franklin ist frustriert weil man ihn alleine sitzen lässt. Meckernd rollt er zur Veranda und entdeckt ein paar vertrocknete Knochen

Währenddessen suchen Kirk und Pam nach einer Bademöglichkeit. Diese stellt sich als vertrocknetes Loch heraus. Ein Geräusch, ein Generator! Benzin. Das Paar wandert über ein Grundstück. Wenig einladend – kaputte Autos, bizarre Skulpturen. Dann ist es da – ein Haus. Pam setzt sich auf eine Schaukel und wippt gemütlich hin und her. Kirk betritt die Veranda und klopft an die Tür. Keiner reagiert. „Geh nicht ins Haus, geht nicht ins Haus!“. Diese Gedanken spuken in meinem Kopf herum. Aber natürlich weiß ich dass er mich nicht hört und trotzdem hinein geht.

Ich - mental zwar auf einen Jumpscare vorbereitet - schrecke auf und zucke zusammen. Ein dicker Typ mit einer widerlichen Maske greift sich den jungen Burschen und verplättet ihm eine mit dem Hammer. Die Schnittfolge ist so wild und unübersichtlich dass ich kaum etwas mitbekomme. Ein lautes „RUMMS“ -  Kirk ist weg, die Tür ist zu. „Durchatmen, durchatmen – es ist nur ein Film!“ sage ich mir....

Mehr wird verraten, denn es soll ja Leute geben die diesen Film tatsächlich noch nie gesehen haben. Denen möchte ich natürlich die Vorfreude nicht verderben. Allerdings darf und werde ich euch mein Fazit unter die Nase reiben.

Das Gespann Hooper / Henkel präsentiert uns hier das Standardwerk des Terrorfilms. Eine emotionale Achterbahnfahrt die mich, trotz relativ wenigen expliziten Gewaltdarstellungen, verstört und schockiert zurücklässt. Wahrer Horror findet im Kopf statt. Die eigene Phantasie ist dabei das größte Schwein. Texas Chainsaw Massacre ist die perfekte Vision des Terrors. Hooper gibt klare Antworten auf die Frage was die „Bestie Mensch“ einem Artgenossen antun kann. Fernab jeglicher Moralvorstellungen formt sich hier ein Bild, welches man als Zuschauer am liebsten wieder vergessen würde. Gerne würde ich wegsehen, schreien: „STOPPT DIESEN WAHNSINN!“ - aber es gelingt mir nicht. Das Texas Chainsaw Massacre ist ein Kleinod des wahren Horrors. Es appelliert an die Werte und Moral des Zuschauers – und dies mit Erfolg. Nach 84 Minuten, bestehend aus bizarren Bildern und Tönen, stelle ich mir eine Frage: „Hat mich dieser Film unterhalten, emotional berührt oder einfach nur angewidert?“. Die Antwort ist denkbar einfach – ja, ja und ja! Die Säge spaltet eben nicht nur ahnungslose Teenager, sondern auch die Seele der Zuschauer. Wenn einen die erste Stunde nicht fertig macht, so schafft dies das knapp dreißigminütige Finale. Die schrillen kratzigen Sounds, die hektische Schnittfolge, wilde Perspektivenwechsel und fiese Close ups. Dort wird selbst dem härtesten Filmfan gezeigt was TERROR wirklich bedeutet. Der Cast spielt sich in Rage und man könnte meinen wirklich einen Haufen durchgedrehter Irrer vor sich zu haben. Das abschließende Highlight bildet dann der legendäre „Tanz mit der Säge“, bevor der Film abrupt ausblendet...

TCM hat seinen Kultstatus zurecht und muss von jedem Genrefan – nein, von jedem Filmfan – gesehen werden. Ich gehe sogar so weit und behaupte dass viele erfolgreiche Franchises ohne Zutun des Duos Hooper/Henkel niemals entstanden wären. Noch ein Tipp – bitte unbedingt in der Originalfassung oder dem Release von Turbine ansehen. Die Soundänderungen, die ich weiter oben ansprach, in den alten Fassungen sind unerträglich. Dort ersetzte man – warum auch immer – den Soundtrack der aus verzerrten, schrägen und unendlich fiesen Geräuschen besteht stellenweise durch unpassende Dudelmusik. Ebenso wurde dort der Sound der Säge verändert und kommt weniger kernig daher.

TCM zog diverse Fortsetzungen, ein Remake und ein Prequel zum Remake nach sich. Womit wir dann wieder bei dem anderen Film wären der sich damals auf meiner Videokassette befand. Doch das, liebe Leser, ist eine andere Geschichte und soll an einem anderen Tag erzählt werden...

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