Buchreview Thomas Reich
Ranzig
Heinrich Molke ist Käsemeister und auf seinem Gebiet eine absolute Koryphäe. Seine aberwitzigen Kreationen verzaubern die Gaumen und Nasen seiner Kunden. Seine Geheimzutat? Humankäse, den er auf von ihm gefangenen Frauen mit Akribie und Talent züchtet und dann aus ihren Geschlechtsteilen und/oder Achselhöhlen kratzt. Aber auch künstlich erzeugte Löcher im Körper seiner lebenden Käsemaschinen nutzt er zur Herstellung seiner aromatischen Leckereien. Aber für seinen großen Traum, den Gewinn der nationalen Käsemeisterschaften in Wiesbaden, muss er etwas ganz Besonderes präsentieren...
Thomas Reich ist ein junger Autor aus Villingen-Schwenningen und auf seinem Gebiet eine absolute Koryphäe. Seine aberwitzigen literarischen Kreationen sorgen dafür, dass unbedarften Lesern der Atem stockt und das Essen aus dem Gesicht fällt. Seine Geheimzutat? Eine Mischung aus härtenstem Splatter, absonderlichen Perversionen und ein wenig saftiger Pornografie, die ihm zumeist mitten in der Nacht aus den Fingern fliesst. Aber auch beissende Ironie und rabenschwarzer Humor finden sich in seinen Werken, dürften allerdings dem Großteil seiner Leser entgehen. Seinen Traum, sein 50tes Buch zu schreiben, hat er sich bereits im letzten Jahr mit dem Roman „Vieh“ erfüllt (Review folgt), mit seinem neusten, hier vorliegenden, Werk hat er wieder etwas ganz Besonderes geschaffen...
Es ist schon sehr erstaunlich, dass ich, der ich immer die Augen nach der etwas anderen Literatur offen halte, erst Anfang diesen Jahres über Reich und sein Reich aus Absonderlichkeiten gestoßen bin und ich muss auch zugeben, dass ich nach dem Lesen der folgenden Absätze, die bei AMAZON als Vorschau verfügbar sind, doch eher skeptisch war:
Unter der festen Gummischicht reifte Lara dahin. Ihre Drüsen produzierten ein stinkendes Sekret, welches an asiatische Fischsauce erinnerte. Sie funktionierte besser als jeder Zwiebelsud. Es ging nichts über eine ordentlich fermentierte Fotze. Sieben volle Tage gärte der Fischtopf unter seinem Tiegel. Es war an der Zeit, das Frischesiegel zu erbrechen. „Willst du an dir riechen?“ „Danke, ich verzichte.“ „Voller könnte ein Aroma nicht mehr werden.“ Hilflos wie eine demenzkranke Seniorin erlaubte sie Heinrich, das stramme Höschen abzustreifen. Heinrichs schwieliger Daumen glitt in ihren saftigen Spalt. Unter seinen harten Fingernägeln klebte Laras Substanz. „Ich möchte dich über den Ofenkäse aufklären. Du weißt doch, was einen guten Ofenkäse ausmacht, oder?“ „Leider nicht.“ „Das finde ich sehr schade. Nun, ich möchte es dir erklären, bevor ich deine Muschi grille. Diese Ehrlichkeit gehört zu meinem Berufsbild.“ „Dein Ernst? Hältst du dich für einen profunden Käsemeister?“ „Selbstverständlich! Wenn du noch irgendwelche Zweifel hegst, so werde ich sie innerhalb der nächsten Stunden zerstreuen.“
Ich befürchtete eine Art stumpfer pornographischer Schlotze voller Stilblüten und langweiliger Sprache, also ging ich den äußerst vorsichtigen Weg und fragte Thomas erst einmal nach einem Rezensionsexemplar, machte ihm aber auch gleich klar, dass er von mir nur ein ehrliches Review zu erwarten hatte. Schließlich hat EVIL ED den Ruf sich bei jedem unbeliebt zu machen – positive Kritiken nur weil man etwas umsonst bekommt? Wir sind doch nicht Harry Knowles...
Thomas entpuppte sich bereits in unserem ersten Chat als ein durchaus intelligenter Mensch und meine Vermutung, dass hinter den bösen Worten ein doch eher lebensfroher Exzentriker steckte, bewahrheitete sich glücklicher Weise.
Am Freitagmorgen kam das Buch dann auch bereits an und den gestrigen Sonntag setzte ich mir die Aufgabe, zumindest mal reinzulesen, was dazu führte, dass ich das Buch heute Morgen letztmalig schließen und in der Nähe von Joseph D´lacy und Charlie Huston einordnen konnte.
Reich erzeugt, bei all den ekligen Szenen, bei all den beschriebenen Perversionen und bei all der Sprachkotze, die aus den Seiten quillt, einen Lesesog, der seinesgleichen sucht. Dabei erweist er sich als ein durchaus sprachgewandter Autor, der immer wieder mit neuen Bildern glänzen kann – und das nach mehr als 50 bisher geschriebenen Büchern.
Sicherlich muss man auch auf die Schwächen von „Ranzig“ hinweisen. Da ist zuerst einmal die recht einfache Charakterzeichnung – um genau zu sein gibt es, außer dem Protagonisten und seiner hygieneverweigernden, der Pädophilie nicht abgeneingten Tante, keine Figuren, die zu mehr dienen, als bloße Schlachtopfer zu sein. Allerdings würde eine tiefere Charakterisierung der Opfer und ihres Leidens auch dazu führen, dass das Buch tatsächlich unlesbar wäre, so dass man dafür schon fast dankbar sein kann.
Ein weiterer interessanter Aspekt ist die teilweise - gewollte - kreative Grammatik des Werke. So finden sich ab und an Sätze die. Einfach so mittendrin mit Punkten beendet werden. Obwohl eine kommagetrennte Fortsetzung passend wäre. Das gibt dem Buch an einigen Stellen einen seltsamen Effekt, der den Leser zusätzlich noch verstört.
Demzufolge – und ganz speziell durch den oben schon erwähnten rabenschwarzen Humor und die versteckte Ironie – ist „Ranzig“ ein Buch, das man jedem Leser absonderlicher Literatur nur ans Herz legen kann.
Nachdem das Buch in meinem Regal gelandet war, habe ich mir direkt bei AMAZON noch die Kindle-Version von „Vieh“ ausgeliehen – ich schätze mal ich werde auch heute nacht nicht viel Schlaf bekommen.
„King hat mich auf Horror gebracht und Bukowski die Gossensprache beigebracht!“
Thomas Reich
Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.
dia
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