Blood Feast USA/Deutschland/Frankreich 2016 Regie: Marcel Walz Drehbuch: Philip Lilienschwarz Produzent: Emsch Schneider Darsteller: Robert Rusler, Caroline Williams, Sophie Monk, Sadie Katz, Herschell Gordon Lewis
Im unscheinbaren St. Pölten, in der Fuhrmannsgasse, dringt Licht aus dem „Egon“ und dunkle Gestalten mit bleichen Gesichtern verschwinden im Eingang der kleinen Kneipe. Es ist Halloween und Produzent Emsch Schneider hat zur Premiere von "Blood Feast" geladen, dem Remake eines der verrufensten Streifen der 1960er. Während sich oben ein paar Gäste über den Ramses Burger hermachen, der es aus dem Film auf die Speisekarte des Egons geschafft hat, warten die Horrorfans unten in einem Kellergewölbe gespannt darauf, dass es losgeht. Als Herschell Gordon Lewis´ Blood Feast 1963 erschien, war das ein Schock. Der Regisseur begründete mit seinem Streifen ein neues Genre, in dem blutige Effekte im Mittelpunkt stehen, den Gore-Film. Mit geschickten PR-Aktionen, wie einer durch den Produzenten Friedman selbst beantragten gerichtlichen Verfügung gegen das Werk, wurde noch mehr öffentliche Empörung über den Tabubruch erreicht. Doch während damals Kotztüten an die verängstigten Kinobesucher ausgegeben wurden, wird im Jahre 2017 eine große Portion Popcorn gereicht, bevor Regisseur Marcel Walz mit einem Grußvideo aus Los Angeles die Zuschauer einstimmt und Emsch Schneider ein kurzes Vorwort gibt. 1,2 Millionen Dollar standen zur Verfügung, gedreht wurde in den USA, Deutschland und Frankreich und es brauchte ganze vier Anläufe, bis der Film von der Motion Picture Association of America freigegeben wurde. „Uns wurde gesagt, dass sie seit Hostel keinen so harten Film mehr gesehen haben“, grinst der Produzent zufrieden und streicht sich eine Falte aus seiner Polizeiuniform – einer Requisite aus Blood Feast. Während das Publikum im Egon aber in den Genuss der ungeschnittenen Version kommt, mussten in Amerika für die Kinofassung ganze drei Minuten weichen. Erst im Februar wird Blood Feast dort uncut auf DVD und Blu-ray erscheinen. Mit diesen Eindrücken werden die Gäste in den äußerst stylischen Vorspann entlassen. Gore-Szenen werden dort unter dröhnendem Score zu Malereien geschnitten, während der Ansager aus dem Original von 1963 das Publikum vor dieser Scheußlichkeit von Film warnt und ängstliche Naturen mit Kreislaufproblemen zum Verlassen des Saals auffordert. Natürlich bin ich geblieben. Fuad Ramses (Robert Rusler) betreibt mit seiner Familie ein kleines amerikanisches Diner in Frankreich. Das Geschäft läuft mies und um Geld zu sparen, wird wenig Wert auf das Verfallsdatum der Speisen gelegt, was die Lage noch verschlimmert. Um sich über Wasser zu halten und seiner Tochter Penny (Sophie Monk) eine bessere Zukunft zu ermöglichen, schmeißt Fuad zusätzlich Nachtschichten in einem ägyptischen Museum. Dort wird der psychisch labile Mann in den Bann einer mysteriösen Statue gezogen. Die verführerische Göttin Ishtar fordert ein Festmahl zu ihren Ehren – und zwar eines aus Menschenfleisch. Als Fuad mit immer neuen wohlschmeckenden Steaks im Diner aufwarten kann, verwundert das zunächst niemand. Zu groß ist die Hoffnung, dass es endlich bergauf geht. Doch als immer mehr Menschen aus dem Umfeld der Familie verschwinden, wird Tochter Penny misstrauisch. Gerade noch rechtzeitig, denn Ishtar plant, auch sie und ihre Mutter (Caroline Williams) zum finalen Blood Feast zu laden. Die Geschichte von Blood Feast erinnert sofort an die Folge „What´s Cookin´?“ aus Geschichten aus der Gruft, die eine meiner absoluten Lieblingsepisoden ist. Und die Idee eines Kannibalen, der ein Diner betreibt, lässt natürlich viel Spielraum für die verkorkste Fantasie eines Splatterregisseurs. Hier passt die ausgelutschte Analogie, in der sich Horrorfilmkritiker allzu oft ergehen, einmal perfekt: Dem Zuschauer wird eine wahre Schlachtplatte serviert. Die Locations, in denen das blutige Treiben seinen Lauf nimmt, sind dabei gut ausgesucht und Blood Feast schafft es, die besondere, schwer zu fassende Atmosphäre des Originals einzufangen. Da macht es auch nichts, dass die Ausleuchtung der Szenerien nicht immer optimal ist und bei der Ausstattung der Locations ein wenig mehr Detailverliebtheit gutgetan hätte. Kommen wir zum Drehbuch. Das ist, wie oben angesprochen, an manchen Stellen etwas überhastet und hätte sich hier und da mehr Zeit lassen können, entstehen doch einige Brüche und Logiklücken. Den Machern scheint dies bewusst zu sein und so nehmen sie selbstironisch Bezug auf die Schwächen, was hervorragend funktioniert. So wird zum Beispiel, nachdem es einige Morde in Pennys Clique gab, ausgerechnet einen Tag später die Liebesgeschichte zwischen ihr und einem Polizisten angetrieben, der sie zu einem romantischen Dinner ausführt. Wie deplatziert diese Szene wirkt, bemerkt Penny selbst, wenn sie das blutige Geschehen des Vorabends rekapituliert und ihren Verehrer darauf aufmerksam macht, welch unpassenden Zeitpunkt er für seine romantischen Annäherungsversuche doch gewählt habe. Dieses Selbstreferentielle sorgt immer wieder für Lacher und einige wirklich witzige Szenen und verkommt dabei nie zu einer Trashfilm-Attitüde, die behauptet, filmische Schwächen seien nun einmal Bestandteil des Genres. Besonders ist Emsch Schneider zum Casting zu gratulieren. Gerade Robert Rusler als Fuad Ramses ist ein wahrer Glücksgriff. Sein Charisma durchdringt jede Szene und er schafft es, die Entwicklung des Verlierers hin zur größenwahnsinnigen Marionette seiner Gebieterin glaubhaft nachzuzeichnen – und das, obwohl sich das Drehbuch hier ein wenig mehr Zeit hätte lassen können. Auch Sophie Monk als Tochter Penny und Caroline Williams als besorgte Ehefrau überzeugen vollauf und sind würdige Mitspielerinnen in der familiären Dreier-Konstellation. Auf die Dialoge wurde dabei ganz splatteruntypisch viel Wert gelegt – sie sind teils tief und ernst, teils urkomisch geschrieben. Auf dieser Ebene lässt sich einzig kritisieren, dass Sophie Monk für die Rolle einer studierenden Tochter manchem ein wenig zu alt erscheinen mag und dass ihre Clique, die das Diner regelmäßig besucht, im Kontrast zur Familie etwas blass bleibt – aber irgendwo muss ja auch das Schlachtvieh herkommen. Während beim Original gerne die schauspielerischen Leistungen und die Dialoge aufs Korn genommen werden, gibt es beim Remake hier also wenig zu bemängeln. Doch sind bei einem Film wie Blood Feast natürlich die Splatterszenen im Mittelpunkt des Interesses und auch hier gibt man sich in St. Pölten keine Blöße. Meine Begleiterin hätte die Warnung des bierernsten Ansagers aus dem Vorspann beherzigen sollen – sie verließ bereits nach der zweiten harten Szene den Saal. Denn die Effekte sind durchweg gut, blutig, realistisch und schick gefilmt. Allgemein braucht sich Blood Feast optisch nicht vor größeren Produktionen verstecken und man merkt dem Remake mit seinen knackigen Bildern das 1,2 Millionen Budget an. Einen streunenden Punk, der bei Fuads Frau zu dessen Missfallen einen Kaffee schnorrt, erwischt es ganz besonders übel: Fuad zeigt ihm, wer der Mann im Hause ist. Natürlich ist das alles handgemacht – eine Frage der Ehre und bei einem Remake des ersten Splatterfilms obligatorisch, heutzutage jedoch leider keine Selbstverständlichkeit. Doch so gut die Effekte auch sind, fehlt manchmal das letzte Quäntchen Kreativität, wenn einmal zu oft eine diffus-breiige und daher nicht zu definierende Fleischmasse den Weg in den hungrigen Mund des Psychopathen findet. Blood Feast baut sich langsam auf, die humorigen und splatterigen Einlagen sind gut dosiert und gipfeln im finalen Festmahl, über das hier nicht zu viel verraten werden soll. Während mich das darauffolgende, etwas abrupte Ende anfangs gestört hat, sehe ich es nach meinem Interview mit Emsch Schneider, in dem zur Sprache kam, dass eine Fortsetzung angedacht ist, mit anderen Augen: Es ist dem St. Pöltener in jedem Fall zu wünschen, dass der Plan aufgeht und der Film, der bereits Mitte November in die amerikanischen und kanadischen Kinos kommt, viele Horrorfans an die Kassen lockt. Dann schließt sich der Vorhang und es wird sich an der Bar getroffen, zwischen Requisiten über den Film und das Original sinniert, die Fotowand mit den Behind the Scenes-Eindrücken bestaunt und dabei ordentlich gebechert. Wer will, lässt sich einen köstlichen Feast-Wein kredenzen, den Winzer Maxl Graf extra für den heutigen Abend kreiert hat. Im Anschluss gibt es noch ein Konzert der Band Chris Curtis´ Los Demonios, die, neben der St. Pöltenerin Nici Roxx (nicht zu verwechseln mit Lexy Roxx!), einige Songs zu Blood Feast beigesteuert haben – der offizielle Soundtrack kann übrigens bei iTunes und Amazon erworben werden. Die Gruppe um Sänger Curtis, der wie eine Mischung aus Michael Madsen, Bruce Campbell und Elvis aussieht, spielt ein wildes Potpourri aus Rockabilly, Ska und Schlager. In den Skastücken, die mir am besten gefallen, erinnert Curtis´Stimme fast an den unsäglich geilen Judge Dread und nach dem sechsten Egger (dessen Bestellung mir übrigens von den St. Pöltener Locals übelgenommen wurde; man setzt hier auf Trumer) schwinge auch ich das Tanzbein. Die Höhepunkte des Konzerts sind ganz klar die Soli der Saxophonistin, die ein bisschen an eine Bäckereifachverkäuferin an Weiberfasching erinnert mit ihrem Schulmädchentop, dem Cowboyhalstuch und ihrem Lederrock, dann aber loslegt, als gäbe es keinen Morgen – man muss zwischenzeitlich Angst haben, ihr fallen die Augäpfel aus dem Kopf, so leidenschaftlich bläst die Gute in ihr Instrument. Später treffe ich noch Emsch Schneider zu einem alkoholgeschwängerten Interview, das ihr unten nachlesen könnt. Ich habe beim Transkribieren darauf verzichtet, unser Gelalle wiederzugeben und so liest sich das Ganze doch ganz ordentlich. Nach ein paar Unterbrechungen durch euphorische Groupies beider Geschlechter (denn nur die am Eingang platzierte Figur, die den Anzug und die Maske des Killers trägt – alles Requisiten – ist heute Abend ein noch beliebteres Fotomotiv als Emsch und ich bin ein bisschen neidisch auf die beiden) geht alles reibungslos über die Bühne. Dann gebe ich mich vollends dem Egger hin und als ich das Klo betrete und von einer Geruchswolke honig-saurer Kotze empfangen werde, aus der mir irgendein alter Zecher mit den Worten „Passt auf Kinder!“ entgegenstolpert, komme ich zu dem Schluss, dass es genug für heute ist und trete den Heimweg an. Zurück bleiben die Erinnerung an ein rundum gelungenes Event, ein zurecht stolzer Emsch Schneider und ein stechender Kopfschmerz, der mich am nächsten Tag, als Hilfe zur Selbsthilfe, dazu verleitet, einen Artikel zu Halloween-Katerfilmen zu schreiben.
Interview Evil Ed: Hallo Emsch! Erzähl mal wie es dazu kam, Blood Feast zu produzieren. Emsch Schneider: Es ist ja mittlerweile mein sechster Film, den ich produziert bzw. mitproduziert habe und die erste größere Produktion und da ich bisher drei deutschsprachige Filme mit Marcel Walz produziert habe, war es, wie ich finde, an der Zeit, gemeinsam mit ihm etwas Größeres und Internationaleres anzugehen. Die Idee, ein Remake zu drehen, war zu dem Zeitpunkt ebenfalls schon in unseren Köpfen. Dann sind wir beim Durchgehen, welche Filme Sinn machen würden für ein Remake, auf Blood Feast gestoßen. Der Film ist ja schon was Besonderes als erster Splatterfilm und so weiter und dann haben wir uns um die Rechte bemüht, Produktionspartner in den USA gesucht usw. Nun, es hat geklappt und jetzt sind wir hier auf der Premiere. Evil Ed: Welche Bedeutung hat denn Blood Feast in deiner eigenen Horrorfilmbiografie? Ich habe ja immer das Gefühl, dass es ein Film ist, den man erst später entdeckt, da er ja nun mal schon in den 1960ern rauskam. Emsch Schneider: Ich hatte Blood Feast schon im Hinterkopf, bei mir war es aber auch so, dass ich mir gesagt habe, den guckst dir noch mal genauer an und da dachte ich mir, aus dem Thema kann man noch viel rausholen. Schlechter als das Original kann er ja eigentlich gar nicht werden (lacht). Und dann haben wir unsere Idee gesponnen und das Drehbuch in Auftrag gegeben und so führte eines zum anderen. Wir hoffen auch, dass jetzt viele Leute, die unseren Blood Feast sehen, sich auch für das Original interessieren und es damit ein bisschen wiederentdeckt wird. Evil Ed: Was waren denn die größten Schwierigkeiten bei der Produktion? Emsch Schneider: Wir hatten natürlich eine lange Liste von Schauspielern, die wir wollten. Angefangen bei Robert Englund für die Rolle des Fuad Ramses. Wir haben ihm auch das Drehbuch geschickt, das er genial fand, aber er konnte nicht außerhalb der USA ohne die Künstlergewerkschaft von Amerika drehen und so musste er leider absagen. Der Marcel hat mit der Caroline Williams schon gedreht in „Seed 2“ und sie brachte uns dann auf Robert Rusler. Ich kannte ihn vorher auf Anhieb nicht, habe dann aber bei IMDB geschaut und war begeistert. „L.I.S.A – der helle Wahnsinn“ eine Komödie aus den 80ern und natürlich „Nightmare on Elmstreet 2“ kannte ich, da dachte ich mir, ja interessant, könnte passen. Und wir hatten vorher eigentlich den Eric Roberts schon gebucht gehabt, aber der hatte dann so viele Extrawünsche, dass wir gesagt haben: Robert Rusler passt. Ich bin sehr froh, dass es so kam, weil er seine Sache wirklich perfekt gemacht hat und er während des Drehs zu Fuad Ramses geworden ist, selbst in den Drehpausen. Evil Ed: Und wieso habt ihr euch entschieden in Deutschland, den USA und in Frankreich zu drehen? Emsch Schneider: Wir wollten das Ganze europäisieren, weil es für die Amerikaner interessanter ist. Es wird ja gefühlt jeder zweite Horrorfilm in den USA gedreht und da kennen die Leute die Landschaft und die Kultur und so weiter. Und wenn du das Ganze dann nach Europa transferierst, dann ist es für die Amerikaner wieder was ganz Besonderes. Evil Ed: Hast du jetzt nach Blood Feast, der ja dein bisher größtes Projekt war, schon was Neues im Auge oder heißt es erstmal durschnaufen? Emsch Schneider: Wenn Blood Feast so funktioniert, wie wir uns das wünschen, dann wollen wir einen zweiten Teil drehen. Wir haben auch schon Szenen gedreht, die an das Ende des ersten Films anknüpfen und dann als Intro für die Fortsetzung gedacht wären. Wir haben also schon angedreht und wir haben die Idee im Kopf, wie es weitergehen soll mit der Familie Ramses. Evil Ed: Ist Blood Feast der bisher beste Film von Marcel Walz? Emsch Schneider: Das ist schwer zu sagen. Ich hab ja wie gesagt vier Filme mit ihm produziert und von denen ist er auf jeden Fall der beste. Einfach weil er am meisten Budget hatte und weil wir eben in Englisch gedreht haben und einen, dem Horrorfan nicht unbekannten, US-Cast dabei hatten. Evil Ed: Was gefällt dir persönlich denn am besten an Blood Feast? Emsch Schneider: Das Finale! Auf jeden Fall. Der Film steigert sich, du hast eine kleine Liebesgeschichte drin, du hast lustige Szenen drin und das Ganze steigert sich dann zum „Big Feast“, das Fuad seiner Göttin darbringt. Und das ist meine Lieblingsszene von der Musikuntermalung und vom Aufbau her, ein Grande Finale! Evil Ed: Zum Abschluss: Warum sollten Evil Ed-Leser unbedingt Blood Feast schauen? Emsch Schneider: Wer Fan von schön gefilmten und an den richtigen Stellen blutigen Filmen ist, sollte sich Blood Feast auf jeden Fall anschauen. Wer das Original mag, soll sich das Remake ebenfalls anschauen und die vielen kleinen Anspielungen entdecken. Mit viel Liebe und Herzblut ist das Ganze gemacht! Evil Ed: Vielen Dank Emsch!
Christoph Nachbemerkung Mai 2018:
BILDNACHWEISE:
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