Roar - Die Löwen sind los / Roar - Ein wüstes Abenteuer / Il grande ruggito (USA 1981) Regie: Noel Marshall Drehbuch: Noel Marshall, Ted Cassidy Kamera: Jan de Bont Darsteller: Noel Marshall, Tippi Hedren, Melanie Griffith, John Marshall, Jerry Marshall, Kyalo Mativo
Hank (Noel Marshall) lebt in einer WG mit ungefähr 150 Raubkatzen in einem dreistöckigen Haus in irgendeinem nicht näher bezeichneten afrikanischen Land. Wohl gemerkt, wir reden hier nicht von einem Reservat oder einem Privatzoo, sondern von einem riesigen Rudel, das aus Löwen, Geparden, Leoparden und Tigern (!) besteht und das Hank (bzw. Noel) als ihren Chef akzeptiert hat. Als sich nun Hanks Familie (bestehend aus seiner realen Ehefrau Tippi Hedren, ihrer echten Tocher Melanie Griffith und seinen realen Söhnen John und Jerry Marshall) die seit einem Jahr in Chicago lebt, aufmacht um ihn zu besuchen fährt Hank/Noel mit seinem treuen Helfer Mativo (Kyalo Mativo) – und zwei Tigern - los um sie vom entfernten Flugplatz abzuholen. Logisch, dass dabei einiges schief geht und die zivilisationsgeschädigte Familie, die natürlich nichts davon wusste, dass Hank/Noel der Rudelsführer einer Gang aus Großkatzen ist ist fortan mit der Situation in dessen Heimstatt ziemlich überfordert ist. Während Hank und sein Kumpel mit ihren Tigern einige lustige Abewnteuer erleben, versucht der Rest der Marshall/Hedren-Familie sich in einem Haus voller Löwen zurechtzufinden. Als Nebenplot gibt es natürlich noch ein paar böse Wichte, die Noels/Hanks Wildkatzen-Refugium für eine Gefahr halten und sich aufmachen ein paar der Tiere zu erschiessen. Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, auch hier standen die Chancen auf einen Drehbuchoscar ziemlich schlecht. Um es ganz genau zu sagen ist die gesamte Handlung eigentlich genau das, was man Exploitationfilmen gerne vorwirft, nämlich nur ein roter Faden um möglichst viele sensationelle Szenen aneinanderzureihen. In dieser Beziehung allerdings bietet der Film auch nach über 35 Jahren noch erstaunliches. Denn offensichtlich –und auch damals schon in der Presse breitgetreten – hat die Kleinfamilie Marshall/Hedren tatsächlich über Jahre hinweg mit einem Rudel Raubkatzen zusammengelebt und zwar nicht mit dressierten Zirkustieren oder degenerierten Zoo-Gefangenen, sondern mit ganz „normal“ wilden Tieren. So haben wir es hier also nahezu mit einem Homevideo einer menschlich-tierischen Großfamilie zu tun, bei dem die eigentliche Handlung halt auf der Strecke bleibt, da der Zuschauer eben keine Dressuren geboten bekommt. Der Film wurde über 5 Jahre hinweg mit ziemlich großem Aufwand auf der Farm der Familie gedreht, die natürlich in Wirklichkeit mit Zäunen gesichert war, was allerdings dank der genialen Kamerarbeit vom Team um Kameralegende Jan de Bont (der damals noch Stammkameramann von Paul Verhoeven war und später mit „Speed“ auch ins Regiefach wechseln sollte) nicht auffällt. Ansonsten allerdings gab es nichts was Schauspieler und Team vor den Tieren beschützen konnte und so kam es während der Dreharbeiten zu etlichen Verletzungen, deren Leidtragende allerdings niemals die Tiere waren. Im Gegenteil, der Film beginnt noch vor dem eigentlichen Vorspann mit der Kennzeichnung „no animals were harmed during the production of this motion picture“ der Humane Organisation, der sonst nur im Nachspann versteckt wird. Es ist auch heute noch nahezu unglaublich Aufnahmen zu sehen, in denen zum Beispiel Noel Marshall bei einem Kampf zwischen zwei – offensichtlich ausgewachsenen und schlecht gelaunten – Löwenmännchen einfach dazwischengeht. Deutlich sichtbar wird er bei dieser Szene an der Hand verletzt, ignoriert das einfach und die Kamera läuft weiter. In einer anderen Sequenz albert er mit einigen Löwen auf einer Treppe herum, trägt dabei Shorts und einer Löwen krallt sich mal ein wenig in seinem nackten Bein fest, was dazu führt, dass Noel ihn kurz ausschimpft und dabei die komplett zerfetzte Wade ignoriert. Wie gesagt, es ist offensichtlich, dass es sich dabei NICHT um Spezialeffekte handelt. Bei einer heutigen Produktion würden die Versicherungsunternehmen bereits nach der ersten dieser Verletzungen den Laden dicht machen. Generell würde heute niemand mehr zulassen, dass ein Star wie Tippi Hedren ihre Gesundheit beim Rangeln mit einem Löwen aufs Spiel setzt, der doppelt so groß wie sie selber ist und auch das Melanie Griffiths Gesicht nach einem Unfall am Set nur noch mittels kosmetischer Operationen wieder hergestellt werden konnte oder Jan de Bonts Kopfhaut mit 150 Stichen wieder befestigt werden musste, nachdem er für eine Kameraeinstellung eine Position wählte, die ein vorbeirennender Löwe einfach zu interessant fand um nicht mal verspielt danach zu schlagen, ist wohl einmalig in der Filmgeschichte. Raubkatzen, egal welcher Größe, sind halt in erster Linie tatsächlich Katzen und wenn man schon bei seinen Wohnungstigern beim Spielen ab und an eine kleinere Verletzung in Kauf nehmen muss, dann kann man sich vorstellen, was passiert wenn 200 Kilo feliner Körper mit zentimeterlangen Krallen einem mal zärtlich über die Haut streicht. Am Ende des Filmes gibt es dann auch die gerechte Strafe für die bösen Wichte, die in einer herrlichen (und natürlich getricksten) Szene zu Löwenfutter werden (was einen immer noch am Geisteszustand der FSK zweifeln lässt, die den Film damals mit einer Freigabe ab 6 durchgewunken haben), die Familie wird zusammengeführt und alle sind glücklich. Alle? Naja, die Produzenten, die fast 14 Millionen Dollar in den Film gepumpt hatten und mit einem Einspiel von noch nicht einmal 2 Millionen belohnt wurden, dürften wohl nicht ganz zufrieden gewesen sein. Ebenso führte der Stress der Dreharbeiten zur Trennung von Noel Marshall und Tippi Hedrun, was, wie man in einem langen Making Off zum 25. Filmjubiläum auf der her besprochenen BluRay sehen kann, ihr zumindest noch ziemlich ans Herz geht. Wo wir gerade dabei sind:
ZUR BLURAY DER „Classic Cult Collection“ von DIGIDREAMS Bei dieser 2015 erschienenen Veröffentlichung handelt es sich tatsächlich um die weltweit erste HD-Version der ungeschnittenen und restaurierten Fassung, was sich allerdings als zweischneidiges Schwert herausstellt. An der Bild- und Tonqualität gibt es tatsächlich erst einmal nichts auszusetzen, speziell wenn man die Fassung mit der einige Jahre zuvor erschienenen DVD- oder gar der VHs-Fassung vergleicht. Als problematisch erweist sich hier allerdings tatsächlich der Zusatz „komplette Fassung“, denn „Roar“ wurde für seine US Veröffentlichung um ungefähr 5 Minuten an Handlung beraubt, dafür fehlten in der europäischen/deutschen Fassung wieder andere Dinge. Wie schon damals bei dem berüchtigten „Final Cut“ von „Dawn of the Dead“ hat Labelchef Oliver Krekel auch hier wieder Hand angelegt und eine Fassung erstellt, die nun wirklich alle verfügbaren Aufnahmen enthält. Diesmal allerdings gibt es keinerlei Qualitätssprünge und der Film verliert durch die Verlängerung auch nicht an, der ohnehin eher dürftigen, Dramatik. Das Problem dieser Fassung besteht vor allem für Leute wie mich (oder halt internationale Käufer), die einen Film in der Originalfassung bevorzugen, denn dadurch, dass die längeren Szenen zumeist nur in der deutschen Synchro in adäquater und nutzbarer Qualität vorhanden waren, wechselt nun der Ton – teilweise mitten im Dialog – vom englischen ins deutsche. Sicherlich gibt es dabei dann auch Untertitel, aber erstens reißt der Sprachwechsel einen beim Zuschauen immer wieder aus dem Film und zweitens wird bei diesen Szenen deutlich, wie dürftig die deutsche Fassung tatsächlich synchronisiert wurde. Natürlich befinden sich sowohl die Original- als auch die deutsche Fassung als Extra ebenfalls auf der BluRay, die sind dann allerdings nur in SD-Qualität vorhanden und das ist dann schon ärgerlich. Ansonsten wissen die Extras aber – wie üblich bei der CCC – wieder zu überzeugen. Da findet sich zuerst einmal das 35-minütige, bereits oben erwähnte Making of aus dem Jahr 2006, dann natürlich die diversen Trailer und einiges an deutschem Werbematerial und die beiden anderen Filmversionen. Zusätzlich – und tatsächlich nicht auf dem Cover erwähnt – gibt es auch noch den Soundtrack zum Film als Vinyl-rip auf einer Extra-CD. Ein VÖ also, mit der man – vor allem auch in Hinsicht auf den Preis – sehr zufrieden sein müsste. Allerdings sehen das einige (?) Reviewer auf AMAZON ganz anders. Da wird von schlechter Bildqualität geredet, da wird am Cover rumgemäkelt, darüber geschimpft, dass die Werberatschläge in der Extras-Liste zwei Mal auftauchen und das DIGIDREAMS ja generell eine Abzockerfirma ist, die ihre Kunden wie Dreck behandelt. Komischerweise gehen diese Negativ-Kommentatoren, deren Texte sich sehr ähneln weder darauf ein, dass der Film nun endlich mal in einer vernünftigen und ansehnlichen Fassung zur Verfügung steht, was zuvor einfach weltweit nicht der Fall war, oder dass man bei DIGIDREAMS keine 35 € hinlegen muss, um ihn zu besitzen. Aber ich schätze mal solche Leute leben in einem komplett anderen cinematischen Spektrum und haben irgendwie ein persönliches Problem mit Oliver Krekel und oder seiner Firma. Ich bin als großer Katzenfreund auf alle Fälle sehr glücklich mit der Scheibe und als großer Filmfan ebenso. Dia |
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