Incubo sulla città contaminata I/ESP/MEX 1980
Regie: Umberto Lenzi Darsteller: Hugo Stiglitz, Laura Trotter, Mel Ferrer
Wo die bisherigen italienischen Zombiefilme trotz aller Anleihen bei Romero und Fulci doch Wert auf eine gewisse Originalität legten und eigene Akzente setzen konnten, lieferte Umberto Lenzi rein auf den Inhalt bezogen den ersten kreativen Durchhänger. Wenngleich INCUBO SULLA CITTA CONTAMINATA vom formalen Standpunkt aus natürlich ein wesentlich besserer Film ist als ZOMBI HOLOCAUST oder gar Joe D’Amatos horizontale Inselgymnastik.
Was zu Beginn noch nach einer Mediensatire riecht oder zumindest nach einem zivilisationskritischen Katastrophenszenario, wird nach dieser kurzen Einführung zu einem nicht enden wollenden filmischen Amoklauf, denn im Wesentlichen beschränkt sich Lenzi auf zahllose Zombie-Attacken und die Unfähigkeit der Militärs, der Lage wieder Herr zu werden.
Außerdem gehen sie auch noch reichlich sexistisch vor, denn neben dem eher als Subtext verarbeiteten Vampirismusmotiv reißen Lenzis Zombies den weiblichen Opfern grundsätzlich die Bluse vom Leib und machen sich generell mit deutlich erkennbarer sadistischer Freude ans blutige Werk. Inmitten dieses allgemeinen Ausnahmezustands reißt Lenzi seinerseits eine Vielzahl sozialkritischer Themen kurz an, allerdings ohne allzu sehr ins Detail zu gehen. Zunächst die Rolle der Medien. Schon zu Beginn kommt es zwischen Miller und seinem Vorgesetzten zu einer Auseinandersetzung, denn der Chef will eine Beruhigungspille für die Bevölkerung senden, Miller hingegen ist noch ein Journalist vom alten Schlag, der sich der schonungslosen Wahrheit verpflichtet fühlt. Entsprechend wird sein Bericht über das Massaker am Flughafen abgewürgt, denn Presse und Militär (die Regierung glänzt in INCUBO… durchgängig durch Abwesenheit) arbeiten zusammen, wenn es darum geht, die Ereignisse herunterzuspielen. Statt seriöser Berichterstattung gibt es darum ein unsägliches 80er Jahre Fernsehballett – das kurz darauf den Zombiehorden zum Opfer fällt.
Miller hingegen versucht zwischenzeitlich, seine Frau (Laura Trotter) aus dem Krankenhaus zu holen, wo sie als Ärztin arbeitet. Doch schon bald tobt auch hier das Chaos, wobei die Zombiebrut neben der Belegschaft auch über die Blutkonserven herfällt. Den Millers gelingt aber mit knapper Müh und Not die Flucht in einem Krankenwagen, die sie schließlich in einen Vergnügungspark führt.
Folgerichtig erweisen sich die Vorkommnisse in INCUBO zunächst auch als ein apokalyptischer Alptraum Millers. Gewissermaßen scheint es für den urbanen Menschen nichts Schlimmeres zu geben, als den Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung, des Stromnetzes und des Verkehrs. Bezeichnenderweise geht dem Krankenwagen dann auch der Sprit aus, so dass sich das Ehepaar Miller an einer Tankstelle mit einigen Zombies herumschlagen muss. Das zyklische Ende hingegen macht klar, dass es aus dem Alptraum der zusammenbrechenden Sinnstifungsversuche keinen Ausweg mehr gibt, denn selbst die Religion wird verworfen. Denn anders als klassische Vampire schrecken die Zombies nicht vor Kreuz und Weihwasser zurück, so dass es auch in einer Kirche zu einer unschönen Szene kommt (außerdem hängt dort eine Leiche am Glockenseil, woher kennen wir das?).
Damit sagt Lenzi ziemlich viel über die Ästhetik des Hässlichen und Ekelhaften, die er mit seinem Film verfolgt. Gewissermaßen bringt ein Künstler über sein Werk das zum Ausdruck, was zumindest latent ihn ihm selbst vorhanden ist (laut Lexikon des Internationalen Films „eine Abfolge von Scheußlichkeiten“), die Skulptur deutet also demnach bereits an, dass man aus Mrs. Warren den Zombie nur noch herauskitzeln muss. Dies macht die Zombies ihrerseits zu einem Werkzeug, durch das Miller, um dessen Alptraum es sich ja letztlich handelt, gewissermaßen seine unbändige Wut auf die Gesellschaft artikuliert. Denn die ersten Szenen des Films, die ja noch außerhalb der Traumebene stehen, zeigen a) den verharmlosenden Bericht über die radioaktive Wolke und b) Millers vergeblichen Kampf um objektiven Journalismus. So gesehen ist es nur naheliegend, dass Miller sich sozusagen als Wunscherfüllung den Untergang des gesamten verhassten Systems herbeifabuliert. Doch was eben noch ein grotesker (Wunsch-) Traum war wird nun grausige Realität, denn am Flughafen wartet bereits ein Flugzeug vom Typ Hercules.
Ob diese Lesart des Films als autistische Zeitschleife der neomarxistischen Gesellschaftsanalyse von Lenzi tatsächlich so intendiert war, darf allerdings bezweifelt werden. Immerhin verlegt er den Showdown in einen Vergnügungspark und betont dadurch den Funfaktor des Films (Stichwort: Achterbahnkino), außerdem belässt er es in seinem politischen Rundumschlag weitestgehend bei Andeutungen und Stichworten. Die Welt mag am Abgrund stehen, aber in der CITTA CONTAMINATA herrscht Partylaune. Bedenkt man, wie beliebt südeuropäische Produktionen bei besorgten Zeitgenossen sind, insbesondere wenn nahezu pausenloses Gemetzel herrscht, verwundert die Zensurgeschichte dieses Films ein wenig. Auf Video gab es ihn nämlich ohne Schnitte (allerdings ließ die Indizierung nicht lange auf sich warten) und erst 1996 wurde, ähnlich wie bei Fulcis ZOMBI 2, eine japanische Laserdisc bundesweit beschlagnahmt. Wie solche Raritäten den Weg in die Hände der Staatsanwaltschaft fanden wäre vermutlich ein gutes Thema für ein eigenständiges Buch, denn die Laserdisc war nie ein Massenmedium und an Japan-Importe kam man ohne Internet auch nicht so einfach heran. Legal erhältlich ist allerdings eine Fassung für Masochisten, für die der Film so stark gekürzt wurde, dass die Freiwillige Selbstkontrolle eine Freigabe ab 12 Jahren vergab. Dies schien selbst dem DVD-Anbieter peinlich gewesen zu sein, so dass man durch eine Doppelauswertung mit Lamberto Bavas UNA NOTTE AL CIMITERO eine etwas angemessener erscheinende FSK 16 sicherstellte. Alexander
|