(GB 1966)
Moment Mal! - Ehrlich jetzt? - Teufel? Tanzen? Mitternacht? Ich werde alle Hebel in Bewegung setzen, um herauszufinden, wer diesen deutschen Titel verbrochen hat und ihm persönlich den EVIL ED des Jahres überbringen. Mannomann – aber weiter im Text. Entschuldigung für die Unterbrechung, aber das musste jetzt erst raus:
Regie: Cyril Frankel Drehbuch: Nigel Kneale Musik: Richard Rodney Bennett Darsteller: Joan Fontaine, Kay Walsh, Ingrid Boulting, Ann Bell, Michele Dotrice Deutscher Titel: Wir finden dich....
Ach ja, die Mediabooks der Hammer Edition von ANOLIS sind schon etwas ganz besonderes. Sie fühlen sich, dank einer leichten Lederprägung, phantastisch an, sind aus besten Materialien hergestellt und sind nicht nur auf Funktion, sondern auch auf Schönheit produziert. Auf dem Frontcover finden sich zumeist exklusive Motive, die schön auf den jeweiligen Film einstimmen, die Rückseite beinhaltet alle wichtigen Infos (auch zu den Extras) in tatsächlich lesbarer Größe. Bei diesem Release hat man sich sogar darauf beschränkt, den deutschen Titel (ich komm nicht drüber weg) bei zwei der Covervarianten NICHT mit aufs Frontcover zu nehmen und es dadurch zu verunstalten. Die Booklets sind herausragend bebildert und mit wunderschönen Texten versehen und dass es sich bei den Veröffentlichungen in Sachen Extras immer um das Nonplusultra handelt, ist schon fast selbstverständlich. Am Schönsten ist es aber eine ganze Reihe davon im Regal stehen zu haben – das sieht richtig edel aus. Ja, ANOLIS gibt sich richtig Mühe, den wartenden Fans die bestmögliche Veröffentlichung zu präsentieren und das ist tatsächlich auch bei „Der Teufel tanzt um Mitternacht“ (unglaublich dieser Titel) so. Merkt ihr was? Ich streiche hier tatsächlich erstmals bei einem HAMMER Review ein wenig um den heissen Brei herum und das hat seinen Grund. Denn tatsächlich ist „The Witches“ kein so richtig gutes Werk aus der Filmschmiede im Örtchen Bray. Es ist jetzt nicht so, dass er ein totaler Rohrkrepierer wäre, der Film hat durchaus seine Momente, auf die ich später noch eingehen werde, aber im Gesamten bleibt so ein ungutes Gefühl von verschenktem Potential. Dabei ist die Geschichte um die Lehrerin Gwen (Joan Fontaine), die bei ihren Job in Afrika, dank einiger wütenden Voodoo-Priester einen Nerven-zusammenbruch erlitten hat und nun eine kleine Schule in einem netten englischen Dorf leiten will, eigentlich recht interessant. Wie der englische Titel schon andeutet, gibt es in dem Ort natürlich tatsächlich Hexen (allerdings keine um Mitternacht tanzende Teufel) und die ersten 45 Minuten, in denen der Zuschauer und Gwen mit immer mehr kleinen und fast unauffällig gestreuten Details, diesem Kult auf die Spur kommen, sind ansprechend inszeniert und schön anzusehen. Leider fehlen aber selbst in diesen wunderschönen Parts, die tatsächlich zu großen Teilen „on Location“ in Hambleden, einem Dorf in der Nähe von Bray gedreht wurden, in dem die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, wirkliche Überraschungen. Es wimmelt zwar von interessanten Nebencharakteren, die auch alle – wie bei HAMMER üblich - grandios besetzt sind, aber das Zentrum des Filmes ist nunmal Miss Fontaine und die WAR ein Star der 40er Jahre. Sicherlich hat sie zu ihrer besten und erfolgreichsten Zeit einige großartige Leistungen geboten und sie ist auch als die einzige weibliche Hauptdarstellerin in die Geschichte eingegangen, die jemals einen Oscar für eine Rolle in einem Hitchcock-Film („Rebecca“, 1940) bekommen hat, aber das war bei der Veröffentlichung der um Mitternacht tanzenden Teufel auch schon mehr als ein Vierteljahrhundert her. Wie so viele ihrer Zeitgenossinnnen hatte Frau Fontaine allerdings nicht mitbekommen, dass sich in dieser Zeit auch die Sehgewohnheiten des Publikums geändert hatten. Der Film, der von einer Diva getragen wurde, war nicht mehr gefragt und so spielt sie hier eine Dorfschullehrerin, die von ihrer gesamten Art einfach nicht wo wirklich an Ort und Lebensbedingungen angepasst scheint. Ihre natürliche Eleganz, verstärkt durch eine Kostümwahl, die sie wie eine Banane in einem Haufen Möhren wirken lässt und ihre absolut humorbefreite Darstellung reisst den Zuschauer immer wieder aus der grundsoliden Atmosphäre des Filmes. Dabei gibt sich das Drehbuch von Nigel Kneale (der ja unter anderem als der Erfinder von Quartermass in die englische Filmgeschichte eingegangen ist) reichlich Mühe das – eigentlich dank des Originaltitel schon nicht mehr so große – Geheimnis des Dorfes Stück für Stück und relativ spannend aufzubauen. Auch sämtliche Nebenfiguren, allen voran Kay Walsh, die eine freundliche Journalistin spielt, wirken lebendig, zum Ort passend und teilweise herrlich skuril. Symptomatisch für das Auftreten der großen Oscar-Preisträgerin ist hier eine Szene, in der sie, von einem Haufen Schafe gejagt und am Ufer eines Baches zu Boden geworfen wird, was bildlich so ausschaut als wäre sie in einem Stummfilm – ja, es gibt sogar die Einstellung, in der sie den Arm vors Gesicht reisst und schreit. Sie gleitet dann langsam zu Boden und wirkt nach dem Aufstehen nicht einmal ein klein wenig verdreckt. Diese Szene leitet dann auch in einen tatsächlich überraschenden Twist ein, der dem Film in diesem Moment allerdings nicht wirklich gut tut, da er die Handlung aus dem Dorf herauszieht, um einen – sicherlich widerum nötigen – Zeitsprung einzufügen. Hier hätte man allerdings auch eine elegantere Lösung finden können. Zum Finale des Filmes findet dann auch tatsächlich ein Hexensabbat statt, in dessen Verlauf auch ein wenig getanzt wird (aber immer noch keine Teufel in Sicht sind) und dessen „schockierende“ Auflösung ziemlich genau 10 Minuten vorher in einem erklärenden Dialog bereits vorweg genommen wurde. Es folgen noch 3 Minuten Happy End und der Zuschauer wird irgendwie unbefriedigt entlassen. Nee, irgendwie war das nicht so das Wahre, was HAMMER da zusammengezaubert hat. Sicherlich hatten sie die Zeichen der Zeit erkannt und auf okkulte bzw. Hexenthemen gesetzt (vgl. „The Witchfinder General“ 1968, Adrian Hovens „Hexen bis aufs Blut gequält“ 1970 und das Meisterwerk „The Wicker Man“ 1973 ) und auch die Entscheidung viele Szenen on location zu drehen war eigentlich eine gute, aber zu Gunsten eines Stars hatte man die sonstigen Qualitäten des Studios irgendwie hintenan gestellt. Denn Frau Fontaine, die sich damals kurz vor ihrem 50ten Geburtstag befand und niemals so richtig den Sprung von der Jungdarstellerin zum alternden Star geschafft hatte, hatte nicht nur die Buchrechte für HAMMER besorgt, sondern war über große Teile auch als unsichtbare Produzentin mit am Werk beteiligt. Gerüchteweise soll es für die anderen Mitarbeiter in Crew und Cast somit auch nicht das größte Vergnügen gewesen sein mit ihr – oder besser gegen sie – spielen zu müssen. So mies das auch klingt, sie ist der Störfaktor im Film, der den Zuschauer immer wieder aus der Geschichte und der Atmosphäre herausreisst. Schade, aber bis auf absolute Hammer-Komplettisten und ANOLIS-Collection Sammler, kann ich den Film als solches niemandem so wirklich empfehlen. Wie erwähnt, er ist kein kompletter Ausfall, aber er ist halt weder wirklich spannend noch von einem echten filmhistorischen Wert. Aber glücklicher Weise packt ANOLIS ja auch noch ein wenig Zusatzmaterial mit auf ihre Silberlinge, also gucken wir da mal etwas genauer drauf.
ZUM ANOLIS MEDIABOOK Wie bereits eingangs erwähnt ist die Veröffentlichung, wie immer beim Label mit der Echse, sowohl optisch, als auch haptisch ein Erlebnis. Auch die Restauration des Hauptfilmes ist wie immer wunderschön gelungen. Die Farben wirken frisch und – dank des sich vom gothischen Horror entfernenden Sujet und dadurch, dass die Handlung in der "Jetztzeit" spielt - leicht anders, als bei den meisten HAMMER-Filmen.
Speziell die Außenaufnahmen in Hambledon sind ein Genuss, einige der Einstellungen mit den hübschen alten Häusern, den grobschlächtigen Straßen, dem kleinen Bächlein, das mitten durch das Dorf führt und den dort flanierenden Dorfbewohnern in ihrer einfachen und praktischen Kleidung, kann man fast als Bildschirmhintergrund für seinen Computer nehmen. Es sind keinerlei Überfilterungen erkennbar und wie immer hat man sich Mühe gegeben, den Film noch wie ein Relikt seiner Zeit wirken zu lassen. Als Audiokommentar findet wir diese Mal einen Dialog zwischen Dr. Rolf Giesen und Volker Kronz, der sich wie üblich nicht wirklich am Film entlangbewegt, sondern sehr viele nette Anekdoten – speziell in Bezug auf Frau Fontaine zu Gehör bringt. Allerdings machen auch diese beiden Spezialisten schon zu Beginn recht deutlich, dass sie jetzt nicht gerade zu den größten Fans der um 0 Uhr sich zur Musik bewegenden Höllenhelfer gehören, in dem Dr. Giesen den Kommentar mit einem geseufzten: „Da müssen wir jetzt wohl durch...“ eröffnet. Trotzdem ist das Gespräch natürlich wieder randvoll mit interessanten Fakts und diesmal über weite Strecken unterhaltsamer als der Film. Das es sich bei „The Witches“ nun also offensichtlich nicht um einen der Filme handelt, wegen der HAMMER zun Hammer wurden, ist es auch recht schwierig sonstiges Bonusmaterial aufzutreiben und so finden sich bezüglich des Filmes auch nur noch der US-Kinotrailer, zwei interessante TV-Spots (mit dem Alternativtitel „The devil´s own“) und eine Bildergalerie. Aber Anolis lässt die Hammer-Fans natürlich nicht im Regen stehen und so befindet sich ebenso eine weitere Episode der TV-Serie „World of Hammer“ (1990) mit im Paket, die sich mit, unter dem Titel „Wicked Woman“, mit den bösen weiblichen Charakteren in den Filmen des Studios beschäftigt und unter anderem interessante Ausschnitte aus den beiden Filmen bietet, in denen Bette Davis die Studios mit ihrer Anwesenheit beglückte. Natürlich liegt die Episode auch nur in 4:3 und ebenso in gerade mal VHS-Qualität vor, aber besser wird man sie wohl nirgends bekommen. Absolutes Highlight aber ist die 45-minütige Dokumentation „Hammer Glamour“, die anläßlich der großen „Ladys of Hammer“-Convention Tour im Jahr 2013 gedreht wurde und in der sich unter anderem Caroline Munro und die – immer noch süße – Madeline Smith an die Filme erinnern, die sie für die Studios gedreht haben. Im Booklet gibt es wie gewohnt eine Menge interessanter Bilder und Plakatmotive zu bewundern, den beiden Texten von Uwe Somerlad und Uwe Huber merkt man allerdings diesmal auch an, dass es nicht wirklich viel spannendes mehr über den Film zu berichten gibt. Zusätzlich gibt es auch hier wieder die Unart zu vermelden, dass der gesamte Plot mit allen Irrungen und Wendungen komplett auf den ersten 6 Seiten abgehandelt wird, so das man eine Warnung aussprechen muss, das Booklet nicht VOR dem Genuss des Filmes anzugehen. Am Ende bleibt mir nichts anderes als, aufgrund des eher mittelmässigen Hauptfilmes, nur eine halbherzige Kaufempfehlung auszusprechen. Komplettisten werden eh zuschlagen müssen, aber Impulskäufer sollten sich bewusst sein, dass sie den Film mit Sicherheit nicht sehr oft in den Player befördern werden. Als nächste VÖ der HAMMER Collection steht den Fans übrigens „Das Rätsel der unheimlichen Maske“ bevor, bei dem es sich um HAMMERs Variante von „The Phantom of the Opera“ handelt und der optisch mit zum Schönsten zählt, dass die Studios jemals veröffentlicht haben – denken wir also positiv, es wird wieder bessser werden. dia
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