The Big Boss 2 (1976/81)
Regie: Lu Po Tu (lt. Cover To Lo Po) Darsteller: Dragon Lee,
Seit 1. Juni 2017 auf DVD/BluRay erhältlich
Zu aller erst ein dicker Dank an Schröder Media, die ein ums andere Mal beweisen, dass sie ein Händchen für wohlriechende SCHEIẞE (großes SZ – musste einfach sein) haben. Veröffentlichungen wie „Stryker“ oder der hier vorliegende Film transportieren den alten Videojunkie direkt wieder in die goldenen Achtziger, in denen man sich zum Wochenende ein prima „5 Filme für 20 Mark“-Paket ausleihen konnte und dabei sicher war, zumindest einen vernünftigen Baddie zu erwischen. Bei „The Big Boss 2“ handelt es sich offensichtlich um eine inoffizielle Fortsetzung des Bruce Lee-Klassikers „Die Todesfaust des Cheng Li“, der – so viel kann man schon Mal vorab verraten – nicht ganz an das Original heranreicht. Lee Han San (Dragon Lee) ist der Sohn des Rebellenführers Lee Wan Jan, dem er eine Liste mit kompromitierenden Namen überbringen muss. Also macht er sich „aus dem Süden“ auf in eine nicht näher bezeichnete Stadt (die nur im deutschen Titel als Shanghai identifiziert wird). Dort wird er sofort von einer Gruppe böser Japaner angegriffen, von denen drei scheinbar den gleichen Bartfriseur mit einer Vorliebe für „Adolf-Bärtchen“ haben. Einer der Schergen entpuppt sich tatsächlich sogar als Bolo Yeung, dessen Karriere, nach einem durchaus erfolgreichen Start bei den Shaw-Brothers, nach dem Tod von Bruce Lee doch eher dürftig weiter lief. Nach einem mutigen Kampf wird unser Han Solo (sorry, couldn´t resist) unfairer Weise niedergeschossen und kann sich nur in das Haus einer wirklich netten Familie retten, die recht schnell heraus bekommen, dass es sich bei ihm um den rebellischen Sohn des berühmten (aber scheinbar mittlerweile von Japanern um die Ecke gebrachten) Rebellenführers handelt. Das sorgt natürlich dafür, dass die bösen Japaner (dazu später mehr) das Haus der Familie überfallen. Glücklicher Weise kann sich unser Han retten, indem er die Familie einfach alleine lässt und somit über kurz oder lang ihr Todesurteil unterzeichnet. In einer parallelen Handlung lernen wir auch noch einen liebenswürdigen Falschspieler mit einem Herz aus Gold kennen, der von Lik Cheung gespielt wird, der im Vorspann als Jackie Chang bezeichnet wird, sich genau so verhält und immer herrliche aufgemalte Schmutzflecken im Gesicht hat. Wer jetzt glaubt, dass die beiden gute Freunde werden und zusammen das japanische Besatzervolk mittels gezielter und gnadenloser Faustschläge aus China (und eventuell in die ewigen Jagdgründe) prügeln, hat nur teilweise recht. Für solcherlei gradlinige Storyelemente ist in diesem verworrenen Werk keinerlei Platz. „Jie quan da dong kau“, wie der Film im Original heisst, ist ein typischer Bruceploitationfilm, wie es nach dem Tod des großen Mister Lee gefühlt hunderte gab. Das heisst, man nehme einen in etwa wie Bruce Lee aussehenden Darsteller (die sehen eh alle gleich aus), gebe ihm einen Lee-igen Namen und lasse ihn vor der Kamera die Mimik und den Kampfstil des Großmeisters kopieren. Bei aller Häme, die man über diese Filme ausschütten kann, muss man allerdings zugeben, dass Dragon Lee einer der besseren Bruces ist. Auch wenn seine Föhnfrisur und sein steroidgestählter Oberkörper nicht so recht passen wollen, beherrscht er doch die LEEmik und die LEEtritte recht gut. Das große Problem dabei ist allerdings leider, dass Lee nicht nur daraus bestand, sondern auch eine unglaubliche Leinwandpräsenz und – tataaa – schauspielerisches Talent hatte und daran haperts beim Drachen dann doch ein wenig. So wirken seine Aktionen teilweise – da sie halt durch LEEiges unterbrochen werden – unfreiwillig komisch, obwohl er kampftechnisch so einiges drauf hat, was er auch in Filmen vor dem Tod des Superstars oftmals eindrucksvoll bewiesen hat. Zusätzlich dazu bekommen wir auch noch durch „Jackie Chang“ ein wenig Chan-ploitation, die ebenso steif und unwirklich wirkt. Die Geschichte des Filmes ist komplett verworren und besteht aus genau dem, was man Eastern immer vorgeworfen hat – einer Abfolge von mehr oder weniger interessanten Kampfszenen, die durch gestelzt wirkende inhaltlsleere Dialoge unterbrochen werden. Auch die Charaktere als solches sind mehr oder weniger Abziehbilder. Unsere Helden sind fast schon Jesus-mässige Gutmenschen und die bösen Japaner haben „nix anneres im Kopp“ als rauben, brandschatzen und töten. Da werden schon einmal einem jungen Mädchen beide Achillessehnen durchschnitten um sie am Fortlaufen zu hindern, während ihr Vater niedergemetzelt wird und der ein oder andere Bauer, weil man gerade Lust darauf hat, totgeprügelt. Unser Held beweist sich dabei als ein Megadepp und hat das unglaubliche Talent immer ziemlich genau 5 Minuten nach dem erfolgreichen Totschlag am Tatort aufzutauchen. Andererseits ist es halt auch schwer vorherzusehen, was die bösen Japaner als nächstes anstellen werden, denn ein Konzept kann man bei ihren Metzeleien kaum erkennen. Es ist ja noch nicht einmal so, dass sie Rebellen jagen würden – dieser Subplot wird nach 15 Filmminuten in den Schredder geworfen. Zugegeben, auch im Original „The Big Boss“ waren die Japaner durchweg böse, aber die hatten zumindest noch ein prima laufendes Drogenkartell. Hier hingegen wird erst 15 Minuten vor dem Filmende so ganz nebenher erwähnt, dass die Japsen (ich musste es einfach sagen, der "versteckte" Rassimus des Filmes färbt ab) es auf die Ginseng-Ernte der armen Bauern abgesehen haben. Das erklärt dann natürlich, warum sie jeden Chinesen, der ihnen über den Weg läuft wie ein dickes Kotelett behandeln. Weniger genau wird erklärt, warum unser Held ab der Filmmitte beginnt mit Esstäbchen zu trainieren um diese als tödliche Wurfgeschosse verwendet. Im Finale jedenfals nutzt er diese Technik dann genau ein Mal um einem Schergen eine Waffe aus der Hand zu befördern und vergisst seine einzige eigene Technik dann schnell wieder. Auch technisch befinden wir uns bei dieser Veröffentlichung auf dem aus den 80ern gewohnten und geliebten Niveau. Die Kopie ist zwar recht scharf (und nennt sich remastered), aber immer noch voller Störstreifen und farblich eher ausgeblichen. Der Film liegt in deiner grauseligen englischen und in einer neu erstellten –aber ebenso furchtbaren – deutschen Synchronfassung vor, was aber nicht weiter stört, sondern im Gegenteil den Baddie-Faktor nur noch anhebt. Zumindest hat man darauf verzichtet, den Film „lustiger“ zu machen – man denke da nur an die bescheidene Veröffentlichung des russischen „Guardians“ vor ein paar Wochen. Alles in allem würde ich aber trotzdem vom Kauf zum Vollpreis abraten, gäbe es auf dieser Edition nicht noch ein besonderes Schmankerl für den Baddie- und Bruceploitation-Fan. Schröder spendiert uns nämlich als Bonusfilm das komplette Meisterwerk „Bruce Lee – seine Erben nehmen Rache“, der im Original „The Clones of Bruce Lee“ heißt und für mich einer der lustigsten Filme aller Zeiten ist. Auch hier treffen wir wieder Dragon Lee und Bolo Yeung, aber auch noch Bruce Le, Bruce Lai und Bruce Thai (ernsthaft!). Der Film befindet sich zwar nur in englischer Fassung auf der Scheibe, wurde allerdings offensichtlich von einem spanischen Master gezogen und sah niemals zuvor so gut aus. So bietet dieser Silberling nicht nur eine deutsche Erstveröffentlichung, auf die man gut und gerne hätte verzichten können, sondern auch noch ein Meisterwerk des schlechten Filmes in einer (den Umständen entsprechenden) atemberaubenden Qualität. Dafür gibt es von mir wieder einen KAUFBEFEHL. Aber schnell zuschlagen, denn wie bei Schröder-Medias Baddie-Kloppern üblich, ist die Scheibe wieder auf nur 1000 Exemplare limitiert.
Dia P.a.: Ein paar Worte noch zum Entstehungsjahr des Filmes, das wahlweise mit 1976 oder 1981 angegeben wird. Sollte der Film wirklich aus dem Jahr 1976 stammen dann Hut ab, denn dann wäre die Auswahl der Filmmusik nahezu prophetisch, bedient sich der Film doch (wie bei damaligen chinesischen Produktionen üblich) aus dem Fundus von Hollywood und präsentiert unter anderem Ausschnitte aus John Barrys "The black hole" (1979).
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