The Editor (2014) Regie: Adam Brooks, Musik: u.a. Claudio Simonetti Darsteller: Paz de la Huerta,
ab 23. 06. als Teil 9 der "Uncut"-Reihe von Pierrot le Fou
Bei den Dreharbeiten zu einem Splatterfilm, Anfang der 80er Jahre in einem italienischen Filmstudio, treibt ein irrer Killer mit schwarzen Handschuhen sein blutiges Unwesen. Hauptverdächtiger ist der Editor, der an seiner rechten Hand vier Holzfinger hat. Ja, das ist alles was an Geschichte in dieser Giallo-Parodie zu finden ist, aber mehr hatten die Originalfilme der 70er und 80er Jahre nun ehrlich gesagt auch nicht zu bieten. „The Editor“ ist überraschenderweise eine kanadische Produktion, die sich an einem Spagat zwischen nahezu Zucker-Abrahams-Zucker-mäßiger Parodie, liebevoller Hommage an Genre und Regisseure und ernsthaftem Splatterepos versucht. Vielleicht hat sich das Regieduo Adam Brooks und Matthew Kennedy da etwas zu viel vorgenommen, denn als Gesamtprodukt wirkt der Film dann doch etwas holprig. Bereits in den ersten fünf Minuten des Filmes wird der Zuschauer nicht nur mit einer nahezu fulciesquen Splatterszene, sondern vor allem mit einer komplett mit italienischem Akzent durchgeführten Synchronisation konfrontiert. Da sind wir dann auch schon beim größten Problem des Werkes, denn einerseits ist es natürlich wirklich so, das Filme zu dieser Zeit in Italien zumeist in mehreren Sprachen gleichzeitig gedreht und komplett synchronisiert wurden. Das hatte sicherlich ein gewisses Flair, allerdings wurden die Synchronisationen immer in den jeweiligen Vertriebsländern durchgeführt und italienische Sprachfärbung gehörte deshalb nicht dazu. Auch der Gag sehr oft die Synchronisation durch absichtliche Asynchronität ad absurdum zu führen, ist sicherlich auf dem Papier sehr lustig, wirkt aber auf die Dauer eher ermüdend und störend. Die Charaktere, die uns das Drehbuch präsentiert sind hingegen ein perfektes Sammelsurium aus klassischen italienischen Horror- und Giallo-Filmen, angefangen vom schnauzbärtigen Inspektor, den übertrieben „erotisch“ aufgebrezelten und überschminkten Frauen, dem überschwulen Schauspieler oder dem identitätslosen Killer in schwarzen Klamotten und Handschuhen. Dazu gibt es noch ein paar nette Gastauftritte von Udo Kier und Laurence R. Harvey (Human Centipede 2 und 3) und eine ganze Menge Dialoge des Grauens. Auch technisch orientiert sich „The Editor“ zu hundert Prozent an seinen Vorbildern. In blau-rot ausgeleuchteten Kulissen wird zur Musik von Alt Goblin Claudio Simonetti (der hier eine Variation seines Tenebre-Themas zusteuert) der schicke Mord mit handgemachten Effekten und der typisch italienischen Zurückhaltung zelebriert. Ebenso liebevoll sind die zahllosen perfekten Imitationen „klassischer“ Szenen, Kulissen und Gegenstände. So zaubern natürlich der Auftritt eines blinden Mädchens mit einem Schäferhund, das Buch Eibon (dessen Titel sich im Laufe des Filmes zu „The three mothers“ ändert), der komplett übernommene letzte Mord aus „Tenebrae“ oder eine Sequenz mit Taranteln in einer Bücherei dem alten Fulci oder Argento Fan ein Lächeln auf die Lippen, werden allerdings den „normalen“ Zuschauer eher kalt lassen. Zusätzlich gibt es noch etliche Gags im Hintergrund der Szenen. So laufen zum Beispiel bei jeder im Studio spielenden Totalen im Hintergrund nackte Menschen durch die Gegend und ist das gerade mal nicht der Fall, kommt eine junge Frau ins Bild und zieht sich, ohne weiter beachtet, zu werden aus. Aber, wie bereits erwähnt, so gut und witzig das alles auf dem Papier klingt, so unausgewogen und unrund wirkt der komplette Film am Ende. Man merkt ihm zwar die Liebe zu seinen Vorbildern an und die Konsequenz mit der die Hommagen umgesetzt sind gibt jedem Fan ein wohliges Gefühl, allerdings sind viele der Gags dann doch zu albern und zerstören die Momente in denen „The Editor“ es durchaus schafft eine echte Giallo-Atmosphäre aufzubauen. Trotzdem ist der Film natürlich eine Empfehlung für alle Fans des klassischen italienischen Exploitationkinos, man sollte sich halt nur auf eine wackelige Achterbahnfahrt einstellen. Am Schluss sollte man auch nicht übersehen, dass der Film für nur 140.000 $ gedreht wurde und auch dort seinen Vorbildern nahe kommt, da er bedeutend teurer aussieht. Die jetzt bei "Pierrot le Fou" erscheinende Version ist natürlich absolut unzensiert und in bester Bild- und Tonqualität, was speziell den Argentoisten unter Euch gefallen dürfte. Neben dem 90-minütigen Hauptfilm gibt es auch wieder eine ganze Menge Extras auf der Scheibe, die mir aber leider noch nicht vorliegen. Trotzdem spreche ich mal eine Kaufempfehlung für alle Giallo-geschädigten und nach rot-blau ausgeleuchteten Szene süchtigen aus - und ZAZ-Fans sollten auch ruhig zugreifen.dia
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