Aka „The incredible Torture Show“ / “Heritage of Caligula: An Orgy of Sick Minds” / “The House of the Screaming Virgins” / “Sardu, Master Of The Theatre Of The Macabre” / “Sardu, Master of the Screaming Virgins” (USA 1976)
Regie/Drehbuch: Joel M. Reed Darsteller: Seamus O'Brien, Luis De Jesus, Ernie Pysher
„Bloodsucking Freaks“ erzählt die Geschichte des überaus erfolgreichen und geschäftstüchtigen Theatermannes Sardu (Seamus O'Brien), der mit seiner außergewöhnlichen Geschäftsidee Millionen (überreicht in bar und verpackt in schicken Koffern) scheffelt. Wie das funktioniert? Sardu entführt mit Hilfe seines kleinwüchsigen Assistenten Ralphus (Luis De Jesus) junge und (nach dem Stand der 70er) hübsche Mädchen, sperrt sie nackt in einen Käfig in seinem Keller und erzieht sie mittels Folter und Psychoterror zu fügsamen Sklavinnen, die er dann weiter veräußert. Sollte es Probleme mit der Umerziehung geben werden die Mädchen einmalige Stars in seiner Off Broadway Grand Guniol Show, die zwar nicht gerade positive kritische Resonanz hervorruft, aber dafür sorgt, dass seine gefangenen und noch lebenden potentiellen Sklavinnen immer genug zu essen haben. Offensichtlich geht es in Joel M. Reeds Exploitation-Klassiker also nicht um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Themen Mädchenhandel, Sklaverei oder Kannibalismus. Tiefere Ansichten sucht man vergeblich in dieser Orgie aus Gewalt und Unterdrückung, die nahezu alle 5 Minuten irgendeine besonders sadistische Quälerei vorführt und dabei alle Grenzen des guten Geschmacks zielgerichtet überschreitet. Kein Wunder also, dass damals bei der Uraufführung diverse Frauenorganisationen und kirchliche Vertreter vor den Kinos protestierten und so für volle Kassen sorgten. Denn wie Sardu im Film es selbst ausdrückt:
„Jede Presse ist gute Presse!“.
So wurde der billige Film dann auch zu einem kleinen und immer wieder gerne zitierten Klassiker des Splatter- und Gorefilms, blieb allerdings außerhalb der USA weitestgehend unbeachtet. Logisch, dass wir EDdies dann in den späten achtzigern auch alles daran setzten ihn mal zu Gesicht zu bekommen und tatsächlich gelangten wir, dank der Hilfe des leider 2011 verstorbenen Fangoria und Gorezone-Autors Chas Balun, an eine vom TV abgefilmte Version. Wie zu erwarten bei solchen Raritäten des VHS-Tauschhandels flimmerte das Bild dank der analogen Signalwandlung von NTSC zu PAL grausam, zusätzlich zogen sich auch noch Bildschlieren und Doppelbilder durch die Präsentation und farblich bekam man lila Blut und grünlich schimmernde Gesichter geboten. Aber all das war uns egal, denn nun konnten wir endlich sehen,was es mit diesem Werk auf sich hatte, dass man zuvor tatsächlich nur aus – meist negativen – Erwähnungen in der Fachpresse und lobenden Worten aus der Korrespondenz mit Horrorfans aus den USA kannte. Was wir dann zu sehen bekamen war tatsächlich in Sachen Gewalt und Degradierung von Frauen genau das was wir erwartet hatten, denn was hier fast so wie diverse „filmische“ Auswüchse, die unsere heutigen Gore-Bauern gerne goutieren – und die zumeist in gekachelten Räumen gedreht werden, damit die Mama nicht schimpft – klingt, entpuppt sich aber bei genauerer Betrachtung als so viel mehr. Denn obwohl der Film mit Schauwerten nicht geizte, die Darstellerinnen hauptsächlich nackt herumhüpften und die Splatterszenen an Perversion nicht mehr zu überbieten waren (herrlich z.B. die Sequenz in der ein abartiger Doktor und Helfer von Sardu einem Mädchen mittels eines Schlagbohrers den Schädel aufbohrt, dessen Inhalt kräftig verrührt und dann mittels eines Strohhalmes aussaugt) – erwies er sich im Gesamten doch als eine bitterböse Satire mit überdeutlichen komödiantischen Elementen, die ständig zwischen absurder Albernheit und beissender Ironie hin und hersprangen. So begleitet Sardu die Streckbankfolterung eines Mädchens mit den Worten: „This will go far beyond every STRETCH of the imagination.“, scheut aber auch nicht davor zurück dem Zuschauer immer wieder klar zu machen, dass er seine Shows ja nicht aus Spaß an der Freude sondern aufgrund des perversen Interesses seiner Zuschauer – also uns vor dem Fernsehschirm – durchführt. Auf eine perfide Art nimmt der Film dadurch schon die Aussage des Jahrzehnte später enstandenen „Funny Games“ vorweg , allerdings ohne seinem Publikum tatsächlich so hart ins Gemächt zu treten wie Michael Hanecke. Zusätzlich zeigt Sardu uns natürlich auch, wie man mit Kritikern umgeht – man entführt sie einfach und lässt sie Teil der Show werden. Bei „Bloodsucking Freaks“ steht halt zuerst einmal der Spaß im Vordergrund und – so pervers das auch eigentlich ist – den hat man dabei, zumindest wenn man auf rabenschwarzen Humor steht und das Geschehen auf der Leinwand (bzw. dem Fernsehschirm) nicht ganz so ernst nimmt. Seamus O'Brien bietet eine herrliche Performance, die teilweise in Nicholas Cage-artiges Overacting abdriftet und der kleinwüchsige Luis De Jesus eine Parodie auf all die Igors und Fritzes der Filmgeschichte. Die Spezialeffekte in dem Spektakel bewegen sich dabei in einer Qualitätsstufe, die in etwa an Herrschel Gordon Lewis klassische Gore-Filme erinnert und rein technisch haben wir es halt mit einem Meisterwerk zu tun, dass hauptsächlich – und tatsächlich - in einem Keller gedreht wurde. Dafür gibt es aber massig nackte Mädchen in allen vorstellbaren Variationen und äußerst kreative Einfälle diese zu quälen oder gar zu zerstückeln. Seit sich TROMA des Filmes Anfang der 2000er angenommen hat ist er auch nicht mehr sonderlich selten und sogar als Mediabook (wie auch sonst) hierzulande in der ungeschnittenen Fassung erhältlich. Es empfiehlt sich aber zur US-Special-Edition zu greifen, die etliche tromaesque Extras (unter anderem einen Audiokommentar aus dem Jahr 1999 von einem gewissen Eli Roth, der damals bei TROMA Praktikant war) und eine 10 Sekunden längere Directors Cut-Version enthält, in der Sardus sexuelle Vorlieben etwas näher verdeutlicht werden. Wie bei uns schon fast üblich jetzt noch der Nachsatz, dass es sich nicht um einen Film für jedermann handelt, diesmal allerdings kann ich ihn wärmstens als Partyfilm empfehlen.
Dia
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