Slugs, muerte viscosa / Mutations (USA/Spanien 1988)
Regie: Juan Piquer Simón Vorlage: Shaun Hutson Musik: Tim Souster and the royal philharmonic orchestra Special-FX: Roy Knyrim, Carlo De Marchis Darsteller: Michael Garfield, Philip MacHale, Emilio Linder, Kim Terry
Bedingt durch die heimliche Verkappung von Gift-, Industrie- und sonstigem Müll mutieren in einer amerikanischen Stadt harmlose Nacktschnecken zu fleischfressenden Killern, die zusätzlich auch noch eine fiese Krankheit übertragen. Einzig und alleine Mike Brady, der mutige Mann vom Gesundheitsamt stellt sich der schleimigen Flut entgegen und kann sie mit Hilfe einiger Freunde in einem explosiven Finale vernichten. Mehr ist in dieser Buchverfilmung des ersten großen Erfolges des englischen Horrorautoren Shaun Hutson tatsächlich storymässig nicht zu finden. Allerdings war auch das Buch auch nicht viel mehr als ein ekliges und äußerst brutales Lesevergnügen – spaßig und vielleicht eines der unterhaltsamsten Bücher der „Nature gone wild“-Welle der englischen Horrorliteratur (vgl. auch James Herberts Rattentrilogie), aber bestimmt nichts, was in literarischen Zirkeln länger diskutiert wurde. Dementsprechend kann man die Verfilmung, selbst wenn sie sich einige künstlerische Freiheiten nimmt und zum Beispiel das eher an "ALIENS" orientierte Finale durch ein an „C.H.U.D.“ angelehntes ersetzt, als wirklich gelungen bezeichnen, denn zumindest was den Ekel- und Splatteranteil betrifft, steht sie der Vorlage in Nichts nach. Das allerdings sollte auch keine große Überraschung sein, zeichnet als Regisseur doch Juan Piquer Simón (in seinen „amerikanischen“ Werken immer als J.P.Simon bezeichnet) verantwortlich, dessen „Pieces“ aus dem Jahr 1982, sicherlich nicht wegen der großartigen Geschichte oder der überragenden schauspielerischen Leistungen zum Kultfilm geworden ist. Dieser, im Jahr 2011 im Alter von 75 Jahren verstorbene, spanische Meister war unter anderem auch für die Kultfilme „Supersonic-Man“ (1979), „The Rift“ (1990) oder den köstlichen „Misterio en la isla de los monstruos“ (Reise zur Insel des Grauens, 1981) mit Peter Cushing und Terence Stamp verantwortlich, die bei aller offensichtlichen Anlehnung an bekanntere Genrewerke immer auch eine ganz eigene Handschrift trugen. Zumeist mit einem lächerlichen Budget gedreht und mit internationalen Gaststars gesprenkelt sind seine Filme niemals mit dem Blick auf Auszeichnungen oder Liebesbezeugungen von Kritikern gedreht, sondern legen in erster Linie darauf wert, ihr Publikum uneingeschränkt zu unterhalten. Statt visuellem Overkill gibt es gute Handarbeit, statt oscarverdächtiger Leistungen solide Arbeit von Schauspielern, die keinen Regisseur benötigen (Cushing, Stamp, John Philip Law) und teilweise unfreiwillig komisches von solchen, denen die Führung offensichtlich fehlt. Was Simón allerdings besser beherrschte als all seine im Genre tätigen Kollegen der iberischen Halbinsel, war die Inszenierung von Special-FX. Egal ob nun Dinosaurier, Superhelden, Kettensägen schwingende Psychopathen, tentakelbewehrte Unterwassermonster oder schleimige Weichtiere das Verkaufsargument seiner Filme waren - JPS lieferte immer überdurchschnittliche Ware ab und gab dem Zuschauer das, wofür er bezahlt hatte. So erweist sich dann auch „Slugs“ speziell in Szenen, in denen die schleimigen Killer ihre Arbeit machen als bewundernswert effektiv und extrem blutig, so daß es tatsächlich ein wenig verwundert, dass der Film damals mit einem r-Rating in den US-Kinos zu bewundern war. Besonders auffällig ist hier dann auch, dass Simón nicht wie seine südländischen Kollegen Fulci und Co. so lange auf die Splatterszenen draufhält, bis auch der letzte Videozombie erkennt, wo jeder Makeuuprand und jeder Blutschlauch zu finden ist, sondern seine visuelle Waffe zieht, kurz ein paar Mal abdrückt und dann wieder im Halfter verschwinden lässt. So ergibt sich ein Schock-Value, dass es durchaus mit der Kombination Savini/Romero aufnehmen kann. Auch die Qualität der FX kann überzeugen. Seien es nun Massen an künstlichen Schnecken die, zusammen mit ein paar lebenden Artgenossen, geschickt eingesetzt und gefilmt werden, die Showstopper, wie zum Beispiel die besonders eklige Sequenz in der ein junges nacktes Liebespaar sozusagen in Stücke geschleimt wird oder die ziemlich perfekten Modellaufnahmen diverser Häuser, die im Laufe des Filmes in die Luft gesprengt werden. „Slugs“ bietet in dieser Beziehung – bis auf „den Daumen“ (jeder, der den Film kennt, weiß wovon ich schreibe) – etwas, dass durchaus mit den Großen der Branche zu der Zeit mithalten konnte. Die Auswahl der Drehorte kann man ebenfalls als äußerst geschickt bezeichnen, denn – obwohl natürlich fast alle Innenaufnahmen in spanischen Studios entstanden – wählte man für die Aussendrehs die Kleinstadt Lyons im Staat New York aus, deren Kleinstadtmief und typische 50er Jahre-Architektur hervorragend zur Geschichte passt, die ja offensichtlich im klassischen Monsterhorror angesiedelt ist. Wie perfekt Lyons als Kulisse geeignet ist merkt man unter anderem auch daran, dass zur gleichen Zeit, in der Simòns Team hier zu Gange war am gleichen Ort auch noch die Produktion zu Frank LaLoggias, ebenso fast vergessenen, klassisch angehauchten Geisterfilm „Lady in White“ (Die phantastische Reise ins Jenseits (sic!), 1988) stattfanden und zwar teilweise sogar an den gleichen Stellen. Aber bei all dem Lob sollte man natürlich auch die Schwächen des Filmes nicht übersehen. So merkt man auch hier deutlich Simòns Probleme in Sachen Schauspielerführung und das Drehbuch befindet sich in Sachen Logiklöchern nahe an einem Siebzustand. Ebenso verschießt der Film eine Menge seines Pulvers weit vor dem Finale, dass allerdings zugegeben auch erheblich größer und aufwendiger geplant war, aber aufgrund budgetmäßiger Probleme heruntergestrichen wurde. Auch das ungefähr 50 Minuten Filmgenuß plötzlich ertsmals erwähnt wird, dass der Film zu Halloween spielt und daraufhin eine "wilde" Party von jungen unkostümierten Leuten folgt, bei der genau ein geschnitzter Küris im Hintergrund zu sehen ist, wirkt ein wenig seltsam. Trotzdem ist der Film sowohl für Splatter- als auch für B-Movie-Fans eine prima „Wieder“-entdeckung.
Zum ARROW-Release: Wie üblich packt ARROW seine BluRays nicht nur in tolle Covermotive (diesmal von Wes Bensoter), sondern auch noch bis zum Rand voll mit Extras. So finden sich hier neben den diversen Trailern und einem blutig bebilderten Booklet auch noch einige Video-Interviews mit noch lebenden Mitgliedern von Staff und Cast, die durchweg gute und positive Erinnerungen an die Dreharbeiten und die damalige Rezeption des Filmes haben. Der erste Audiokommentar mit Autor Shaun Hutson, der bisher nie ein gutes Wort am Film gelassen hat, entpuppt sich als ein verblüffend lustiges Interview mit dem Filmjournalisten Michael Felcher, das zwar teilweise weit vom Film abschweift und eher seine komplette Karriere beleuchtet, aber auch deutlich macht, dass er mit der Produktion mittlerweile seinen Frieden geschlossen hat. Der zweite Kommentar stammt von Chris Alexander, dem Herausgeber des Gorezone-Reboots, und weist als Fan-Kommentar oftmals – allerdings in liebenswerter Weise - auf die Schwächen des Filmes hin. Der Film selbst wurde auf der Grundlage eines neuen 2K Transfers restauriert und bietet somit zwar über die meiste Zeit ein gestochen scharfes und klares Bild, weist aber gerade in Bezug auf Hauttöne gewaltige Schwächen auf, was bei einem ARROW Release eigentlich so nicht zu erwarten gewesen ist. Das stört den Filmgenuss allerdings nur marginal, denn so klar und deutlich wie in dieser Fassung konnte man den Film bisher tatsächlich nur auf der großen Leinwand bewundern und diese Chance hatten wir hier in Deutschland zumindest ja nie. Auch die hier erhältlichen DVD-Fassungen entpuppen sich im Vergleich eher als „kämpfende Afroamerikaner im Tunnel“-qualität, so dass jeder Interessierte hier schnell zuschlagen sollte, denn bekanntlich sind ARROWs Veröffentlichungen nicht sehr lange auf dem Markt zu finden. dia
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