Hide & Seek (2005)
Nachdem seine Frau Selbstmord begangen hat, zieht der Psychologe David Callaway (Robert de Niro) mit seiner kleinen Tochter Emily aufs Land um so Abstand zu gewinnen. Fortan geschehen im einsamen Landhaus seltsame Dinge. David wacht jede Nacht zum Todezeitpunkt seiner Frau auf, die Badewanne ist voller blutigem Wasser und auf dem Duschvorhang prangen böse Parolen. Emily zieht sich immer weiter in ihr Schneckenhaus zurück und hat auch den üblichen imaginären Freund, der diesmal Charlie heisst und jeden bedroht der sich dem Kind oder dem Vater nähert. Zusätzlich gibt es noch verdächtige und seltsame Nachbarn, einen meilenweit vorhersehbaren "Shyamalanschen Plottwist" (Sixth Sense, Unbreakable usw.) und ein absurdes Twilight-zoniges Ende. Eigentlich ist "Hide&Seek" nur ein kleiner Standardthriller üblicher Machart - wäre da nicht Robert de Niro. Oscarverdächtig ist dieses Werk von John Polson sicherlich nicht - trotz der großartigen Leistung der kleinen Dakota Fannings, die zuvor bereits in "Men on Fire" positiv auffallen konnte und mittlerweile sogar den Sprung vom Kinderstar zur anerkannten Actrice gschafft hat. Andererseits hat der Film aber auch wieder einen dieser typischen "de Niro"-Momente die mich immer wieder überraschen. Was ist nun solch ein Moment? Robert De Niro ist mit Sicherheit immer noch einer der besten Schauspieler auf diesem Planeten, auch wenn er in den letzten Jahren ziemlich viele "Hauptsache die Kohle stimmt"-Rollen angenommen hat. Man erinnert sich gerne an herausragende Leistungen wie die Rolle des Travis Bickle in "Taxi Driver", seine geniale Darstellung in "Wie ein wilder Stier" oder den blutrünstigen und jähzornigen Al Capone in "Untouchables", der auch schonmal bei einer Besprechung einem Gangsterkollegen den Kopf mit einem Baseballschläger zermatscht. Letzteres ist definitiv ein "de Niro-Moment", ebenso wie der eierschälende Teufel in "Angel Heart" oder sein übers Feuer redender Sicherheitbeauftragter in "Backdraft". Kleine Szenen, die der Rolle das gewisse Etwas geben und die als einzelnes Highlight weit über die Qualität des eigentlichen Filmes herausgehen. In "Hide & Seek" geht das wie folgt vonstatten. David hat gerade im Badezimmer wieder eine unschöne Überraschung von "Charlie" gefunden und stellt Emily im Kinderzimmer zur Rede. "Charlie did it," (Es war Charlie) reagiert die Kleine sofort und erhebt sich vom Bett. "You must believe me - why do you look at me like that" (Du musst mir glauben - warum guckst du mich so an?) fährt sie fort und kommt auf ihn zu. David verlässt das Zimmer und schliesst die Tür - und jetzt kommt er, der große Augenblick. Einige wenige Sekunden nur verweilt die Kamera alleine auf dem Gesicht de Niros und dort sieht man - ohne das er auch nur einen Muskel dafür rührt - eine ganze Palette Emotionen. Eine unglaubliche Mischung aus Wut, Trauer, Enttäuschung - aber auch die Liebe zu seinem Kind und die Angst ihm nicht weiter helfen zu können. Ein echter "de Niro"-Moment halt, wie ihn kein anderer Schauspieler jemals bringen könnte. Leider hebt das den Film auch nicht über ein erträgliches Mittelmass. Für Genre-Fetischisten ist das Ganze zu vorhersehbar und deshalb nur leidlich spannend, für Thrilleranfänger passiert einfach zu wenig um den Kauf der Kinokarte zu rechtfertigen. Sicherlich verstehen alle Beteiligten hinter und vor der Kamera ihr Handwerk, aber auch ein handwerklich perfekt hergestelltes Messer bleibt stumpf, wenn es nicht nach dem Feuer vernünftig geschliffen wird.
|
Reviews A-Z |
EVIL ED Podcast |
- Hauptkategorie: Film