The BFG – Big friendly Giant (2016) BFG - Sophie und der Riese
Regie: Steven Spielberg Buchvorlage: Roald Dahl Drehbuch: Melissa Mathison Darsteller: Mark Rylance , Ruby Barnhill, Bill Hader
Von Zeit zu Zeit gibt es Filmprojekte, die müssen eigentlich – alleine durch das dahinter stehende Team - Hits werden. „The BFG“ war eines dieser Projekte, bei denen ich mir sicher war, dass es ein Film ganz genau für mich sein würde und das bereits nach den ersten Ankündigungen. Beginnen wir doch direkt mal bei der Buchvorlage. Roald Dahl war für mich immer der englischste unter meinen englischen Lieblingsautoren. Seine unbändige Phantasie, Fabulierkunst und sein Hang zum sehr trockenen Humor sorgten dafür, dass ich Mitte der 80er Jahre eigentlich alles von ihm nachholte, was zu bekommen war. Dabei war es mir egal, ob es sich um seine Kinderbuchklassiker wie „Jack und der Riesenpfirsisch“, „Hexen hexen“ oder „Charlie und die Schokoladenfabrik“ oder um seine – eher für ein erwachsenes Publikum gedachten - kleinen schwarzen Kurzgeschichten (z.B. "Küsschen Küsschen") handelte. „The BFG“ erzählt die Geschichte des Waisenkindes Sophie, die eines nachts vor dem Waisenhaus zufällig den titelgebenden großen freundlichen Riesen bei seiner Arbeit, der Traumverteilung, beobachtet. Durch diese Entdeckung aufgeschreckt enführt der Riese das Mädchen ins Riesenland, in dem aber nicht nur er sondern auch noch eine Horde böser menschenfressender – und großer – Riesen haust. Sophie und BFG freunden sich an und schmieden einen Plan, wie man der bösen Riesen Herr werden kann. Dahls Figuren sind lebendig, Sophie zu Beginn des Buches nicht gerade liebenswert, sondern eher vorlaut und nervig, der Riese hingegen entpuppt sich – nachdem er zu Beginn eher ein netter Trottel ist – tatsächlich als das Herz des Buches. Der Humor kommt bei all dem auch nicht zu kurz, von kindgerechten Albernheiten bis zum etwas gewagteren Furzhumor findet sich hier alles, was das Jungleserherz begehrt. Solltet ihr also für Eure Kinder und Enkel noch was zu Weihnachten suchen – es gibt wunderschöne illustrierte Ausgaben, die sogar sehr gut übersetzt sind. Für die Umsetzung dieses Stoffes in ein filmgerechtes Drehbuch wurde Melissa Mathison verpflichtet, die mit ihrem Buch zu „E.T.“ 1982 bereits beweisen hatte, den Zeitgeist gut treffen zu können und auch den erforderten Spagat aus Dramatik, Phantastik und Komödie sicher beherrschte. „The BFG“ sollte ihr letztes Werk werden, da sie leider am 4. November 2015 ihrem langjährigen Krebsleiden erlegen ist. Wo wir gerade bei Querverbindungen zu „E.T.“ sind – für die Musik des freundlichen Riesen ist – natürlich – wieder John Williams verantwortlich, der hier einen zwar wunderschönen, aber nicht gerade eingängigen Score kreiert hat. Das Thema des Riesen ist zwar wunderschön, bekommt aber leider zu wenig Raum. Man merkt deutlich, das der Maestro seinen Kopf eher bei einer anderen Produktion hatte. Letztlich bleibt dann in dieser Aufzählung eigentlich nur noch der Regisseur des Ganzen, der erstaunlicher Weise Steven Spielberg heißt. Offensichtlich also, dass hier gar nichts schief gehen konnte? Denkste... Sicherlich ist Spielbergs Regie auf den Punkt und bietet das, was man von Hollywoods Wunderkind in den frühen achtzigern erwartet hat. Nach wenigen Sekunden bereits ist man in der Welt des Filmes gefangen, nach einigen Minuten hat man sich in Sophie und den Riesen verguckt. Im Gegensatz zu „E.T.“ wird hier zu Beginn keinerlei gruselige Atmosphäre aufgebaut und die Charakterisierung von Sophie beschränkt sich auch auf „ist ein Waisenkind – Punkt“. Aber mehr braucht es eigentlich auch nicht, wenn man direkt in eine solch glaubwürdige Welt geworfen wird. Die Regeln dieses Universums werden dem Zuschauer leichtfüssig und ganz nebenher beigebracht – zumeist, wie beim frühen Spielberg üblich, durch Bilder und nicht durch überflüssige erklärende Dialoge. Der gute und die bösen Riesen sind ebenfalls perfekt umgesetzt, hier kommt wieder die Liebe des jungen Spielberg zu Disney zu tage, sind sie doch – analog „Snowwhite and the seven Dwarfs“ - alle recht unterschiedlich vom Aussehen, Charakter und ihrer Bewegung her entworfen. Auch an den Schauspielern gibt es kaum etwas auszusetzen. Mark Rylance , der im letzten Jahr für seine Arbeit „Bridge of Spies“ (inszeniert vom „alten Spielberg“) den Oscar für die beste Nebenrolle erhalten hat, haucht dem BFG Leben ein und zeigt einmal mehr, dass es auch noch andere CGI-Performer neben Andy Serkis gibt. Mit dem Casting der kleinen (und noch relativ unbekannten) Ruby Barnhill beweist Spielberg (der junge) wieder einmal mehr sein Talent dafür großartige Kinderschauspieler zu entdecken. Sollte Ruby jetzt nicht den Weg eines Corey Haim oder River Phoenix gehen, könnte aus ihr eine ganz Große werden. Ebenfalls überraschend gut funktioniert der Schritt des uramerikanischen Regisseurs in den Bereich des „englischen Jugendfilms“. Sophie spricht ein leicht affektiert klingendes Oxford-Englisch und der Riese eine witzige Mischung aus sehr schottisch gefärbtem Englisch mit einer Menge an von ihm selbst entwickelten Kunstworten. Letzteres macht es zwar zu Beginn etwas schwierig ihn zu verstehen, ist aber ein wichtiger – und auch im Buch so verankerter – Charakterzug, der sehr wichtig für die Geschichte ist und als Grundlage für einige der besten Gags dient. Zum Thema Spezialeffekte braucht man auch bei einer Spielberg-Produktion seit den Achtziger Jahren nicht mehr viel zu sagen, was dem Zuschauer geboten wird ist der Stand der Technik und der ist mittlerweile – speziell was computergenerierte Figuren angeht – sehr hoch. Verdammt nochmal, selbst die Furzwitze haben mich dieses Mal nicht gestört, im Gegenteil, die Art und Weise wie sie präsentiert wurden war nahezu genial – warum dann macht der Film nicht so richtig „Klick“ bei mir? Zyniker würden jetzt vielleicht behaupten, dass ich einfach zu alt für einen solchen – doch eher an Kinder gerichteten Film – bin, aber das kann ich leicht wiederlegen, da ich in diesem Jahr einer der Wenigen war, die selbst das „Elliot“-Remake gemocht haben. Im Gegensatz zu dieser Produktion wirkt Spielbergs Film jedoch bedeutend „erwachsener“ und bietet Szenen, die wirklich originell sind und lange im Zushcuer nachwirken. Alleine die Sequenz in der Sophie und BFG zusammen unter der Oberfläche eines Teiches nach Träumen jagen, zählt für mich zu den schönsten und beeindruckensten Kinomomenten des Jahres. Vielleicht ist es aber auch nur der gesamte Retro-Touch des Filmes, der mich nicht überzeugen kann. Er wirkt halt wie ein vergessener Spielberg aus den frühen Achtzigern, der lange Jahre in den Archiven gelegen hat und nun wieder entdeckt wurde. Das ist natürlich kein Wunder, wenn man bedenkt, dass die Buchvorlage aus dem Jahr 1982 stammt und (siehe oben) die komplette Crew hinter der Kamera mehr oder weniger die Spielberg-Familie ist, die auch für „E.T.“ verantwortlich war. Im Gegensatz zu diesem Klassiker aber, gibt es in „BFG“ keinerlei Tiefe und Wärme. Die überwiegend computergenerierten Bilder bleiben – bei aller Perfektion – kalt und steril, richtige Spannung gibt es so gut wie nie und am Ende hat man nicht das Gefühl man würde den Film gleich gerne nochmal gucken. Ebenso wie „Tin Tin“ aus dem Jahr 2011 ist der Film ein Herzensprojekt von Spielberg und hier wie dort geht der echte Spielberg Touch im Sog der Spezialeffekte verloren. Trotzdem, für Familien mit Kindern gibt es mit Sicherheit schlechtere Möglichkeiten 2 Stunden vor dem Fernseher zu verbringen, denn trotzdem das Gesamtpaket vielleicht nicht die Qualität eines „E.T.“ oder „Close Encounters“ oder „Raiders of the lost Ark“ hat, so ist es doch eine schicke Unterhaltungsmaschine, die ohne stocken vor dem Zuschauer abgespult wird. Leider aber nicht mehr. Nicht ich bin zu alt für diesen „Scheiß“, Herr Spielberg ist es. dia
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